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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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lange am Strand gewandert. Die Sonne hatte schräge Strahlen geworfen und lange Schatten vor ihnen laufen lassen. Sie füllte die Mulden im Sand mit einem stumpfen nichtigen Dunkel, sie vergoß dort, wo der Sand aufgeworfen lag, ihre blendende Pracht. Strandläufer, braungefleckte rasche Federkugeln, rannten in albernem Trickfilmtempo über den Sand, dort, wo der Wellensaum anbrandete, und balgten sich um ein Stück Fisch.
    Mila hatte dem flimmernden Reiz, der narkotischen Schönheit des Tages nicht trauen wollen. Die Nähe, die sich zu Odilo einstellte, einfach dadurch, daß sie Zeit miteinander verbrachten, konnte jederzeit wieder schwinden.
    Mila hielt sich an einem Schild fest, das den Hundestrand auswies, schüttete sich zum hundertsten Mal den Sand aus dem Schuh.
    Der Sand war an diesem Strandabschnitt grob, ein schwärzlicher Kies, der drückte. Normalen Badesand hätte sie ertragen, es sogar genossen, daß sich die Schuhe damit anfüllten, sie mit dem Untergrund verbanden, als ginge sie barfuß, sie wünschte sich pudrigen Vogelsand in ihre Schuhe. Schwarzen Kies litt sie nicht, sie hatte immer wieder ihren Gang unterbrechen müssen, an Gegenständen, Balken, Wellenbrechern Halt gesucht, glitschig-poröse Felsen berührt. Odilo lief, wie schamhaft, ein paar Schritte voraus, als wolle er ihr die Peinlichkeit ersparen, bei einer intimen Verrichtung ihr Zeuge zu sein.
    Meine Schwester in dieser altmodischen Aufmachung. Mit cremefarbenen Spangenschuhen, einem beigegrauen Mantel, wollweißem Schultertuch. Meine Schwester in Eierschale, Chamois, Salböl, ganz Beschwichtigung, ganz Trost und Watte, meine Schwester ganz Leichtigkeit und Sommerfrische, allerdings Sommerfrische in einem baltischen Badeort, fünfzig Jahre zurück.
    Sie knöpfte ihren Mantel zu, zog das Tuch straff.
    Das Wasser hatte sich entfernt, war zurückgekommen.
    Nachmittags zogen unerwartet Wolken auf, verdüsterten sich, Schauer fegten plötzlich über den Strand, und sie stellten sich an der Seebrücke unter, den Rücken gegen den Wind gewandt.Sie blickten den Strand entlang, den uferlosen, endlosen Sandstreifen, über den sich der Regen senkte, nicht sanft wie ein Vorhang, sondern mit einer aggressiven Schnelligkeit, die die Sicht immer mehr verwischte und alles, was weiter entfernt war, verschwinden ließ. Die Stimmung war umgeschlagen, der Herbst kam, und mit ihm die Auflösung der Oberflächen, denen sie sich bis hierher anvertraut hatten.
    Als der Regen nachließ, betraten sie die Brücke. Nasse Holzbohlen federten unter ihrem Gewicht, Möwen kreisten mit fordernden Rufen vor einem farblosen Himmel, ließen sich auf dem Geländer nieder, warteten auf eine Gabe, aber Mila hatte nichts. Sie suchte in ihrer Handtasche und fand zwei Pfefferminzbonbons. Odilo kaute seins hastig und achtlos, ihres war an der Außenseite weich geworden, sie wußte nicht, wie lange sie es schon in der Tasche mit sich herumgetragen hatte, es war alt, aber immer noch süß und scharf.
    Die Seebrücke hörte kurz vor dem Ende auf. Dort, wo sie sich zur Aussichtsplattform verbreiterte, wo seitlich mit Eisenstangen der Zugang zur Taucherglocke markiert war, mit der man im Sommer, wenn Kirmesstimmung herrschte und die schreienden Schriftzüge vor der Kapsel, die jetzt seltsam anmuteten, zu ihrem Recht kamen, ein paar Meter bis auf den Grund fahren konnte, dort, wo mit dem Brückenkopf ein Ziel erreicht worden wäre, der weiteste Weg hinaus, hatte man die Planken entfernt, und sie sahen nicht aufs Meer, sondern durch die Stahlträger und Betonteile hindurch auf bräunliches Wasser, in dem einzelne dicke Tropfen versanken.
    Odilo hob sofort den Kopf und versuchte, sich auf den verwaschenen Horizont zu konzentrieren, etwas zog ihn zu diesem Horizont, und er wäre gern noch die paar Schritte bis zum Ende der Brücke gegangen, um ihm so nah wie möglich zukommen, oder wenigstens, da das ein geographischer Fehlschluß war, einer Anziehungskraft so weit wie möglich zu folgen, und es kränkte ihn, daß eine unvollständige Brücke solche Ausschweifung verhinderte. Er wandte sich ab und wollte gehen.
    Mila hielt seine Hand fest und blickte weiter in den trüben Abgrund, auf den Furor der braunen Wogen, den die Touristen im Sommer mit der Taucherglocke durchstießen, um in die Tiefe zu fahren. Sie wünschte sich für einen Moment, noch einmal im Sommer wiederzukommen und es auch zu tun. Einfach hinunterzufahren, weit nach unten, irgendwo hinzukommen, wo man die Oberflächen

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