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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Johanna lachte sie freundlich an, bemerkte die verweinten Augen, das frisurlose Haar.
    »Louise, ich müsste dich kurz sprechen, kann ich reinkommen?«
    »Ich bin nicht auf Besuch eingerichtet, könntest du vielleicht später noch einmal …«
    »Louise, ich komme nicht zum Plauschen. Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt, lass uns reden.«
    Einem Wasserfall ähnlich lösten sich ihre Tränen, tropften von ihrem Unterkiefer und sammelten sich als kullernde Perlchen auf dem Angoraflor ihres Pullovers. Johanna legte ihr den Arm um die Schulter, führte sie ins Wohnzimmer und bugsierte sie auf das Sofa. Sie setzte sich neben die bebende Frau und fischte ein Paket Papiertaschentücher aus der Jackentasche, ließ ihre Nachbarin eines aus der Kunststoffhülle zupfen. »Na, na, ist es so schlimm?«
    Louise nickte und geriet ins Schluchzen, wies dabei auf die edel ausgestattete Hausbar. »Schenkst du uns einen Cassis ein? Die große Karaffe rechts hinten.«
    Johanna stand auf, konnte sich bei der Vielzahl der unterschiedlichen Gläser für keines entscheiden. Louise schniefte ins Papier und blickte auf. »Nimm die kleinen Römer, ich brauche jetzt muntere Farben und was Starkes.«
    Johanna schenkte ein dunkelrotes, zähes Getränk in geschliffenes Bleikristall. Louise erhob mit übertriebener Geste ihr Glas. »Lass uns anstoßen.«
    »Worauf sollen wir trinken?«
    Die verweinte Frau mit dem strubbeligen Haar überlegte einen Moment. »Auf meine Zukunft ohne Alfons.«
    Es brach aus ihr hervor, den Tränen folgte ein verbales Stakkato. »Darauf, dass ich meine Augen nicht mehr vor der Realität verschließe, und darauf, dass ich endlich von diesem Scheißkerl genug habe. Ich habe hier lange genug wie eine Trophäe in der Vitrine gestanden, ich hab mich mit drittklassigem Luxus abspeisen lassen und zugeschaut, wie der Kerl über die Dörfer geht. Prost.«
    Sie leerte das Glas in einem Zug, ging zur Hausbar und schenkte sich selbst nach. »Vorhin habe ich einen Beleg aus einem Secondhand-Laden für Schmuck gefunden. Die letzten beiden Ringe hat er gebraucht gekauft und in Xanten in edle Kästchen verpacken lassen, das ist doch unmöglich! Meine besten Jahre habe ich dem Kerl geschenkt, auf Kinder verzichtet, weil er ja keine zeugen kann, und habe Dinge gelernt, die man im Leben da draußen nicht braucht. Auf dich, du Lehrmeister der Tristesse.«
    Erneut füllte sie ihr Glas. Johanna ließ sie gewähren, es schien eine äußerst interessante Begegnung zu werden. Sie brauchte hier keine Fragen zu stellen, alles lief wie von selbst. Louise stand vor der Bar und skandierte wie eine Schauspielerin in einer drittklassigen Provinzposse.
    »Der Mann verfügt über eine Potenz wie ein Zuchtbulle, nur bringt er keine Kälbchen zustande. Deshalb muss er sich anders beweisen. Weißt du eigentlich, mit wie vielen Frauen er mich in all den Jahren betrogen hat? Ja, schau nicht so, liebe Nachbarin, mein treu sorgender Gatte macht vor keiner Halt, die unter vierzig, nett angezogen, dezent geschminkt und willig ist. Der hat bislang alles vernascht, was ihm in greifbare Nähe geriet, und mir anschließend seine Reue und seine Liebe beteuert. Ich kann ihm an der Nasenspitze ansehen, wann es wieder so weit ist. Es läuft immer gleich ab. Er parkt den Wagen, schließt die Tür auf … ich höre ihn förmlich.«
    Sie brauchte noch einen Schluck und gleich noch einen hinterher, während Johanna an ihrem ersten Glas nippte.
    »Er trällert, schmeißt seine Jacke in die Ecke und streift die Schuhe ab, dann geht er ins Bad und lässt alles andere fallen, was nach fremdem Parfüm und außerehelichem Sex riecht. Er duscht ausgiebig und trällert dabei weiter, danach sitzt er mir, nur mit einem Handtuch um die Hüften, gegenüber. Es folgt die reuige Beichte. Er braucht nichts zu sagen, weil ich schon alles weiß, aber das erkennt er nicht. Er plappert einfach los. Es wäre schon wieder passiert, es täte ihm leid. Er wüsste nicht, was über ihn gekommen sei, er habe das nicht gewollt, aber sie habe ihn so verdammt scharf angestarrt, da sei es geschehen. Oder sie habe so teuflisch gut gerochen, da konnte er nicht anders. Oder sie sei ihm auf der Treppe zu nahe gekommen, da habe es gefunkt, oder, oder, oder. Immer sind die Frauen für seine Schwäche verantwortlich, nie er selber.«
    Die Karaffe leerte sich, und das Sprechtempo der alkoholisierten Louise verlangsamte sich.
    »Jede Sekretärin hat er vernascht. Die ganzen Nicoles und Tanjas, die Jennifers

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