Die Sphaeren
Männer erledigen lassen sollte, wenn sie ihren Nutzen verloren und mehr zu einer Last wurden. In dieser Hinsicht hatte er mehrere Möglichkeiten, aber die Skrupellosen verdienten meist nur wenig Vertrauen, und je weniger frevlerisch jemand war, desto mehr Zögern kannte er.
»Seltis legte ein umfassendes Geständnis ab«, sagte Vollird. »Er wies auch darauf hin, dass der vorherige Besucher ausdrücklich darum ersucht hatte, dass er, der Oberste Gelehrte, dem hier im Palast befindlichen Bruder des Besuchers eine Nachricht zukommen ließe, und zwar in Hinsicht auf den Tod ihres Vaters und die Gefahr, in der der jüngere Bruder schweben könnte. Dem Obersten Gelehrten ist nicht genug Zeit für eine solche Warnung geblieben, was er jedoch sehr zu bedauern schien. Ich gewann den Eindruck, dass er es gar nicht abwarten konnte, seine Informationen weiterzugeben, an jeden Soldaten oder Milizangehörigen, dem er zufälligerweise begegnete. Deshalb brachten wir ihn aufs Dach, unter dem Vorwand, jenen Ort zu besuchen, an dem der fliehende Herr ausgebüxt war, und von dort aus warfen wir ihn in den Tod. Den Leuten im Haus des Wissens sagten wir, er wäre gesprungen, und dabei zeigten wir uns über alle Maßen bestürzt.«
Baerth sah den anderen Ritter an. »Ich meine, wir hätten ihn am Leben lassen können, wie es die Anweisungen vorsahen. Warum haben wir ihm nicht einfach nur die Zunge aus dem Mund geschnitten?«
Vollird seufzte. »Dann hätte er eine Warnung geschrieben.«
Baerth blieb skeptisch. »Wir hätten ihm auch die anderen Finger brechen können.«
»Dann hätte er sich einen Stift zwischen die Zähne gesteckt und auf diese Weise geschrieben«, erwiderte Vollird verärgert.
»Aber wenn wir …«
»Dann hätte er sich den Stift in den Hintern gesteckt«, sagte Vollird laut. »Oder er hätte irgendeine andere Möglichkeit gefunden, wenn er verzweifelt genug gewesen wäre, und das war er, meiner Meinung nach.« Er sah tyl Loesp an. »Wie dem auch sei, jetzt ist er tot.«
Tyl Loesp dachte nach.
»Nun«, sagte er, »ich gestehe Ihnen zu, dass diese Sache den Umständen entsprechend auf angemessene Weise erledigt wurde. Allerdings befürchte ich, dass wir jetzt ein Haus des Wissens voller Gelehrter haben, die sich gekränkt fühlen.«
»Das Problem ließe sich leicht lösen, Sir«, sagte Vollird. »So viele es auch sein mögen, sie befinden sich alle an einem Ort und werden bewacht, und außerdem sind sie alle weich wie ein Babyhintern.«
»Auch das stimmt, aber zweifellos haben sie Eltern, Brüder und Beziehungen. Mir wäre es lieber, wenn wir einen neuen Obersten Gelehrten dazu bringen können, sie unter Kontrolle zu halten und das Geschehene ruhen zu lassen.«
»Ich weiß nicht, Sir«, entgegnete Vollird. »Wenn man jemanden zum Schweigen bringen möchte, sorgt man am besten dafür, dass er nie wieder etwas sagen kann.«
Tyl Loesp musterte ihn. »Sie sind sehr gut, wenn es um solche Dinge geht, nicht wahr, Vollird?«
»Nur wenn es nötig ist, tyl Loesp«, erwiderte der Mann und hielt dem Blick des Regenten stand.
Der Tod aller Gelehrten von Anjrinh hätte nach Meinung dieser beiden Ritter das Problem gelöst, dass sie Ferbin vielleicht lebend und auf der Flucht gesehen hatten.
Ferbin, noch am Leben. Typisch für den albernen, vom Glück verfolgten Idioten, völlig unversehrt durch eine Schlacht zu stolpern und allen Versuchen der Gefangennahme zu entgehen. Trotzdem, tyl Loesp glaubte, dass selbst Ferbins Glück dafür nicht ausreichte. Er vermutete, dass der Diener namens Choubris Holse über die Cleverness verfügte, an der es dem Prinzen ganz offensichtlich mangelte.
Vollird und Baerth gingen davon aus, dass die Eliminierung all jener, die den Prinzen gesehen hatten, die Angelegenheit erledigte. Es war eine typisch soldatische Denkweise. Sie begriffen nicht, dass sich dadurch nur neue Schwierigkeiten und Komplikationen ergaben. Das gegenwärtige Problem war wie eine kleine Eiterbeule an der Hand: Sie aufzustechen, brachte sofortige Erleichterung, doch ein vorsichtiger Arzt wusste, dass dadurch alles noch viel schlimmer werden konnte – eine Infektion etwa, die den ganzen Arm lähmen und gar lebensbedrohlich werden konnte. Manchmal war die Behandlung mit Heilsalbe oder einem kalten Umschlag besser; so etwas hinterließ keine Narben und war letztendlich wirkungsvoller.
»Nun«, wandte sich tyl Loesp an die Ritter, »es gibt da eine Zunge, die ich tatsächlich für immer zum Schweigen gebracht
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