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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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sein. Wer Eigeninitiative oder Fantasie zeigte, musste damit rechnen, faul, durchtrieben, ausgefuchst und unverbesserlich genannt zu werden. Deshalb hatte Holse nichts von Gerede über Ehre gehalten. Es diente allein dem Zweck, dass sich die Mächtigen und Reichen besser fühlten und die Machtlosen und Armen schlechter.
    Aber wenn man nicht von der Hand in den Mund lebte
und ein wenig Freiraum hatte, bekam man die Möglichkeit, über das Leben nachzudenken, und darüber, wer man eigentlich war. Und da man irgendwann sterben musste, ergab es durchaus einen Sinn, sich einen guten Tod zu wünschen.
    Selbst diese Kultur-Leute wählten seltsamerweise oft den Tod, obwohl sie das gar nicht mussten.
    Mit Freiheit von Furcht und der Frage, woher die nächste Mahlzeit kam, wie viele Mäuler man im nächsten Jahr stopfen musste, ob man von seinem Arbeitgeber vor die Tür gesetzt oder wegen irgendeiner kleinen Sache ins Gefängnis gesteckt wurde … Mit Freiheit von all diesen Dingen kam die Möglichkeit der Wahl. Man konnte ein ruhiges, friedliches, gewöhnliches Leben wählen und im Bett sterben, umgeben von ungeduldig wartenden Verwandten. Oder man starb bei einer Sache wie dieser, und ganz gleich, wie sich der Körper dabei fühlte: Das Gehirn wusste die Erfahrung zu schätzen.
    Holse dachte an seine Frau und die Kinder, fühlte sich dabei ein wenig schuldig, weil er so lange nicht an sie gedacht hatte. Es hatte so viel gegeben, das seine Gedanken beschäftigte, so viele bizarre Dinge, die es zu verstehen galt, aber die Wahrheit lautete: Frau und Kinder erschienen ihm jetzt wie Wesen aus einer anderen Welt. Er wünschte ihnen alles Gute und konnte sich vorstellen, zu ihnen zurückzukehren – wenn ein Wunder dazu führte, dass sie dies alles überlebten – und sich wieder seinen alten Pflichten zu widmen. Aber irgendwie fühlte es sich so an, als würde das nie geschehen und als hätte er seine Familie beim Abschied – vor langer Zeit, wie es schien – zum letzen Mal gesehen.
    Ein guter Tod. Nun, dachte er, wenn man ohnehin sterben
musste … Warum sollte man sich einen schlechten wünschen?
     
    Sie schwebten über einer gewaltigen Tür, die aus großen, säbelartig gewölbten Segmenten bestand – sie waren so zusammengepresst, dass sie wie die Blütenblätter einer Blume aussahen. Der Fall hatte fast eine halbe Stunde gedauert und sie fünf weitere Ebenen in die Tiefe gebracht; nach Auskunft des Anzugs hatten sie die Heimat der Pockenranken, Blasigen, Gasriesenschwimmer, Röhrler und Hydralen passiert. Die letzte Ebene über dem Maschinenbereich war ohne Leben: ein Ozean unter kilometerdickem Eis. Sie befanden sich jetzt direkt über der Maschinenebene, wo Legenden und auch modernen Erkenntnissen zufolge das ursprüngliche Innenleben der Schalenwelt ruhte, inaktiv, aber mächtig.
    »Dies ist das Sekundäre, nicht wahr?«, fragte Anaplian und blickte auf die gewaltige Segmenttür hinab.
    »Ja«, bestätigte Hippinse. »Und es lässt sich öffnen.«
    Er schwebte zur Mitte der drei Kilometer durchmessenden Tür. So leistungsfähig die Anzugsensoren auch waren: Die Helmvisiere zeigten ihn nur als verschwommene Gestalt. Er löste etwas von seinem Anzug und ließ es genau in der Türmitte zurück, dort, wo sich die einzelnen Segmente trafen.
    Sie folgten Anaplian einen Kilometer weit nach oben, zu einer großen ovalen Öffnung in der Seite eines langen Schachtes, der etwa hundert Meter durchmaß und sie aufnahm. In seinem Innern ging es hinab, und nach kurzer Zeit blitzte es über ihnen. Die Anzüge registrierten kurze, aber heftige langwellige Vibrationen in den Schachtwänden um sie herum.
    Anaplian winkte ihre Begleiter heran und berührte sie. »Mit
der Haupttür sollte sich auch die am Ende dieses Schachtes geöffnet haben – wir können also direkt hindurchfallen. Xuss und die vier Anzugraketen übernehmen die Spitze.
    »Seht nur«, sagte Ferbin und blickte nach unten. »Licht.«
    Ein flackernder, blaugrauer Kreis wurde schnell größer, als sie ihm entgegenfielen. Darunter, in der Tiefe, zeichneten sich die Konturen gewaltiger Dinge ab, gewölbt und geschwungen, scharfkantig und knollig, pockennarbig, geriffelt und gezackt. Sie schienen in eine riesige Anordnung aus Klingen so groß wie Sturmsysteme zu fallen, erhellt von flackernden Blitzen.
    »Der Weg ist frei«, verkündete Turminder Xuss. »Ich schlage trotzdem vor, dass wir getrennt bleiben. Die Signalkommunikation stellt ein geringeres Risiko dar als ein

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