Die Sonne war der ganze Himmel
Lichtern, die hinter den Lidern meiner geschlossenen Augen flackerten.
Der Colonel streckte einen Arm in Richtung unseres Lieutenants aus. »Sie gehören Ihnen, Lieutenant.«
»Danke, Sir.« Er räusperte sich dreimal. »Na gut, Jungs, während der Nacht gehen wir runter auf Sicherheitsstufe zwei. Kurz vor Sonnenaufgang, wenn das Dunkel noch Deckung bietet, verlassen wir die Stellung und überqueren das offene Gelände.« Ein paar Leute drehten sich nach der Einöde um, die zwischen Stellung und Stadt lag. Es war zu dunkel, um etwas sehen zu können, aber der Anblick dieses Geländes war der Nacht gleichsam eingraviert. Der Gestank der Toten hatte sich von allen anderen Gerüchen gelöst, die aus Al Tafar herüberdrangen. Kokelnder Müll und Abwässer, der Fluss und der herbe Duft von gepökeltem Lammfleisch – alles überlagert vom Verwesungsgestank. Ich hoffte, nicht in glitschige, menschliche Überreste zu treten, während wir in den Kampf zogen, ein Gedanke, bei dem mir ein Schauder über den Rücken lief. »Sobald wir das offene Gelände hinter uns gelassen haben, folgen wir der Straße, die im Bogen um die Stadt führt, und nutzen die Gebäude am Stadtrand als Deckung. Beim Erreichen der Obstwiese verteilen wir uns in diesem Graben.« Er deutete auf eine von einem grünlichen Leuchtstab erhellte Karte, auf der eine schmale Rinne im Erdboden verzeichnet war, hinter der sich Gebäude ballten, keine vierzig Meter von den ersten Obstbäumen entfernt. »Noch Fragen?«
»Was dann?«, fragte jemand.
Der Lieutenant sah zögernd zum Colonel, biss sich auf die Unterlippe und sagte: »Dort sind sie. Wir gehen rein.«
Schweigen. Jeder schien die Entfernung abzuschätzen, die am nächsten Morgen zurückzulegen war. Die Straßenbiegungen zwischen den Gebäuden, hier eine niedrige Mauer, dort ein umgekippter Müllcontainer, den wir als Deckung nutzen konnten. Die Bäume waren so niedrig, dass wir gebückt in die Obstwiese eindringen mussten, zwischen belaubten Zweigen, schwer von Zitrusfrüchten und Oliven, alle in schnurgeraden Reihen gepflanzt, so dass man das Gefühl hatte, ungehindert von einem Ende der Welt zum anderen blicken zu können. Dafür war die Obstwiese jedoch zu groß, was wir, da wir sie noch nicht betreten hatten, nicht wussten. Sie nahm Dutzende Hektar zwischen zwei spärlich mit Gras bewachsenen, zur Stadt hin abfallenden Ausläufern ein. Das dazwischenliegende Tal war stellenweise eben, dann wieder wellig, und überall ragten alte Obstbäume sowie zwei oder drei Mal gepfropfte Reiser auf.
Die Stimme des Colonels riss uns aus unseren Gedanken. »Wir werden dieses Rattenloch noch vor Beginn der Dämmerung zwei Stunden lang mit Mörserfeuer unter Beschuss nehmen. Die Bäume werden geschreddert sein, wenn ihr sie erreicht. Wir zählen auf euch, Jungs. Das Volk der Vereinigten Staaten zählt auf euch. Gut möglich, dass ihr in eurem Leben nie wieder etwas so Bedeutsames tun werdet.«
Er nickte in Richtung der Sergeants und Journalisten, die er mitgebracht hatte, und sie lösten sich von der Wand und trotteten zum Gebäude. Sein Fahrzeug wurde angelassen. Ich hörte noch, dass er den Journalisten fragte, wie die Aufnahmen geworden seien, dann war er verschwunden.
»Mist«, sagte Murph.
»Was?«
»Glaubst du wirklich, dass wir niemals etwas Bedeutsameres tun werden, Bartle?«
Ich atmete kräftig aus. »Ich hoffe mal, dass es nicht so ist.«
Der Lieutenant setzte sich auf seinen Stuhl. Das Funkgerät begann wieder zu brummen und zu knistern. Der Wind schien aufzufrischen, und wir betrachteten die Feuer auf den Hügeln. Der Lieutenant wirkte müde und verängstigt und rieb seinen Ausschlag mit zwei Fingerspitzen. Ich vergesse oft, dass er kaum älter war als wir, vielleicht dreiundzwanzig oder vierundzwanzig. Ich machte mir nie die Mühe, ihn zu fragen. Er wirkte jedoch älter, wie Sterling, und so verhielt er sich auch, aber vielleicht gestanden wir ihm nur deshalb ein paar Jahre mehr zu, weil er Erlebnisse gehabt hatte, die uns fehlten – Collegeparty-Saufereien mit Mädchen, die so wild waren, dass sie nach der Anmache durch Freunde sofort in ein Hinterzimmer rannten, oder eine Fahrt in einem nagelneuen Auto.
»Wie oft sind wir jetzt durch diese Obstwiese und in diese Stadt, Sir?«, fragte ein Private First Class aus dem dritten Trupp.
»Meinen Sie die Army?«
»Ja, Sir.«
»Es wäre das dritte Mal.«
»Und immer im Herbst?«
»Ja, wir scheinen jedes Jahr um diese Stadt zu kämpfen.«
Ich
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