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Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
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Sekunden Zeit, um fünfzig Sekunden Text unterzubringen.«
    »Ja, aber das ist noch nicht alles. Ich habe die Kopieneiner Aufnahme, die Orson Welles für Findus Foods gemacht hat. Die spiele ich Ihnen mal vor. Orson hat es gehasst. Ich dagegen, ich hab einfach nur das Geld genommen. Jede Menge Geld. Als ich hierherkam, brauchte ich nicht mehr zu arbeiten. Ich wollte so richtig viel Tennis spielen, aber nach einer Weile wurde es mir langweilig, also habe ich mir ein Restaurant gekauft, um wieder kellnern zu können. Verrückt, oder?«

    Nessa entspannt sich. Sie hat nur sehr wenig gegessen; falls die Männer das bemerkt haben, so behalten sie es für sich. Sie plaudern angenehm und kümmern sich nicht weiter um die versteckte Botschaft des Abends. Während Jack und Nessa beraten, welchen Wein es zum Dessert geben soll, bemerkt Henry eine Bewegung am Tisch der Eltern mit ihrer Tochter. Der Vater steht auf, die Frauen strecken die Hände aus, weniger, um ihm aufzuhelfen, sondern vielmehr um ihn zurückzuhalten. Der Mann ist beharrlich, hat aber Schwierigkeiten, die Beine zu lockern, nachdem er sie unter dem Tisch hervorgezogen hat. Als er endlich aufrecht steht, hat er mit dem Gehen allerdings keine Probleme. Er trägt einen blassgrünen Cordanzug, auffällig in diesem Raum voller kurzärmliger Hemden und Chinos. Der Anzug verleiht ihm etwas Akademikerhaftes, ein Eindruck, der sich durch seine Wortwahl noch verstärkt. Er ist am Tisch neben Henry stehen geblieben, wo zwei Pärchen einen ausgelassenen Abend verbringen; auf zwei Runden Aperitif-Cocktails waren drei Flaschen Rotwein gefolgt.
    »Würde es Ihnen was ausmachen, bitte ein wenig leiser zu sein? Wir verstehen ja unser eigenes Wort nicht mehr.«
    Auf dem Weg zurück zu Frau und Tochter lächelt der Mann Henry an, so, als sei dieser seiner Meinung. Es ist still. Die lärmenden Abendgäste sind verstummt, aber nur kurz. Dann verkündet eine der Frauen laut: »Na, zumindest sind wir nicht alle scheintot.«
    »Na, Sie vielleicht nicht«, meint Nessa.

21.
    »Ich muss dir mal was zeigen.«
    Eileen kramte in ihrer Tasche und zog einen Umschlag hervor.
    »Ich habe selber noch keine Gelegenheit gehabt, sie mir anzuschauen.«
    Colin sah zu, wie sie den Umschlag vorsichtig öffnete und einen Stapel Fotos herauszog.
    Colin saß angekleidet da. Gab der Doktor nach der Visite sein Okay, durfte er gehen. Er war fünf Tage lang im Krankenhaus gewesen, länger als gedacht. Colin hatteheftig auf das Betäubungsmittel reagiert. Zu niedriger Blutdruck oder so was. Sein Arm war nun vom Ellbogen bis zu den Fingerspitzen in Gips. Die Jungs auf der Station hatten ihm ein paar Grüße auf den Gipsarm schreiben wollen, doch er hatte nur gemeint, das könnten sie vergessen. Wenn er das verdammte Ding schon tragen musste, dann sollte es so sauber wie möglich sein.
    Eileen zeigte ihm die Fotos und hielt sie dabei hoch wiedie Spielkarten mit Wörtern, die ihre Ma bei ihrem kleinen Bruder benutzt hatte, als er mit dem Lesen hinterher war.
    »Nächstes.«
    Auf allen Fotos war er.
    »Nächstes.«
    Sie hatte sie wohl in der ersten Nacht im Krankenhaus gemacht – als er bis oben hin vollgedröhnt und bewusstlos dagelegen hatte. Angesichts der Tatsache, dass die Bilder aus dem Schnelllabor kamen, war die Qualität gar nicht mal so schlecht.
    »Immer hübsch eins nach dem anderen, okay?«
    Eileen hatte die Gelenklampe auf dem Nachttisch als Lichtquelle genutzt und den Lichtschein von dem Paravent rings um sein Bett auf sein Gesicht reflektieren lassen. Ziemlicher Kunstscheiß. Bei einer Nahaufnahme hatte sie die Kamera anscheinend an sein Kinn gehalten und nach oben fotografiert. Sein zugeschwollenes Veilchen sah aus wie ein blauer Hügel, und die Nähte an der Augenbraue wirkten wie gestutzte Bäume am Horizont. Sie lernte schnell. Das Veilchen war schon ein wenig abgeschwollen, und die Fäden sollten in zwei Tagen gezogen werden.
    Sie schien mit sich selbst zufrieden. »Nicht so hübsch, der Junge, oder?«
    »Stimmt, du hättest ja nicht gleich ’nen ganzen Film verplempern müssen, um mir das zu beweisen.«
    »Und, was hältst du davon?«
    »Ich finde, du solltest auf deiner Seite der Kamera bleiben, das halte ich davon.«
    Colin konnte sehen, dass sie seine Leica benutzt hatte.Das war seine allererste Kamera gewesen. Mit zwölf hatte er sie aus dem Handschuhfach eines Alfa Romeo geklaut. Normalerweise hätte er sie gleich vertickt, aber an der Art, wie sich die Kamera anfühlte, war was

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