Die Spinne (German Edition)
reinste Wahnsinn, was ihr verbraucht habt. Und das da?« Er hob ein Blatt Papier. »Ein Kunstraub, um die Kasse der Abteilung aufzubessern!«
»Das war vor meiner Zeit.«
»Klar, das passt Ihnen jetzt in den Kram. Trotzdem veranschaulicht es ziemlich gut, was für ein Betrieb das in der West Thirty-first Street war. Ich meine, hier in Langley müssen wir in dreifacher Ausfertigung unterschreiben, wenn wir bloß ein paar neue Kugelschreiber brauchen. Verstehen Sie? Ihr Cowboyquatsch ist bei uns schlichten Schreibtischtätern sowieso nie besonders gut angekommen. Wir verdienen unseren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit. Wir fliegen nur, wenn es sein muss. Und wenn ich dann so was sehe …« Ein Lächeln huschte über Butlers Lippen, als er einen anderen Zettel hochhielt, die Kopie eines Kreditkartenauszugs über eine Summe von 22.927,58 Dollar. Er las: »Nachmittagseinkauf in Paris: Dior, Prada, Louis Vuitton. Ich meine, bin ich da ein bisschen altmodisch? Oder haben Ihre Leute mit dem Geld der Company in Saus und Braus gelebt?«
Wie Plastik , dachte er. Ich kann mich schon fast spiegeln in seiner Wange.
Funkelnde Computerlichter. Rot verebbt zu Blau. Mit jeder Veränderung ein stärker werdendes Rumoren in seinem Bauch. Vier Lichter, und es ist wie die Spitze eines Bleistifts, die sich hinausbohren will. Zehn, und es ist eine Spitzhacke.
»Was ist denn?«, fragte Penelope, als er aufwachte.
»Nichts.«
»Erzähl mir nicht, dass es nichts ist. Ich bin keins von deinen hohlköpfigen Püppchen.«
Sein Lächeln brachte weniger Humor zum Ausdruck als Anerkennung für Humor. Das war das Mindeste, was sie verdiente. Eigentlich hätte sie viel mehr verdient, und er kam unwillkürlich zu der Einsicht, dass ihr die Ehe mit ihm letztlich nicht das geboten hatte, was sie sich vielleicht erhofft hatte.
Da sie den katastrophalen Verlauf seines Besuchs in Langley vorausgeahnt hatte, hatte sie schon vorher vier Nächte in einem Cottage in Croton-on-Hudson gebucht, nahe beim Fluss, und sie verbrachten die Tage mit Lesen und die Abende in teuren Restaurants. Doch er war nicht in Stimmung. Sie hütete sich davor, ihn nach Einzelheiten zu fragen, aber allmählich verlor sie die Geduld.
»Sie haben dich rausgeschmissen, Alan. Du schuldest ihnen nichts mehr.«
»Ich schulde ihnen alles.« Das machte er manchmal. Er nahm eine scheinbar vernünftige Aussage und verdrehte sie ins völlige Gegenteil, um ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Und das Erstaunliche war, dass es nicht selten funktionierte. »Sie haben mir etwas Wichtiges anvertraut. Vielleicht war es nicht mein Fehler, dass es schiefgegangen ist, aber wenn ich besser aufgepasst hätte, hätte ich das Desaster vielleicht vermeiden können.«
»Was meinst du mit Desaster?«
In der Aufregung war ihm zu viel herausgerutscht, und er versuchte, es mit einem Kuss zu überspielen.
Sie wich zurück. »Komm schon, raus damit.« Sie war wirklich hinreißend, und die Intensität ihres Blicks unterstrich nur die außerordentliche Schönheit ihrer Züge.
»Gib mir einen Rat.«
»Du nimmst ihn ja sowieso nicht an.«
»Doch. Wirklich, ich nehme ihn an.«
»Also gut.«
Er brauchte ein paar Sekunden, um sich eine Formulierung zurechtzulegen. »In meiner Arbeit bin ich auf eine Gefahr für Amerika gestoßen, und …«
»Für Amerika?«
»Ja. Keine potenzielle Gefahr, sondern eine reale Gefahr. Sie hat bereits zu Zerstörung geführt … zu einem Desaster. «
»Okay. Weiter.«
»Es ist zwar nicht mehr meine Aufgabe, aber ich glaube, ich weiß einen Weg, um diese Gefahr zu neutralisieren. Ich müsste mich ziemlich anstrengen und auch ein paar gemeine Tricks anwenden, doch es wäre wahrscheinlich machbar – mit der richtigen Planung.«
Sie wartete.
»Und?«
»Ach so! Ich soll dir sagen, ob du es machen sollst oder nicht.«
»Genau.«
»Ist es gefährlich? Für dich, meine ich.«
»Nein.« Die Lüge kam ihm über die Lippen, bevor er damit ringen konnte.
»Dann ja. Ich meine, wenn es darum geht, Amerika zu retten, bin ich natürlich dafür.« Sie grinste. »Reicht dir das als Antwort?«
Wieder beugte er sich vor, um sie zu küssen, und diesmal wich sie nicht zurück.
Er hatte Dorothy Collingwood vor drei Jahren über seine Schwiegereltern kennengelernt. Penelopes Familie war schon immer scharf auf den persönlichen Umgang mit Mächtigen gewesen, und diese Voraussetzungen erfüllte auch der Collingwood-Clan dank seiner demokratischen Mitglieder im Senat und Repräsentantenhaus.
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