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Die Spiele des Computer-Killers

Die Spiele des Computer-Killers

Titel: Die Spiele des Computer-Killers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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Antwort war ein rasselndes Schnarchen, mit dem sein Atem sich mühsam den Weg durch eine blutverkrustete Nase und den Mund bahnte.
    Das war alles, was mir einfiel. Im Kino habe ich Leute gesehen, die am Bett saßen und mit Körpern schwatzten, deren Besitzer die metaphorischen gepackten Koffer trugen und beinahe den letzten Zug erwischt hätten. Ich konnte das nicht, so reden und keine Antwort bekommen. Ich konnte nicht einfach aussprechen, was ich dachte. Ich brauchte Reaktionen, und wenn es meine eigenen waren. So stand ich neben dem komplizierten Stahlbett und starrte seinen Kopf an, der in Verbände gewickelt schwer auf dem Kissen ruhte, seine braunen Arme, die ausgestreckt neben ihm lagen, die Adern zerstochen und verpflastert, und die Salzlösung aufnahmen, die aus einer Flasche an einem hohen Chromständer hing. Durch einen diskreten Schlauch lief Urin unter dem weißen, mit einem Schildchen versehenen Laken hervor in einen diskreten Plastikbehälter unter dem Bett. Seine Hilflosigkeit war vollkommen, und ich konnte ihn nur anstarren. Ich stand eine Zeitlang da, bis ich mir fast eingeredet hatte, daß er sich verstellte und genau wußte, daß ich dastand, ihn beobachtete und alle Einzelheiten seines Körpers betrachtete, und wenn ich mich abwendete, würde er meinen Namen rufen.
    »Warren?« sagte ich.
    Nichts. Kein Wimpernschlag, nur das keuchende Geräusch seines Atems, der sich in sein beschädigtes System hinein und wieder heraus zwängte. Ich lauschte und schaute, bis ich merkte, daß ich gar nicht mehr an ihn dachte, sondern an die Natur des Mitgefühls. Ich fragte mich, ob es mit Kategorien von Dominanz verbunden war. Beispiele von kleinen Hunden gingen mir durch den Kopf, die großen Hunden ihr Schwänzchen zuwandten, und von Beschwichtigungsritualen, die alle nur dazu dienten, einen potentiellen Angreifer noch stärker und damit ungefährlicher zu machen. Ich fragte mich, ob Frauen Krankenschwestern wurden, nicht etwa weil sie das Verlangen hatten, den Kranken zu helfen, sondern weil sie sich irgendwie stark fühlen wollten; und so ging es weiter und immer weiter, und ebensogut hätte Warren allein im Zimmer sein können, so hilfreich war ich für ihn.
    Es war sein Bein, das unter dem Laken hervorguckte, was meine Aufmerksamkeit wieder auf den Patienten lenkte. Sofort hüpften meine Gedanken davon. Das Bein wies sehr wenig Haar auf und kaum ein Mal, bis auf eine kleine, uralte Narbe unter der Kniescheibe. Losgelöst von dem geschundenen Torso, schien es eine wunderbare, sehnige Form zu haben. Es war ein Bein, wie man es gern in kaugummifarbenen Radlershorts sehen möchte, oder in einem dunklem Lycra-Trikot und weichen Ballettschuhen. Der lange braune Fuß mit dem sanft geschwungenen Rist endete in langen, eleganten Zehen, gleichmäßig mit perlmutternen, sauber geschnittenen Nägeln verziert. Die rosig braune Sohle war glatt und schwielenlos.
    Ich wollte meine Hand auf das Schienbein legen und an der kaffeebraunen Haut bis zum Schenkel hinaufstreichen. Ich warf einen kurzen Blick auf Warrens Gesicht, um mich zu vergewissern, daß er wirklich schlief, und dann streckte ich die Hand aus, um ihn zu berühren; ich zog die Finger zurück und berührte ihn gleich von neuem. Seine Haut war warm. Ich hatte dagestanden und Schläuche und Röhren betrachtet und dabei vergessen, daß er noch lebendig war, warm und lebendig, und daß er tief innen darum kämpfte, wieder zurückzukommen. Meine Finger legten sich um Knochen und Muskeln und drückten zu. Schweigend streichelte ich seine Haut, bis die Tür sich seufzend öffnete und die Schwester mich rief. Ich stand auf und blickte auf Warren hinunter. »Geh jetzt nicht weg«, sagte ich.
    Der Polizist brachte mich zum Bahnhof. Sein Sergeant wollte, daß ich mir Warrens Gepäck anschaute, um zu sehen, ob ich ihnen helfen könnte. Da wußte ich noch nicht, daß sein Name im staatlichen Polizeicomputer aufgetaucht war und man keinerlei Informationen bekam, wenn der nachfragende Polizist nicht vorher Namen, Rang und Dienstnummer eingab.
    »Wer will das wissen?« hatte der Computer wie ein x-beliebiger Straßengauner zurückgefragt. Es war nur natürlich, daß die Jungs, die den Fall bearbeiteten, ihn erst ein bißchen aushorchen wollten, ehe sie sich verbindlich einließen.
    »Sie sind sicher, daß Mr. Graham die Bande nicht kannte?« fragte der Sergeant und zog den Reißverschluß an Warrens weichem Lederkoffer auf.
    »Da bin ich sicher«, antwortete ich.
    Warrens

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