Die Spionin im Kurbad
Portion, die mir sehr gut mundete. Ach, was war ich für ein Leckermäulchen geworden.
Altea kam von ihrem Morgenspaziergang zurück und brachte die Haarbürste mit. Eine lange Zeit war ich gar außer mir. Bei dieser wundervollen Striegelei erzählte sie mir, dass sie dem Zeitungsmenschen meine Geschichte verkauft habe und sich nun doch den hübschen gelben Hut kaufen würde. Später machte dann der General den Damen seine Aufwartung und nahm Altea kurz zur Seite, um ihr zu sagen, dass er gestern noch eine Depesche an einen Offizierskameraden in Potsdam geschickt habe, der Viola zurückbegleiten sollte.
Dann bot er Altea und Mama an, sie später abzuholen, um sie zu Oppens Beerdigung zu geleiten. Die beiden Damen zogen sich zurück und erschienen nach einer Weile wieder. Altea hatte das hübsche grauweiße Kleid an, aber einen schwarzen Spitzenumhang über Kopf und Schultern gelegt. Mama trug Dunkelgrau und einen schwarzen Hut mit einer einzelnen grauen Rose darauf. Beide wirkten sehr distinguiert und elegant.
Für mich aber wurde es allmählich Zeit, den großen Coup auszuführen.
Mit glänzendem Fell und wohlgesättigt machte ich mich auf die Pfoten. Unten an der Kurpromenade wartete schon Bouchon auf mich.
» Hübsch siehst du aus, Sina.«
Ich streckte mich und drehte mich. Ja, gepflegt sah ich aus.
» Vincent ist auf der Jagd nach Lord Jamie.«
» Hoffentlich findet er ihn. Und jetzt auf ins Abenteuer.«
» So ganz richtig ist das ja nicht, was wir vorhaben.«
» Warum nicht?«
» Man maust nichts von Menschen.«
» Uh …«
» Doch, hat der Freiherr mir heute noch mal eingeschärft. Ich hab nämlich geübt.«
» Mausen?«
» Ja. Sein Portemonnaie. Er hat mich aber erwischt.«
» Dann musst du eben mehr üben.«
» Aber ich darf doch nicht …«
» Uh …«
» Na, wenn du meinst.«
Wir trotteten nebeneinander über die Brücke, und einige der dort flanierenden Herrschaften warfen bewundernde Blicke auf den schönen grauen Stopfen. Gut, dass er sein Halsband trug. Kathy wartete am Ende der Brücke. Wir gaben uns kurz und freundschaftlich die Nase.
» Fisch zum Frühstück?«
» Mhm, und du hattest Sahne.«
» Mhm. Der neue Maler. Bestechung. Damit er Skizzen von mir über einem blauen Napf machen kann.«
» Kann man akzeptieren. Hast du was über Bette rausgefunden?«
» Ja, war wirklich nicht schwierig. Dritter Stock, zur Lahnseite hin, ganz hinten im Haus. Sie ist vor einer Weile davongesegelt, ganz in Rosa und Weiß.«
» Schön. Bouchon, siehst du das da oben?«
» Seh ich.«
» Die Zimmermädchen richten jetzt die Räume, dabei machen sie die Fenster zum Lüften auf. Siehst du, die letzten sind noch zu.«
» Und wann schließen sie sie wieder?«
» Wenn sie den Gang durch sind. Du hast also ein bisschen Zeit.«
» Das ist gut. Ich werde gründlich suchen müssen.«
» Romanow streicht hier auch rum. Den hast du vielleicht beeindruckt!«
» Mach ich nicht gerne.«
» Ach was, er wird was draus gelernt haben. Willst du durch den Garten oder durch den Haupteingang?«
» Besser durch den Haupteingang, dann kenne ich wenigstens eine weitere Fluchtmöglichkeit.«
» Gut, ich wart dort drinnen auf dich.«
Romanow kam ebenfalls angeschwänzelt. Zwar gab er sich knurrig, war aber offensichtlich bereit für ein Abenteuer.
Wir beobachteten die Lage, und er meinte: » Ist um diese Zeit ruhig. Die Menschen sitzen an ihren Futternäpfen.«
» Dann will ich mal auf Beutezug gehen. Wenn ich kreische, macht Theater.«
» In Ordnung.«
Ich schlich also an der Hauswand entlang zum Eingang und belauerte ihn. Als eine Dame und ein Herr durch die Tür auf die Straße traten, huschte ich hinein. Direkt an die Wand hinter einen Pflanzkübel. Wittern. Ja, Kathy war da, nur wenige Schritte entfernt, halb hinter einer Portiere versteckt. Menschliche Einrichtungen waren ja so was von nützlich. Ein gewichtiger Mensch mit buntem Klimbim auf dem Anzug blätterte in einem gewichtigen Buch, das auf einer glänzenden Holztheke lag, zwei uniformierte Jünglinge mit putzigen Kappen auf den Köpfen bemühten sich, unbeteiligt auszusehen. Sie waren gefährlicher als der Mann an dem Empfangstresen. Sie waren gelangweilt und würden sich einen Spaß daraus machen, uns zu jagen.
» Da hinten lang«, gab mir Kathy zu verstehen, und wir huschten zu einem kleinen Koffergebirge. Von dort aus erklommen wir eine Treppe. Einmal mussten wir uns sehr eilig verstecken, als zwei Frauen in weißen Schürzen und
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