Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)
Instinkt geleitet, der sich über Millionen Jahre der Evolution bei ihren Vorfahren an genau dieser Stelle herausbildete.
Die Wiege der Menschheit war nicht der dichte Regenwald mit dem turmhohen Kronendach und dem schattendunklen Innenleben; und genauso wenig das relativ merkmalsarme Gras- und Wüstenland. Nein, die Menschheit stammt aus dem Savannenwald, der mit seinem komplexen Mosaik aus unterschiedlichen lokalen Lebensräumen gerade sie begünstigte.
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Eusozialität war die Beherrschung des Feuers. Vom Blitzschlag entfachte Bodenfeuer sind bis heute im afrikanischen Gras- und Waldland sehr verbreitet. Werden sie auf den feuchten Böden in flussnahen Waldstreifen und in leicht überflutbaren Senken unterdrückt, so wächst das Unterholz dichter und wird der reinste Zunder. Ein Blitzschlag oder ein übergreifendes Bodenfeuer kann dann einen Waldbrand entfachen, bei dem die Flammen sowohl durch die Bodenvegetation schlagen als auch aufwärts zu den Kronen des umstehenden Savannenwaldes. Einige Tiere, insbesondere die jungen, kranken und alten, geraten in die Falle und kommen um. Den umherziehenden Vormenschen kann die Bedeutung des Wildfeuers als Nahrungsquelle nicht entgangen sein. Außerdem fanden sie einige der niedergestreckten Tiere fertig gebraten vor, so dass sich ihr Fleisch leicht von den Knochen lösen und verzehren ließ.
3.6 San-Männer auf Beutezug im Grasland der südlichen Kalahari. Ganz ähnliche Szenen waren in derselben Gegend wahrscheinlich schon vor 60.000 Jahren üblich.
Australische Ureinwohner nutzen diese Gaben der Natur nicht nur bis heute, sondern setzen sogar vorsätzlich Feuer mit Fackeln aus Ästen. Haben Vormenschen das vielleicht auch getan? Wir wissen nicht, wie es genau vor sich ging; sicher ist aber, dass schon früh in der Geschichte des Homo die Beherrschung des Feuers ein Schlüsselereignis auf der verschlungenen Reise zur modernen Natur des Menschen wurde.
Den Insekten und anderen erdbewohnenden Wirbellosen dagegen war die Nutzung des Feuers für immer versagt. Sie waren physisch zu klein, um Brennholz zu entfachen oder einen brennenden Gegenstand zu transportieren, ohne selbst vom Feuer verzehrt zu werden. Auch Wassertieren war sie natürlich unmöglich, unabhängig davon, wie groß oder wie intelligent ein Lebewesen war. Intelligenz auf dem Niveau des Homo sapiens kann sich nur zu Land herausbilden, egal ob auf der Erde oder auf jedem sonst vorstellbaren Planeten. Selbst in der Fantasiewelt mussten sich Meerjungfrauen und der Gott Neptun zu Lande entwickeln, bevor sie in ihr Wasserreich eingingen.
Als nächster Schritt – und wie sich an anderen Tieren belegen lässt, war er entscheidend für die Entstehung der menschlichen Eusozialität – vollzog sich die Zusammenfindung zu kleinen Gruppen an den Lagerstätten. Diese Verbände bestanden aus ausgedehnten Familien sowie – das ist noch bei heutigen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften der Fall – aus außenstehenden Frauen, die für exogame Partnerschaften hereingetauscht wurden.
Aus umfassenden archäologischen Funden wissen wir, dass sowohl der frühe afrikanische Homo sapiens als auch die europäische Schwesterart Homo neanderthalensis sowie der gemeinsame Vorfahre Homo erectus Lagerstätten nutzten. Demnach ist diese Praxis mindestens eine Million Jahre alt. Es gibt gleichsam ein Argument a priori dafür, dass Lagerstätten die entscheidende Anpassung auf dem Weg zur Eusozialität waren: Lagerstätten sind im Grunde nichts anderes als die Nester des Menschen. Ausnahmslos alle Tierarten, die Eusozialität praktizieren, bauten zunächst Nester, die sie gegen Feinde verteidigten. Wie schon ihre Vorgänger zogen sie im Nest die Brut auf, gingen auf Futtersuche außerhalb des Nests und brachten die Beute nach Hause, um sie mit anderen zu teilen. Eine Variante in diesem Verhalten tritt bei primitiven Termiten auf, beim Ambrosiakäfer und bei den Galle erzeugenden Blattläusen und Blasenfüßen (Thripsen), für die die Nahrung selbst das Nest darstellt. Die Grundanordnung bleibt aber dieselbe, gehorsam dem biologischen Prinzip, nach dem der eusozialen Evolution der Nestbau vorausgeht.
3.7 Afrikanischer Wildhund
Nesthockende Vogelarten – deren hilflose Jungen erst aufgezogen werden müssen – weisen eine ähnliche Präadaption auf. Bei wenigen Arten bleiben die jungen Erwachsenen eine Zeitlang bei den Eltern und helfen bei der Aufzucht der Geschwister. Keine Vogelart aber ist bis
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