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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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vergangenen Jahr waren Stephanie und Sarah Erzfeindinnen gewesen, doch wie bei so vielen Beziehungen zwischen Kindern kannten sie nur Extreme, und als sie sich füreinander erwärmten, wurden sie – trotz gelegentlicher Scheidungsandeutungen – zu besten Freundinnen für immer.
    Milo hatte nur die Aufgabe, sich um das Essen zu kümmern, und er entschied sich dummerweise dafür, selbst zu kochen. Hähnchenfajitas mit frischer Salsa, Guacamole und saurer Sahne. Als Tina von der Arbeit heimkam, stibitzte sie ein Stückchen Fleisch und verzog das Gesicht. »Hast du schon probiert?«
    »Weiß nicht.«
    »Du hast das Salz vergessen.«
    Das war leider wahr, und sein imposant wirkendes Gericht hatte kaum Geschmack. Zwar bestreute er alles noch großzügig mit Salz, aber es war nicht das Gleiche, und wenig später konstatierte er die gemessene Verblüffung in Penelope Drummonds Gesicht, als sie eifrig den ersten Bissen in den Mund schob. Sie und ihr Mann waren bekannte Feinschmecker, die einen großen Teil ihres Einkommens in neuen Restaurants ausgaben und sogar den Werdegang bestimmter Köche verfolgten. Trotzdem aß sie schweigend weiter. Doch nach einer Weile runzelte sie schließlich die Stirn. »Ist irgendwas?«
    »Was soll denn sein?«, erwiderte Tina.
    »Irgendwas ist hier faul.« Pause. »Ihr habt euch doch nicht etwa einen flotten Dreier vorgestellt, oder? Ich bin zwar wieder Single, aber im Grunde meines Herzens immer noch anständig.«
    Alle lachten ein wenig zu laut, und Milo fragte sich, wie Tina die Sache angehen wollte. Sie hatte darauf bestanden, Penelope selbst zu verständigen, aber wie bringt man einer Frau bei, dass ihr Mann verschwunden ist? Am besten wohl nicht beim Essen. Vielleicht vor dem Nachtisch? Plötzlich fiel ihm siedend heiß ein, dass er vergessen hatte, Eis einzukaufen.
    »Nein, wirklich.« Penelopes mit Guacamole bekleckerte Gabel verharrte über ihrem Teller. »Ihr habt doch irgendwas.«
    In diesem Moment traten Tina trotz des unschuldigen Lächelns auf ihrem Gesicht die Tränen in die Augen, und Milo war klar, dass ihre Pläne, wie sie auch ausgesehen haben mochten, jetzt Geschichte waren.
    Penelope legte die Gabel weg und streichelte Tinas Handgelenk. »Wenn es euch so viel bedeutet, okay, dann schlafe ich mit euch.«
    Tina lachte erneut, aber kläglich, und schüttelte den Kopf.
    »Das ist es nicht«, warf Milo hilflos ein.
    Ohne Tinas Arm loszulassen, hob Penelope den Blick zu ihm. »Also gut, Milo. Dann erklär es mir.« Sie blieb ganz kühl.
    »Ja, gleich.« Er wischte sich die Lippen mit einer Serviette ab und ging in die Küche, um eine weitere Flasche Wein zu holen.
    Während er mit dem Korken beschäftigt war, hörte er Flüstern aus dem Wohnzimmer und dann ein lautes »Was?«. Das war Penelope. Als er zurückkam, hatte Tina ihre Tränen getrocknet und hielt die Hand ihres Gastes.
    Auch Penelope weinte nicht, sondern starrte bloß auf ihr fades Essen. Schließlich funkelte sie Milo an. »Raus damit.«
    »Ich weiß nicht viel.« Milo blieb mit der Flasche in sicherem Abstand vom Tisch stehen. »London, das Rathbone Hotel. Wenn er nur verschwunden wäre, wäre das eine Sache, aber jemand hat die Hotelkameras komplett abgeschaltet. Da ist alles möglich.«
    »Alles?«
    »Eine Entführung gilt als wahrscheinlich.«
    »Oder Mord?«
    Er zögerte.
    »Also?«
    »Möglich ist es, allerdings gibt es keine Anzeichen dafür.«
    Sie hielt seinen Blick. »Wer?«
    »Das weiß noch niemand. Sie arbeiten daran.«
    »Du?«
    »Ich werde nachforschen.«
    Dann stand sie auf, und Tina, die sich immer noch nach vorn lehnte, beobachtete sie. Penelopes Wangen wurden rot, und sie schien etwas sagen zu wollen, doch nichts kam heraus. Sie steuerte auf den Flur zu und zögerte, doch dann, nachdem sie ihre Handtasche an sich genommen und die komplizierten Türschlösser aufgefummelt hatte, marschierte sie aus der Wohnung.
    Eine Stunde später kam sie wieder. Inzwischen hatte Milo das Geschirr in die Spülmaschine und die Reste des Essens in den Kühlschrank geräumt, während Tina am Tisch sitzen geblieben war und allmählich eine halbe Flasche Wein trank. »Ich hab’s total falsch gemacht«, wiederholte sie mehrfach, und jedes Mal versuchte Milo, sie zu trösten: »Da kann man nichts richtig machen.«
    Dann klingelte Penelope unten und sagte nur: »Ich bin’s.« Als sie vor der Schwelle stand, war ihre blonde Mähne auf der linken Seite eingedrückt, und es war klar, dass sie getrunken hatte.
    »Kann ich

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