Die Spiele des Computer-Killers
hoffentlich nicht?«
Ich fuhr zurück, als ich meine behandschuhte Hand am Telefonhörer sah. Ich legte den Hörer klappernd auf den Tisch und fetzte mir die Dinger von den Händen. Als ich ihn wieder aufnahm, war ich mir des feinen Puders bewußt, der meine Finger bedeckte und jetzt das harte schwarze Plastik des Telefonhörers bestäubte. Mein Mund fühlte sich an, als wäre er mit Novocain vollgepumpt.
»Nein. Im Gegenteil. Robert. Wie geht’s Ihnen? Haben Sie etwas gefunden?« murmelte ich.
»Mir geht’s gut, Georgina. Und nein, es gibt anscheinend keine vermißte Person, auf die die Beschreibung dieser Dame paßt.«
»Oh.«
»Wenn ich eine Vermutung äußern darf- ich glaube, das Programm ist getürkt.«
Ich sehnte mich verzweifelt danach, mich hinzusetzen.
Ich bekam Kopfschmerzen, und meine Gedanken gerieten ins Schwimmen.
»Es ist kein echter Mord?« sagte ich.
»Nein ich glaube nicht. Ich habe mit der Prüfstelle für obszöne Publikationen gesprochen, und die sagen, die einzigen Snuff-Pornos — also mit Sequenzen, in denen gemordet wird — , die sie je gesehen haben, waren entweder unverkennbar getürkt oder grauenhafte Montagen aus Special Effects und echten Dokumentarfilmmaterial von Foltern aus der Dritten Welt.«
»Und ohne auffindbare Opfer?«
»Sagen wir mal so: Noch nie ist jemand wegen Mordes in einem Snuff-Film vor Gericht gestellt worden. Meines Wissens jedenfalls nicht.«
»Oh«, sagte ich, und dann schwiegen wir beide, bis er sagte: »Da ist noch was, Georgina... Sind Sie noch da?«
»Ja.« So gerade noch.
»Wenn man nicht sportinteressiert ist, wird man es kaum bemerken, aber die Bewegungen des Mannes sind nicht unähnlich denen eines... na ja, eines Tennisspielers. Schauen Sie sich’s noch mal an. Wie es aussieht, hält Sie da jemand zum Narren.«
Warren hatte mir eine Telefonnummer dagelassen, nur für den Fall, daß ich ihn erreichen mußte. Das war drei Wochen her, und ich hatte sie nicht ein einziges Mal benutzt. Als ich sie jetzt wählte, meldete sich das Savoy. Zwei Minuten später hatte ich Warren am Apparat.
»Komfortabel?« frage ich.
»Nicht übel.«
»Im Savoy, hm? Hast du mir nicht gesagt.«
»Du hast nicht gefragt. Ist alles okay?«
»Ja. Wieso?«
»Deine Stimme klingt so komisch.«
»Ich hatte Besuch. Warren, ich will dir was zeigen. Ich brauche dich hier.«
»Du brauchst mich? Jetzt?«
»Jetzt.«
Es sei ein bißchen schwierig, sofort zu kommen, erklärte er — in Anbetracht der Tatsache, daß es schon ziemlich spät und er nicht allein sei. Fluchend warf ich den Hörer auf die Gabel, als Richard zur Tür hereinkam. Er sah mich an, und dann legte er mir die Hand unters Kinn und betrachtete mich aufmerksam.
»Oh, verflucht nochmal«, sagte er.
»Den anderen hättest du erst mal sehen sollen«, antwortete ich.
Er drängte sich an mir vorbei, wütend über mehrere Dinge, vor allem aber über mich. Zumindest glaubte ich das in diesem Augenblick.
»Du läßt diesen Typen hier reinspazieren und dich vermöbeln?« brüllte er, schleuderte klirrend seine Töpfe beiseite und holte die Kaffeekanne aus ihrem Versteck. »Gib mir was zu trinken. Herrgott, Weib. Einen Brandy. Gib mir einen Brandy.«
Ich wieselte ins vordere Zimmer, um die Flasche und ein bauchiges Glas zu holen, während Richard aggressiv den gemahlenen algerischen Kaffee in die verchromte Glaskanne löffelte. Ich stellte ihm Glas und Flasche auf den Tisch und erklärte, ich ginge jetzt ins Bett. Richard wirbelte herum und brüllte wie ein Stier, dessen Nasenring zu stramm sitzt. »Du gehst nirgendwo hin. Setz dich hin und halt die Klappe.«
»Jetzt hör mal zu...«, protestierte ich. Für einen Abend hatte ich genug.
»Ich höre nicht zu. Deine Freunde gefallen mir nicht, Georgina. Es gefällt mir nicht, daß sie hier reinkommen und machen, was sie wollen, verdammt. Es sind miese Typen. Wo ist deine Selbstachtung? Die Achtung vor mir? Vor deinen Eltern. Und weiß der Himmel, was die Leute nebenan denken.«
Ich glaube, es war die Erwähnung meiner Eltern, vielleicht auch der Leute nebenan, was meine zum Zerreißen angespannte Geduld zurückschnellen ließ wie eine Peitsche. Sie zog sich blitzschnell zu einem kleinen, harten, schweren, schwarzen Stück Kohle zusammen, das so heftig brannte, daß ich es jemandem an den Kopf werfen mußte. Ich streckte die Hand aus und begnügte mich statt dessen mit dem glatten, runden Brandyglas. Es sauste an Richards Ohr vorbei und wie eine Rakete im
Weitere Kostenlose Bücher