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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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klebrigen Boden.
    Seine Idee der Folgenlosigkeit. Er sorgte für Ordnung, aber er brauchte der Ordnung nur kurz den Rücken zu kehren, sofort war die Unordnung wieder da. Mit ungehöriger Opulenz quoll fauliges Obst aus der Küche, die Wohnung stank nach dem Schweiß Pubertierender, neue Vasen tauchten auf, diesmal im Bad. Er konnte nichts tun. Die Konflikte mußten als solche verweigert werden. Er beharrte strikt auf der Normalität, er weigerte sich, etwas anderes als die Normalität für möglich, ja für denkbar zu halten, das war der einzige Einfluß, den er geltend machen konnte, eine Idee also, eine Denkfigur.
    Als die Söhne im Bett lagen, drohte er der Frau wie immer damit, sie zu verlassen, und sie, wie immer, flehte ihn an, um der Kinder willen, um ihretwillen bei ihr zu bleiben. Sie sprach nicht mehr deutlich, sie hatte sich auf seinem Sofa breitgemacht, die Troddeln schaukelten in ihren Kniekehlen,im Pubertätszimmer knarrten die Sprungfedern, er stellte den Fernseher lauter, immer lauter, bis die Nachbarin von unten an die Decke klopfte.
    Oliver Weichhals schlief nebenan im Schlafzimmer den Schlaf des Gerechten, während seine Frau im Bad das Kind zur Welt brachte, genauso, wie sie nach den beiden ersten Geburten im Krankenhaus jedes weitere Kind alleine im Badezimmer zur Welt gebracht hatte, es abnabelte, erdrosselte, ertränkte, mit einem Kissen erstickte. Er bemerkte nichts vom Blut, das jede Geburt mit sich bringt, wollte nichts wissen vom Alkohol, den sie zu sich nahm, um zu funktionieren, ohne etwas zu fühlen, um das Blut wegzuwischen ohne Spuren, die Babyleichen in Plastiksäcke zu wickeln und in der Gefriertruhe zu bestatten, Schlagzeile: Mutter aus Eis.
    Am nächsten Morgen lag seine Frau verkatert im Bett. Er weckte mürrisch die Söhne, machte ihnen Frühstück, verließ gemeinsam mit ihnen das Haus.
    Theorie der Handlung
    Bei einer Handlung gilt das Ursache-Wirkungsprinzip. Jemand tut etwas, und das hat Folgen. Sichtbare Folgen, aus eindeutigem Grund. Handlung ist nichts Emotionales, Handlung ist immer etwas Materielles. Etwas muß zutage treten, ein Messer, ein Schimpfwort, ein Geldbetrag, andernfalls bleibt man im Bereich der Spekulation. Ängste, Emotionen, Wünsche, die eine Person einer anderen zuschiebt, Einfühlung und Manipulation, Verführung und Blendung gelten nicht als Tatbestand.
    Der Skandal besteht darin, daß die Grenzen der Person verletzlich sind. Daß sie nicht fest sind. Daß der Einfluß von Körper zu Körper weit über die sichtbaren Grenzen hinausgeht. Daß sich Emotionen übertragen können wie die Dämonen, die ausgetrieben wurden und in die Schweine fuhren. Schuld besteht darin, ihnen Raum zu geben, ihnen einen Angriffspunktzu bieten. Sie einfahren zu lassen. Umgekehrt wird ein Konflikt aus dem Bewußtsein ausgeklammert, damit dieses Bewußtsein seine Contenance nicht verliert. Der Konflikt wird eingekapselt, heimlich verschoben, und er landet beim nächsten, der auf seine Weise versuchen muß, ihn zu leugnen, ihn ungeschehen zu machen.
    Oftmals ist es am Ende das schwächste Glied, das handelt, um den unsichtbaren Vorgängen, die jahrelang abliefen, Sichtbarkeit zu verleihen. Eine Maßnahme, um nicht verrückt zu werden. Aber es ist zu spät, an diesem Punkt ist man schon verrückt.
    Für diese Menschen sind alle Handlungen nur ein Traum. Ihr Leben verläuft so, daß sie sich nicht gestatten können, es ernst zu nehmen. Es gibt keine Realität für sie. Die Dinge müssen folgenlos bleiben, sonst sind sie nicht auszuhalten. Mit jeder Tat setzen sie das Kausalgefüge, den Zusammenhang von Ursache und Wirkung außer Kraft. Weil sie überzeugt sind, daß es ihn nicht geben darf. Diese Menschen können nicht schuldig werden. Selbst die höchste Instanz, das Gesetz, erkennt an, daß sie nicht schuldfähig sind.
Doppelgängergeschenke
    Paul Pall saß auf dem Bett und umklammerte den Karton mit der Kaffeemaschine. XXYZ, hatte er seiner Freundin Anja eingeschärft, auf jeden Fall dieses Modell. Er musterte den Karton noch einmal scharf, studierte zum zigsten Mal den Aufdruck, XXYZ, es stimmte. Nun hing alles davon ab, daß Anja von seinen Vorgaben nicht abwich.
    Eine Kaffeemaschine zu Weihnachten. Was wünschst du dir, hatte Anja gefragt, und er verschluckte, was er sich wünschte: zwei Kaffeemaschinen. Sie kannten einander noch nicht lange, sie kannte ihn nicht gut, und so sagte er zögernd: eine Kaffeemaschine.
    Seither stand er wieder Ängste aus, wie er sie über

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