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Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
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in dem Gedichtband. Wieder betrachtete Henry die gespreizten Beine der Freundin des Schlägertyps an, und er dachte an Maude.

16.
    Colin hatte immer schon eine Neigung zu Wutausbrüchen gehabt. Ihm brenne schnell die Sicherung durch, fand seine Mutter und hatte das auch zweimal vor Gericht ausgesagt. Sie hatte ein schwarzes Wollkostüm getragen, das sie bei As Good As New gekauft hatte, einem gehobenen Secondhandladen in der Nähe der Elyston Street. Es war Juli gewesen, um die dreißig Grad, und die meisten Menschen trugen Baumwolle und Leinen. Colin hatte sich für sie geschämt, ihr Gesicht war ganz rot, das Haar verschwitzt. Er wusste, sie hatte das Kostüm gekauft, um das Gericht zu beeindrucken. Als ob der Richter nicht schon auf den ersten Blick erkannte, dass sie am nächsten Tag im Baumwollhänger herumlaufen würde und ihr die B H-Träger andauernd die fetten, fleckigen Arme herunterrutschten. Colin hatte eigentlich nichts gegen seine Mutter, er konnte nur ihren Anblick nicht ertragen. Schon als kleiner Junge hatte ihn ihr Geschmack angewidert. Er zog die T-Shirts mit dem Disney-Kram und den Musternnicht an, die sie ihm gekauft hatte, er stand auf klare Farben. Nun, als Erwachsener, war er aalglatt, hart und voller Verachtung für alles und jeden.
    An jenem Tag im Gericht hatte sie von der Gewalttätigkeit ihres Sohnes gesprochen, als würde es sich um Schuppen handeln, unattraktiv, aber vorübergehend. Die Richter hatten ihre vergrämte Mutterliebe gegen das Strafregister ihres Sohnes abgewogen und ihn zu neun Monaten in einer Besserungsanstalt bei Croydon verdonnert.
    Dort hatte er seinen sechzehnten Geburtstag verbracht. Joe, der Direktor, und seine Frau hatten ein paar Schüsseln mit Chips und einen Geburtstagskuchen auf die Tischtennisplatte gestellt. Colin erinnerte sich noch an den Kuchen; einen gekauften Biskuitkuchen mit sechzehn gebrauchten Kerzen ringsherum. Einige der Kerzen waren so abgebrannt, dass sie wohl schon ausgegangen wären, bevor Colin auch nur Luft geholt hätte. Das wartete er erst gar nicht ab. Noch bevor Joe die rußigen Dochte anzünden konnte, war Colin auf sein Zimmer verschwunden.
    Nach einer Woche hatte er angefangen, sich die Arme aufzuritzen. Ein paar Monate lang hatte er es vor ihnen verbergen können, doch eines Tages war Joe unerwartet in den Waschraum gekommen und hatte die feinen Striche auf Colins Armen gesehen. Er hatte ein paar Sitzungen mit dem örtlichen Psychiater hinter sich gebracht, und sie hatten entschieden, ihn drei Monate früher zu entlassen. Kaum war er wieder in London, hatte das Ritzen aufgehört. Seine Mutter hatte gehofft, er würde seine Mittlere Reife noch mal machen, mit besseren Ergebnissen, dochColin wollte nur arbeiten und Geld verdienen. Er war groß und stark für sein Alter und fand einen Job bei einer Gerüstbaufirma. Die Arbeit war gut – sie wurde anständig bezahlt, und er war gern hoch oben und sah auf die Menschen herab. Er lebte mit seiner Mutter in ihrer Sozialwohnung an der Ebury Road und schlug sie, wann immer ihm danach war.

    Colin hörte einen Monitor piepsen; sie kontrollierten wohl seinen Blutdruck. Er bemerkte, dass sein linker Arm in einer Art Schlinge steckte und aufgehängt war. Colin sah hoch und erkannte, dass er am Tropf hing. Er war überrascht. Das alles wegen eines gebrochenen Arms? Im Sommer musste er wohl mit zwei Stahlplatten im Arm durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen. Die konnte man ja wohl schlecht in eine Plastikschale legen, oder? Nicht, dass er Geld für einen Urlaub gehabt hätte – er würde wohl für eine ganze Weile nicht mehr auf ein Gerüst steigen, wenn überhaupt jemals wieder. Ein Kerl mit einem schwachen Arm war da nicht gefragt. Er hätte sich nicht mit Big Dave anlegen sollen, schon gar nicht ein Stockwerk hoch, so viel stand fest.
    Colin runzelte die Stirn bei der Erinnerung an den Sturz und das Gerangel davor. Später hatten die beiden Männer den Streit vor einer ganzen Reihe von zynischen Zuhörern geleugnet: dem Boss, dem Gewerkschaftsvertreter, einem gelangweilten Polizisten.
    Auf dem Korridor war das Klacken hochhackiger Schuhe zu hören. Colin entspannte sich. Eileen, vielleichthatte sie gute Nachrichten. Wieder gewannen die Medikamente die Oberhand, und Colin tröstete sich mit der Erinnerung daran, wie andere Männer Eileens Körper anstarrten; damit war Geld zu verdienen. Colin fragte sich, was der alte Perversling wohl von den Fotos gehalten hatte, und döste ein.

    Am

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