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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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unverhofftes Privileg. Ich flehe dich an, Herr: Glaub mir, wenn ich dir verspreche, dass all die Dinge, die ich in deinem Namen tun werde – und natürlich auch immer im Namen des WeltGottes -, deinem Wohl und dem des Volkes der Sarl dienen. Dein Vater würde nicht weniger erwarten, und in dieser Sache, die uns so wichtig ist, beginne ich in aller Demut damit, mich für die Ehre erkenntlich zu zeigen, die er mir zuteil werden ließ. Ich ehre dich, wie ich auch ihn ehrte, Sir – mit meinem ganzen Wesen, mit allen meinen Gedanken und jedem Handeln, jetzt und so lange, wie es meine Pflicht ist.
    Heute habe ich den besten Freund verloren, den ein Mann haben kann, Sir, ein wahres Licht, einen konstanten Stern, dessen Beständigkeit alle himmlischen Lampen überstrahlte. Die Sarl haben den größten Feldherrn verloren, den sie je hatten. Sein Name verdient es, durch die Äonen zu hallen, bis zum Ende der Zeit. Laut soll er erklingen bei den fernen Ahnen zwischen ungesehenen Sternen. Wir können nie hoffen, auch nur ein Zehntel seiner Größe zu erreichen, doch ich tröste mich hiermit: Die wahren Großen sind über den Tod hinaus stark, Herr, und wie beim verblassenden Licht und der schwindenden Wärme, zurückgelassen von einem hellen
Stern, bleibt ein Vermächtnis der Macht und Weisheit, aus dem wir Kraft schöpfen können und das auch uns ein wenig Tapferkeit und innere Stärke erlaubt.
    Sir, wenn ich den Eindruck erwecke, mich unelegant oder ohne den gebührenden Respekt auszudrücken, der dir und deinem Status gebührt, so bitte ich um Verzeihung. Meine Augen sind geblendet, meine Ohren verstopft und mein Mund von all dem betäubt, was heute geschehen ist. Mehr zu gewinnen, als wir für möglich hielten, und dann unendlich viel mehr als das zu verlieren, kann jeden Mann zerbrechen, nur den nicht, dessen sterbliche Überreste wir zu dir bringen müssen.«
    Tyl Loesp schwieg. Oramen wusste, dass man von ihm eine Antwort erwartete. Während der letzten halben Stunde hatte er sich alle Mühe gegeben, die schwatzenden Herzöge um ihn herum zu ignorieren, nachdem sich Fanthile einen Weg durch die Menge aus Menschen und Tieren gebahnt und ihn darauf hingewiesen hatte, dass er vielleicht eine Rede halten musste. Dem Palastsekretär war gerade genug Zeit geblieben, solche Worte an ihn zu richten, bevor die hohen Adligen ihn und sein Ross abgedrängt hatten, dorthin, wo ihrer Meinung nach sein Platz war: beim geringeren Adel, bei den pflichtbewusst jammernden Priestern und gramvollen Parlamentariern. Seit dieser kurzen Begegnung hatte Oramen versucht, sich etwas Passendes einfallen zu lassen. Aber was sollte er sagen oder tun?
    Er sah zu den prachtvoll gekleideten Adligen in seiner Nähe. Sie wirkten sehr ernst, nickten übertrieben und brummten; offenbar wussten sie Mertis tyl Loesps Ansprache sehr zu schätzen. Oramen drehte sich kurz im Sattel und
sah zu Fanthile, der jetzt noch weiter entfernt war, umgeben von einfachen Adligen, Priestern und Repräsentanten. Mit Gesten gab ihm der Palastsekretär zu verstehen, dass er absteigen sollte.
    Das machte Oramen. In der Nähe hatten sich bereits etliche Leute eingefunden, die vermutlich aus dem nahen Ort und vom Land gekommen waren. Sie füllten die breite Straße und versuchten, sich an ihren Rändern in eine günstige Position zu bringen. Im langsam zunehmenden Vorlicht der zögerlichen Dämmerung zeichneten sich die Silhouetten von Menschen ab, die in Bäume kletterten, um einen besseren Blick zu haben. Oramen wusste noch immer nicht, was er sagen sollte, doch ihm fiel ein, dass diese Szene ein prächtiges Gemälde abgegeben hätte. Er ergriff tyl Loesps Hand und brachte ihn dazu, sich vor ihm zu erheben.
    »Danke für all das, was du gesagt und getan hast, lieber tyl Loesp«, wandte er sich an den älteren Mann. Er war sich sehr des Unterschieds zwischen ihnen bewusst: er, der schmächtige Prinz, kaum der Kinderkleidung entwachsen und unter dem Mantel wie jemand angezogen, der zu Bett gehen wollte; und vor ihm der mächtige Krieger, der noch immer seinen Panzer trug, an dem sich hier und dort die Spuren des Krieges zeigten, dreimal so groß und kaum jünger oder weniger eindrucksvoll als der tote König.
    Tyl Loesp überragte ihn, sah mit ernster Miene auf ihn herab und roch noch immer nach Blut und Rauch, ein Mann, der alle Zeichen des tödlichen Kampfes und unerträglichen Kummers trug. Der dramatische Aspekt dieser Szene entging Oramen nicht. Dies hätte tatsächlich ein

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