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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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benutzen.
« Djan Seriys Helmvisier verlor kurz die Spiegeleigenschaft und zeigte ihr Lächeln. »Schießen Sie auf die gleichen Ziele wie wir.« Der Spiegeleffekt kehrte zurück.
    Wir sind alle Spiegel, dachte Ferbin. Wir spiegeln uns gegenseitig. Wir sind hier, und unsere seltsamen Rüstungen reflektieren alles Licht, aber abgesehen davon sind wir irgendwie fast unsichtbar.
    Turminder Xuss ging tiefer, bis er auf einer Höhe mit Anaplians Brustbein schwebte. Zwei Objekte, die wie stachelbesetzte Dolche aussahen, lösten sich von Djan Seriys Waden und flogen ebenfalls vor ihr. »Wir müssen noch ziemlich tief fallen.«
    »Ist dies ein offener Turm, Ma’am?«, fragte Holse.
    »Nein«, antwortete Anaplian. »Wir sind einen Turm von einem offenen entfernt, von jenem, den das Schiff benutzt. Wenn die Iln-Waffe etwas hinterlassen hat, das Verfolgern auflauert, so ist vor allem bei den offenen Türmen damit zu rechnen. Dem Schiff bleibt nichts anderes übrig, als einen offenen Turm zu benutzen. Wir sind nicht darauf angewiesen, aber wir können dort bleiben, wo uns das Schiff helfen kann. Ohne allerdings den Hauptschacht zu nehmen.« Sie sah zu den beiden Sarl-Männern. »Falls ihr das noch nicht erraten habt: Wir sind hier die Infanterie. Wir sind entbehrlich und können geopfert werden. Das Schiff ist der Ritter, die schwere Artillerie, wie auch immer man es ausdrücken will.« Ihr Blick ging zu Hippinse, als sich die Tür vor ihnen bewegte. »Wie sieht’s aus?«
    »Noch nichts«, erwiderte Hippinse. Zwei kleine spiegelnde Objekte, wie kleine Dolche, flogen zu ihm und schwebten neben seinen Schultern. Auch von Ferbins und Holses Anzügen
lösten sich glänzende Objekte und huschten zu Turminder Xuss.
    »Wenn die Herrschaften gestatten …«, sagte die Drohne im Plauderton.
    »Nur zu«, sagte Ferbin.
    »Ich wusste gar nichts von ihnen«, ließ sich Holse vernehmen.
    Die Tür rollte lautlos zur Seite, und dahinter war es vollkommen dunkel. Die Drohne wurde pechschwarz und sauste los, verschwand zusammen mit den vier kleineren Raketen in der Finsternis.
    Die Menschen schwebten durch eine Röhre, die nach Hippinses Angaben nur dreißig Meter durchmaß – ein Transferschiff-Schacht. Weiter vorn schoben sich die einzelnen Segmente eines Zugangs auseinander, und durch ihn erreichten sie das zentrale Innere des Turms.
    Dort begannen sie zu fallen und entfernten sich gleichzeitig voneinander, bis fast ein halber Kilometer sie voneinander trennte.
    Holse hätte nie gedacht, einmal so etwas zu erleben. Er war entsetzt, aber auch auf eine seltsame Weise freudig erregt. Zusammen mit verrückten Fremden dem WeltGott entgegenzufallen, sich mit einem sprechenden, exzentrischen Raumschiff zu treffen, das sich so zwischen den Sternen bewegen konnte wie ein Mann von einem Trittstein zum nächsten, nach einem noch verrückteren Iln zu suchen, der die ganze Welt vernichten wollte … Von solchen Dingen hatte er nicht einmal zu träumen gewagt, als er auf dem Bauernhof gelebt, Ställe ausgemistet, seinem Vater im Kastrationspferch geholfen und dort den Eimer mit den Hoden getragen hatte, Wange und Ohr heiß von der letzten Backpfeife.

    Er hatte das beunruhigende Gefühl, dass Ferbin und er kaum mehr waren als Köder, aber in gewisser Weise scherte er sich nicht darum. Er änderte allmählich seine Meinung über den alten Kriegerkodex, den Ritter und Prinzen beschworen, für gewöhnlich dann, wenn sie betrunken waren oder versuchten, ihr armseliges Verhalten bei anderen Gelegenheiten zu rechtfertigen.
    Man verhalte sich ehrenhaft und wünsche sich einen guten Tod. Holse hatte dies immer für selbstsüchtigen Unsinn gehalten. Die Leute, die angeblich durch Geburt über ihm standen, waren oft ganz und gar unehrenhaft. Je mehr sie hatten, desto mehr wollten die verdammten Mistkerle, während andere, die mit leeren Händen dastanden, sich oft besser verhielten, weil sie es sich leisten konnten.
    War es ehrenhafter zu hungern, anstatt zu stehlen? Viele Leute hätten Ja gesagt, aber nur selten jene, die das Gefühl eines leeren Magens kannten oder jemals das Wimmern eines hungernden Kinds gehört hatten. War es ehrenhafter zu hungern, anstatt zu stehlen, wenn andere einem zu essen geben konnten, das aber nicht taten oder Geld dafür verlangten, das man nicht hatte? Nein, dachte Holse. Wenn man den Hunger wählte, wurde man zum eigenen Unterdrücker. Dann hielt man sich selbst bei der Stange und strafte sich, weil man die Frechheit hatte, arm zu

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