Die Spinne (German Edition)
Mischung aus dem Mittagessen, der alten Schussverletzung und Alan Drummond herrührte. Am besten, so beschloss er, kümmerte er sich gar nicht mehr um seinen ehemaligen Chef.
Doch wie so oft im Leben erwiesen sich seine Wünsche als fruchtlos. Die Erde dreht sich weiter, und niemand existiert allein, auch wenn er sich noch so anstrengt. Die Wünsche anderer kommen ins Spiel und wirken sich mit ihren dunklen Zielen auf unsere Stunden und Tage aus.
Dass dies so war, erkannte er, als er den Blick von der weißen Gebäckschachtel auf seinem Schoß hob und gegenüber eine sinnliche dunkelhäutige Frau mit einem breiten Lächeln auf den Lippen bemerkte. Sie schaute ihn nicht an, doch er war offensichtlich der einzige Mensch in dem Wagen, für den sie sich interessierte.
8
Einer instinktiven Regung folgend griff er in die Tasche und ließ den Akku aus seinem Handy schnappen. Auch dass er sie nicht ansah, war Instinkt, ebenso die plötzliche Aufmerksamkeit für das, was er aus dem Augenwinkel wahrnahm, als er sich erhob und am Union Square ausstieg. Als er die Fourth Avenue zum Park überquerte, stieß der gewaltige Metronome-Turm gerade weißen Dampf aus und zeigte die Zeit: 13.14 Uhr.
Sich umzusehen hatte keinen Sinn. Leticia – oder Gwendolyn oder Rosa – würde auf ihn zukommen, sobald sie sicher war, dass er nicht beschattet wurde. Also folgte er dem Saum des Parks nach Norden, vorbei an einer riesigen Freiluftparty mit vielen jungen Leuten und patrouillierenden Polizisten, zur East Seventeenth Street. Dort schob er sich ein Nicorette in den Mund und strebte hinunter in die Underbar des W Hotel. Nach dem Sonnenlicht brauchten seine Augen einen Moment, um sich an das Dunkel zu gewöhnen und die verstreuten Paare wahrzunehmen. Er steuerte direkt auf die Bar zu. Eine betörend attraktive Barfrau fragte, ob es ihm gut ginge, und er bejahte. Nach dem Wodka Tonic in Drummonds Wohnung am Mittwoch waren keine echten Probleme aufgetaucht, also entschied er sich für den nächsten Schritt. »Ketel One Martini, bitte. Trocken. Ohne Eis, zwei Oliven.«
»Ein Mann, der weiß, was er will.« Sie wandte sich ab, um nach einem Glas zu greifen.
»Machen Sie gleich zwei, ich erwarte eine Bekannte.«
Fünf Minuten später traf Leticia ein und setzte sich wortlos auf den Hocker neben ihm. Sie trug eine leichte indigoblaue Bluse, durch die man bei besserem Licht garantiert die Marke ihres BHs erkennen konnte, und ihr Haar kringelte sich in losen Locken bis zum Hals. Milo schob ihr einen Martini hin.
»Sie gehen aber ran, Mister.«
»Dein Haar gefällt mir, Gwendolyn.«
Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. Sie roch nach Mandelöl. »Baby, für dich bin ich immer Leticia.«
Die Barfrau bedachte sie mit einem Lächeln, daher zogen sie sich an einen kleinen Tisch in der Nähe der Wand zurück und setzten sich eng zusammen. »Du hast niemanden gesehen, oder?«, fragte er.
Sie nahm einen Schluck und kräuselte die Nase. »Mhm, lecker.«
»War jemand hinter mir her?«
»Männlich. Eins achtundsechzig. Um die achtzig Kilo.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
»War er von der Company?«
»Wahrscheinlich.«
»Gut. Er wird es überstehen.«
Er hatte gute Lust, ihr einen Vortrag zu halten, aber es ließ sich sowieso nicht mehr ändern. Sie verhielt sich noch immer wie eine Touristin – rücksichtslos und entschlossen. »Willst du es mir verraten?«
»Es war ganz einfach.« Sie hob die linke Hand, die Finger flach. In ihren langen bemalten Nägeln spiegelte sich das schwache Licht. »Siehst du meine Handkante?«
»Alan. Erzähl mir von Alan.«
Leticia senkte die Hand wieder und ließ den Blick durch die schummerige Bar wandern, während sie den nächsten Schluck nahm. »Das war nicht meine Schuld. Es war nicht meine Aufgabe, Bodyguard für ihn zu spielen.«
»Leticia.«
Sie berührte den Stiel ihres Glases. »Er hat mir gesagt, dass du nicht dabei bist.«
»Ich war nie dabei.«
»Na ja, er dachte, er kann dich ins Boot holen.«
»Durch die Verwendung meines Namens? Da hat er sich getäuscht.«
»Aber jetzt willst du mitmachen.«
»Nein, ich will nicht mitmachen. Ich will nur erfahren, was los ist. Er ist nicht tot, so viel weiß ich.«
»Dann weißt du mehr als ich«, bemerkte sie.
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen , Baby, dass sein Verschwinden zu keinem mir bekannten Plan gehört.«
Milo dachte kurz nach und nippte an seinem Martini. »Warum erzählst du mir dann nicht einfach von dem Plan,
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