Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
Vom Netzwerk:
abschloss, kam ihr der Gedanke, dass der junge Mann vielleicht noch immer hier herumlungerte. Sie war also nicht sonderlich überrascht, ihn zu sehen, als sie um die Ecke bog, obwohl sie nicht damit gerechnet hatte, ihn flach auf dem Rücken liegend vorzufinden. Er war wohl ausgerutscht, war ihr erster Gedanke; ihr zweiter, er war ausgeraubt worden, denn als sie näher kam, sah sie, dass er sich die Augen mit den Händen beschirmte.
    »Alles in Ordnung?«
    Der junge Mann drehte den Kopf, und Mrs Abraham bemerkte, dass er eine kleine Kamera in der Hand hielt.
    »Ach, Sie sind’s. Mir geht’s gut, ich versuche nur gerade, diese Blüten da zu fotografieren. Ich hab meine Kamera immer bei mir, für alle Fälle.«
    Mrs Abraham blickte nach oben und entdeckte die weißen Blüten vor dem blauen Himmel. Sie fühlte sich erinnert an eins der Titelbilder auf dem
Country-Life -Magazin
, das Mr Cage jede Woche bekam. »Sehr hübsch«, sagte sie.
    »So, das genügt.«
    Der junge Mann stand auf, und Mrs Abraham registrierte, dass er auf seiner Zeitung gelegen hatte – die einzelnen Lagen wie zu einer Staubdecke ausgebreitet.
    »Zu mehr sind die auch nicht nütze«, meinte er, als er die Zeitungsseiten aufhob. »Nur schlechte Nachrichten, nicht?«
    Seine Jacke hing säuberlich zusammengelegt über einer niedrigen Gartenmauer, und der junge Mann besah sie sich sorgfältig, bevor er sie anzog. Auf einem Ärmel war ein wenig Ziegelstaub, und er schüttelte die Jacke leicht aus. Dann wurde er etwas forscher.
    »Da wir gerade von schlechten Nachrichten sprechen, tut mir leid, das mit Mrs Cage. Haben Sie die Todesanzeige gelesen?« Er hielt ihr eine Seite der Zeitung hin.
    Mrs Abraham war leicht erschrocken. »Ja, habe ich, danke.«
    »Also, ich such mir einen Mülleimer für das Zeug und bin dann weg.«
    Sie sah, wie er die Kamera in die Tasche steckte und zur Fulham Road ging. Er hob den Arm zum Abschied und bog um die Ecke. Mrs Abraham setzte sich auf die Mauer, so schwach fühlte sie sich. Am liebsten hätte sie eine Zigarette geraucht, dabei hatte sie sich das Rauchen schon vor sieben Jahren abgewöhnt. In der Handtasche fand sie ein Hustenbonbon, daran zu lutschen war gut gegen ihren trockenen Mund. Die Unverfrorenheit des jungen Mannes hatte ihr Angst gemacht. Er hätte Mrs Cage nicht erwähnen dürfen; er war doch nur ein Fremder, der Gärten mochte.

37.
    Ed Needy lag in Maudes Bett. Er machte sich Sorgen um die Aktien der Firma.
    »Gestern sind sie wieder um acht Pence gefallen.«
    Maude lag neben ihm auf dem Rücken und sah zum Oberlicht hinauf. Der Tag brach gerade an, der Regen wusch den Schmutz vom Glas. Jetzt kann ich den Termin mit dem Fensterputzer noch ein paar Wochen hinauszögern, dachte sie, bevor sie auf die Bemerkung einging.
    »Ist das von Bedeutung?«
    »Wer weiß?«
    Ed war noch kein reicher Mann. Er war zu spät zu Henry Cage & Partners gestoßen, um bei der ursprünglichen Kapitalverteilung berücksichtigt zu werden; zwar hatte er schon eine Reihe von Bezugsrechten erworben, die im Augenblick etwa dreihundertfünfzehntausend Pfund wert waren, doch musste er noch fast ein Jahr warten, bevor er die erste Tranche versilbern konnte. Fiel der Kurs weiter, verschwand sein Geld vielleicht. Ed hattegehofft, dass mit Henrys Rauswurf das Geschäft blühen würde, doch im Grunde war das Gegenteil eingetreten.
    Charles hatte zu Geduld gemahnt.
    »Das Image einer Firma hinkt dem Ist-Zustand fast immer drei Jahre hinterher«, hatte er gesagt. »Wir habennicht plötzlich Toys’R’Us oder irgendeine Tabakfirma vor der Tür stehen, nur weil wir jetzt mit ihnen Geschäfte machen wollen. So funktioniert das nicht. Manche werden uns für Henrys Pedanterie bestrafen wollen und uns warten lassen; andere sind glücklich und zufrieden, wo sie sind – und die meisten haben noch nie von uns gehört. Es braucht Zeit, aber es wird sich herumsprechen, begünstigt durch ein wenig strategisch platzierte PR.« Charles hatte gelächelt. »Du hast es doch nicht eilig, oder, Ed?«
    Er hatte gut reden. In den letzten zehn blühenden Jahren hatten die Partner in regelmäßigen Abständen Aktienblöcke verkauft und das Geld in Anleihen oder Häuser in besseren Wohngegenden und gefragten Landkreisen gesteckt. Die hatten es gut – sie hatten ihre Schäfchen im Trockenen; selbst wenn die Firma den Bach runterging, konnten sie weiterhin ihr sicheres Leben mit Platin-Kreditkarte führen.
    Ed seufzte und sah in den Regen hinauf.
    »Warum geben

Weitere Kostenlose Bücher