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Die spaete Ernte des Henry Cage

Die spaete Ernte des Henry Cage

Titel: Die spaete Ernte des Henry Cage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Abbott
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eingeschlafen.

39.
    Henry sah nicht aus wie in Trauer. Seit Nessas Tod hatte er abgenommen, weil er sich nicht sonderlich ums Essen gekümmert hatte, und von seinen täglichen Strandspaziergängen war er gut gebräunt. Er kam sich unanständig gut aussehend vor. Selbst Mrs Abraham, die ihn unter Tränen willkommen geheißen hatte, konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Sie sehen aber trotz allem gut aus.«
    Sie beide saßen am Küchentisch. Vor Henry lagen in säuberlichen Stapeln Hunderte von Briefen. Einige davon waren schwarz umrandet, wie er sehen konnte, und auf vielen erkannte er das Logo von Henry Cage & Partners.
    »Sieht ganz so aus, als hätte ich eine Menge zu tun«, meinte er.
    Mrs Abraham hatte es für unpassend erachtet, Henry von dem Besuch des Polizisten zu erzählen, solange er noch in Florida war, doch nun konnte sie mit dieser Neuigkeit nicht mehr hinter dem Berg halten.
    »Er hatte ein Foto vom Garten dabei, und wie ich gerade die Tür öffne. Es war von der jungen Frau gemacht worden, die mit dem Mann zusammen war, den sie für den möglichen Vandalen halten.« Die Wörter purzelten nur so aus ihr heraus. »Ich habe nicht daran gedacht, ihnen zu sagen, dass ich dabei war, als sie die Aufnahmen machten – muss schon ein paar Wochen her sein –, ich meine, die Leute machen doch andauernd Fotos in dieser Straße, nicht wahr?« Sie holte kurz Luft. »Der Beamte möchte, dass Sie sich bei ihm melden.«
    Henry amüsierte es insgeheim, zu sehen, wie Mrs Abraham vor lauter Aufregung einen roten Kopf bekommen hatte.
    »Hatte Cummings ein Foto von dem Mann?«
    »Ja, ein altes, aber er war es – sieht aus wie ein cleveres Bürschchen.«
    »Ich rufe ihn an und frage nach, worum es geht. Jetzt schaffe ich erst mal diesen Koffer die Treppe hinauf.«
    Er tat absichtlich geschäftsmäßig.
    »Falls Sie früher Schluss machen wollen, Mrs Abraham, dann ist mir das recht. Ich habe im Flieger nicht geschlafen, und ich könnte ein wenig Ruhe brauchen. Wir reden morgen früh weiter.«
    Henry bemerkte ihre Enttäuschung, als er die Treppe hinaufstieg. Er hätte bleiben und mit ihr reden sollen. Er hatte daran gedacht, ihr ein Programm von der Beerdigung mitzubringen, doch das steckte noch in seinem Koffer. Er blieb stehen und sah, wie sie sich den Mantel überzog.
    »Ach, was ich Ihnen noch sagen wollte, Peggy, Nessa wollte, dass ich Ihnen einen Scheck über zehntausend Pfund überbringe – aus ihrem Nachlass. Ich gebe Ihnen das Geld, wenn die Anwälte mit allem fertig sind.«
    Henry befürchtete schon, Mrs Abraham würde umfallen. Sie schlug sich eine Hand vor den Mund und wankte, doch als er die Treppe hinunterkam, schüttelte sie den Kopf und eilte hinaus.
    Überraschenderweise hatte es in Nessas Testament keine solche Anweisung gegeben. Vielleicht hat sie gewusst, dass ich mich darum kümmere, dachte Henry.

    Am nächsten Morgen ging Henry früh aufs Polizeirevier in Chelsea und wollte Cummings sprechen. Das Gespräch war zwar offener als bei den Malen zuvor, aber dennoch nicht ohne Vorbehalte.
    »Ja, ich erkenne den Mann. Wir hatten in der Nacht zur Jahrtausendwende miteinander zu tun. Ich wurde in der Menschenmenge gegen ihn gedrückt, und er hat mir den Kopf ins Gesicht gerammt.«
    »Und haben Sie ihn je wieder gesehen?«
    »Einmal, in der Brasserie am Sloane Square.«
    »Hat er Sie erkannt?«
    »Er hat sich bei der Geschäftsleitung über mich beschwert. Er sagte, ich hätte seine Freundin angestarrt. Ich wurde des Lokals verwiesen.«
    »Und, stimmte das?«
    »Es war mir sehr peinlich, aber es stimmte nicht.«
    Zwischen den beiden Männern lag das Foto von HenrysHaus und Vorgarten. Cummings erklärte ihm, wie er zu dem Foto gekommen war.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, das ist unser Mann, Mr Cage. Colin Bateman. Er ist als gewalttätig bekannt. Hat Mrs Abraham Ihnen erzählt, dass er letzte Woche erneut vor Ihrem Haus war?«
    »Nein – wir hatten noch keine Gelegenheit, uns ausgiebig zu unterhalten.«
    »Wir haben ihn aufs Revier gebeten, ich habe ihn verwarnt, aber mehr können wir nicht tun. Wir können nichts beweisen. Vor ein paar Wochen hat er einem Hund einen Zimmermannsnagel in den Schädel geschlagen, aus Rache, aber auch das kann ich nicht beweisen – seine Freundin hat ihm ein Alibi verschafft. Doch früher oder später macht er was falsch – das tun sie alle –, und dann haben wir ihn.«
    Cummings war ein anständiger Kerl, und Henry war es wichtig, ihn zu beruhigen.
    »Das glaube ich

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