Die Spinne (German Edition)
erwiderte Alan.
»Genau. Was ich verlange, ist nichts Besonderes. Sie werden mir den Inhalt der Verschwörung schildern und mich in regelmäßigen Abständen informieren. Ich fordere Sie nicht zu einem Sabotageakt auf, zumindest noch nicht. Ich möchte einfach nur Bescheid wissen.«
Er begriff, dass das seine Chance war. Er konnte den Plan der anderen untergraben, damit als einzige Alternative der bedingungslose Krieg blieb, den er von Anfang an gesucht hatte. Aber da ist Pen, direkt vor meiner Nase. Oder er konnte den anderen im Gegenteil mit einer Lüge helfen. Er konnte Xin Zhu erzählen, was er selbst zu tun beabsichtigt hatte – ein Sprengsatz, um ihm Knochen und Organe zu zerfetzen –, und den anderen Gelegenheit geben, ihre eigenen Pläne voranzutreiben. So nah, dass sie sie berühren könnten. Doch weil Penelope unmittelbar vor einem von Xin Zhus Agenten stand, entschied er sich für die Wahrheit. »Ich bin nicht eingeweiht.«
» Sie sind nicht eingeweiht?«
»Richtig. Ich bin nur ein Befehlsempfänger.«
»Klingt nach Abstieg, Mr. Drummond. Ich hoffe, dass mein Vorgehen gegen Ihre frühere Abteilung keinen Beitrag zu Ihrem Niedergang geleistet hat. Sie konnten ja nichts dafür.«
Das war also die chinesische Version von Schadenfreude.
»Ist das dein Ernst?« Dorothy schaute ihn an.
»Mein voller Ernst. Damit ändert sich alles.«
»Warum?« Sie stellte die Frage mit unschuldiger Miene, die Evian-Flasche hing auf halbem Weg zum Mund in der Luft.
»Er hat den Braten gerochen.« Geduldig wie einem Kind erklärte er es ihr. »Es ist eine Sache, wenn er auf Leticia aufmerksam wird, aber das hier ist eine ganz andere Qualität.«
»Wir wussten, dass das kommt, Alan. Es war doch klar, dass er sie nach ihrer Abreise aus China bis zum sicheren Haus verfolgen wird.«
»Aber jetzt bedroht er meine Frau.«
»Glaub nicht, dass ich dich nicht verstehe, Alan. Ich mache mir große Sorgen – schließlich kenne ich Pen schon länger als du. Aber jetzt mal langsam. Hier geht es um mehr als um dich oder mich.«
»Was soll das denn überhaupt heißen?«
Kopfschüttelnd stellte sie das Wasser ab und rieb sich in einer Weise die Stirn, die darauf schließen ließ, dass sie für eine versteckte Kamera in diesem sicheren Haus posierte. »Es heißt, dass die Sache schon angelaufen ist. Wir brechen die Aktion nicht ab. Das geht einfach nicht. Wir müssen weitermachen, um keine Menschenleben aufs Spiel zu setzen.«
»Menschenleben?« Sein Mund war trocken. Seine Erbitterung setzte ihm so zu, dass ihm selbst die unausgegorene Argumentation entglitt, mit der er hier anmarschiert war. »Das Leben meiner Frau ist bedroht, wenn nicht für ihre Sicherheit gesorgt wird.«
»Dann schick sie doch weg, Alan. Wir können dir dabei helfen.«
Wenn sie ihm diesen Vorschlag sofort gemacht hätte, ohne langes Hin und Her, hätte er ihn vielleicht angenommen. Doch er glaubte nicht mehr daran, dass diese Leute Penelopes Sicherheit garantieren konnten, wenn es hart auf hart kam. Warum sollten sie sich überhaupt die Mühe machen? Hätte er sich an ihrer Stelle die Mühe gemacht?
Er schüttelte den Kopf. »Darum kümmere ich mich schon selbst.«
»Gut.« Sie verschränkte die Unterarme auf dem Tisch und umfasste die Ellbogen, als sie sich nach vorn lehnte. »Und jetzt zu dir. Dir ist doch klar, dass das ein Glücksfall ist.«
»Ihr habt ihn durch mich an der Angel«, sagte er mit monotoner Stimme.
»Ein Riesenfehler, er läuft uns voll ins Messer. Wie er darauf kommt, dass du dich nicht an uns wenden wirst, ist mir schleierhaft.«
»Weil er sich nicht an seine Vorgesetzten wenden würde. Dazu ist er zu schlau.«
Lächelnd nickte sie. »Es muss schrecklich sein, in so einem System zu arbeiten.«
»Allerdings.«
Zwei Tage später nahm er Verbindung auf. Er war zwar nicht dabei gewesen, als die Company in regelmäßigem Austausch mit der Jugendliga gestanden hatte, doch in seiner Zeit als Leiter der Abteilung Tourismus war er in den Akten auf das alte Kontaktverfahren gestoßen. Eine Anzeige in der New York Post , die von einem Exilchinesen in der Bronx studiert wurde, dann ein Treffen auf der Fähre um 9.15 Uhr von Whitehall nach Staten Island mit einem Gedichtband von Charles Bukowski in der Hand.
Bukowski?
Was tat man nicht alles, um nicht belauscht zu werden.
2
Als er auf dem Flug nach Seattle den Ehering vom Finger zog, suchte ihn die Furcht vor dem Scheitern zum ersten Mal heim. Das zweite Mal auf der Fahrt nach Norden
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