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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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Alles, was Spaß macht und aufregend ist, wie eine Einladung zu einer Party oder der Plan für ein geheimes Projekt, kommt übers Internet.
    Dring-Dring .
    Okay, vielleicht ist es ja auch ein neugieriger Nachbar, der wissen will, was das ganze Theater zu bedeuten hat – die vie len Blitzlichter. Vielleicht ist es North Face drüben bei Booty’s, die nur mal nachfragen will, ob alles okay ist. Das ist süß. Ich nehme den Hörer ab und verkünde erwartungsvoll: »Buchhandlung Penumbra – durchgehend geöffnet.«
    »Du musst ihn aufhalten«, sagt eine Stimme, ohne sich vorzustellen, ohne Vorrede.
    »Ähm, ich glaube, Sie haben sich verwählt.« Es ist nicht North Face.
    »Ich habe mich ganz gewiss nicht verwählt. Ich kenne dich. Du bist der Junge – der Verkäufer.«
    Jetzt erkenne ich die Stimme. Die subtile Demonstration von Macht. Die deutlich artikulierten Silben. Es ist Corvina.
    »Wie heißt du?«, fragt die Stimme.
    »Ich bin Clay.« Aber dann: »Wahrscheinlich wollen Sie Penumbra persönlich sprechen. Wenn Sie am Morgen zurückrufen …«
    »Nein«, sagt Corvina bestimmt. »Es war nicht Penumbra, der unseren kostbarsten Schatz gestohlen hat.« Er weiß Bescheid. Natürlich weiß er Bescheid. Aber woher? Vermutlich von einer seiner Krähen. Es muss sich hier in San Francisco herumgesprochen haben.
    »Naja, stehlen im engeren Sinn würde ich es nicht nennen«, sage ich und schaue betreten auf meine Füße, als befände er sich hier bei mir im Zimmer, »weil, ich meine, es ist wahrscheinlich Gemeingut …« Ich verstumme. Damit komme ich nicht weiter.
    »Clay«, sagt Corvina, sanft und bedrohlich, »du musst ihn aufhalten.«
    »Es tut mir leid, aber ich glaube einfach nicht an Ihre … Religion«, sage ich. Ihm das ins Gesicht zu sagen hätte ich mich wahrscheinlich nicht getraut. Ich presse die schwarze Wölbung des Telefonhörers an meine Wange. »Also glaube ich auch nicht, dass es etwas ausmacht, wenn wir ein altes Buch scannen. Oder es sein lassen. Ich glaube nicht, dass es, also, irgendwie auch nur die geringste kosmische Bedeu tung hat. Ich helfe einfach nur meinem Boss – meinem Freund.«
    »Du machst leider genau das Gegenteil«, sagt Corvina leise.
    Dazu fällt mir nichts ein.
    »Ich weiß, dass du nicht an das glaubst, woran wir glauben«, sagt er. »Natürlich nicht. Aber erkennen zu können, dass Ajax Penumbra sich auf sehr dünnem Eis bewegt, hat nichts mit Glauben zu tun.« Er macht eine Pause und lässt den Satz seine Wirkung entfalten. »Ich kenne ihn länger als du, Clay – viel länger. Darum erlaube mir, dass ich dir von ihm erzähle. Er war schon immer ein Träumer, ein großer Optimist. Ich verstehe, warum du dich zu ihm hingezogen fühlst. Wie ihr alle in Kalifornien – ich habe auch einmal dort gelebt. Ich weiß, wie es ist.«
    Genau. Der junge Mann vor der Golden Gate Bridge. Er lächelt mich aus einer anderen Ecke des Raumes an, reckt mir fröhlich den Daumen entgegen.
    »Wahrscheinlich siehst du in mir nur den kalten New Yorker Manager und hältst mich für zu streng. Aber Clay – manchmal ist Disziplin die ehrlichste Form von Freundschaft.«
    Er benutzt ziemlich oft meinen Vornamen. Das ist die Masche von Vertretern.
    »Mein Freund Ajax Penumbra hat in seinem Leben vieles ausprobiert – er hatte viele Pläne, und alle waren sie ungeheuer augeklügelt und durchdacht. Immer stand er an der Schwelle zum Durchbruch – zumindest bildete er sich das ein. Ich kenne ihn seit fünfzig Jahren, Clay – fünfzig Jahren! Und nun rate einmal, wie viele von seinen Plänen in dieser Zeit erfolgreich waren?«
    Es gefällt mir nicht, wie dieses Gespräch –
    »Keiner. Null. Er hat den Laden geführt, in dem du jetzt stehst – mit Ach und Krach –, und ansonsten absolut nichts Nennenswertes geleistet. Und dieser, sein letzter und größter Plan, wird ebenso wenig fruchten. Du hast es ja gerade selbst gesagt. Das ist die reine Torheit, und es ist zum Scheitern verurteilt, und was dann? Ich mache mir Sorgen um ihn, Clay, wahrhaftig – als sein ältester Freund.«
    Mir ist vollkommen klar, dass er gerade einen psychologischen Jedi-Trick bei mir anwendet. Aber es ist ein sauguter Jedi-Trick.
    »Okay«, sage ich. »Ich hab verstanden. Ich weiß, dass Penumbra ein bisschen komisch ist. Natürlich. Was soll ich tun?«
    »Du musst tun, was ich nicht tun kann. Ich würde die Kopie, die du gestohlen hast, löschen. Und jede weitere Kopie davon. Aber ich bin zu weit entfernt, darum

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