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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Betrug erfahren wird.«
    Zhu spürte, wie tief aus seinen Eingeweiden die Übelkeit in ihm hochkroch. Den Blick getrübt von Tränen und geplatzten Blutgefäßen, konnte er Sun Bingjun nicht mehr deutlich erkennen. »Ist das Ihre Einschätzung? Oder die der Amerikaner?«
    Sun Bingjun atmete schwer. »Die Amerikaner verfügen über ausgezeichnete Psychologen. Sie haben so viele Informationen über Sie zusammengetragen wie nur möglich und dann alles analysiert. Zuerst war ich der Meinung, dass sie verrückt sind – ich habe nie viel von dieser Pseudowissenschaft gehalten –, aber dann habe ich mir die Daten angesehen.« Pause. »Ziemlich enttäuschend, vorsichtig ausgedrückt.«
    Und natürlich war es die Wahrheit. Die Entsendung seines Sohnes nach Afrika war der Anfang einer Verführung gewesen, die er Schritt für Schritt verpfuscht und die erst dann Fortschritte gemacht hatte, als Sung Hui von der Trauer um Delun geschwächt war. Bedeutete das, dass ihre Ehe auf Lügen beruhte?
    Ja, aber bei wem war das nicht so?
    »Wissen Sie, ich habe keine Angst vor dem Tod«, erklärte Zhu.
    »Das habe ich den Amerikanern auch gesagt. Die Antwort war, dass Ihre Liebe zu Sung Hui trotz allem ein motivierender Faktor bleibt.«
    »Jetzt stoßen Sie also auch noch Drohungen aus. Sie sind tief gesunken.«
    »So wie Sie des Öfteren in der Vergangenheit, Xin Zhu. Doch im Gegensatz zu Ihnen bieten die Amerikaner eine Gegenleistung. Vergütung. Sicherheit.«
    »Glauben Sie wirklich, die Amerikaner lassen Sie frei herumlaufen?«
    »Warum denn nicht?«, fragte Sun Bingjun. »Schließlich habe ich ihnen den größten Teil meines Erwachsenenlebens geopfert, und jetzt präsentiere ich ihnen auch noch meinen Nachfolger. Diese Leute sind nicht so irrational, wie Sie immer denken.«
    »Natürlich sind sie das. Ich bin es, Sie auch, Sun Bingjun. Alle Menschen. Das auf der anderen Seite des Ozeans ist nur eine Ansammlung irrationaler Individuen, genau wie wir.«
    »Was war noch mal Ihre Lieblingslehre des Vorsitzenden Mao?«
    Zhu versuchte angestrengt sein Gegenüber ins Auge zu fassen.
    »Ach, jetzt fällt es mir wieder ein«, setzte Sun Bingjun hinzu. »Die permanente Revolution.«
    Zhu schwieg.
    »Sie müssen eine Entscheidung treffen, Xin Zhu.«

Teil 5
    American Express
    Freitag, 4. April bis Samstag, 9. August 2008

1
    In einem fensterlosen Raum im Bauch von Langley saß er George Erasmus Butler gegenüber, der eisernen rechten Hand des Direktors. Irwin hatte ihm eingeschärft: Denken Sie daran, dass die operativen Schwächen schon installiert waren, bevor Sie die Leitung übernommen haben. Erinnern Sie sie daran. Aber ihm war sofort klar, dass solche Argumente bei jemandem wie Butler verschwendet waren.
    Also starrte er über den Tisch und versuchte sich zu sammeln. Ab welcher Ebene in der Hierarchie einer Organisation wirkte sich die Position eines Mitglieds wohl auf sein Äußeres aus? Dergleichen erwartete man bei Butlers Chef, dem CIA -Direktor Quentin Ascot, doch im Schein der Neonleuchten glaubte er auch auf Butlers Haut einen Film wahrzunehmen, als würde er allmählich in Klarsichtfolie eingeschweißt für die Kameras. Die Politisierung der Seele.
    Seine Gedanken waren wieder abgeschweift. Konzentration!
    Butler lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tippte mit einem langen, knotigen Finger auf eine aufgeschlagene Akte. »Also, Drummond. Normalerweise verläuft bei solchen Vorgängen die Nachbesprechung ganz freundschaftlich. Fehler passieren, weil die Abläufe nicht richtig abgestimmt wurden, und das Ziel ist, diese Abläufe zu korrigieren. Aber hier …« Er senkte den Blick und schüttelte in gespielter Erbitterung den Kopf. »Hier sieht es so aus, als hätten wir den falschen Mann ans Ruder gesetzt. Schlampige Sicherheitsmaßnahmen. Das Öffnen von Akten für einen verdammten Maulwurf. Kontaktverfahren, die so starr waren, dass Sie nicht mehr eingreifen konnten, obwohl Sie schon wussten, dass jeder einzelne Ihrer Agenten von den Chinesen gesteuert wird. Ich meine … schauen Sie mich an. Ich bin nicht Ihr Feind. Sie selbst sind Ihr Feind. Zwei Monate am Ruder eines Schiffs, das sechzig Jahre unfallfrei gesegelt ist, und Sie rammen ein Riff. Sie haben das Schiff versenkt, Mann. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wie viel Geld wir für Ihre komische kleine Abteilung im Lauf der Jahre rausgeschmissen haben? Haarsträubend. Die Anreize – grenzenlose Kreditkarten, Flüge erster Klasse, die Kleidung , verdammt noch mal. Der

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