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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und immer auf der Suche nach eindrucksvollen Motiven.«
    » Ich hörte von Ihnen, Herr Tigerstroem.«
    » Ich hoffe, nicht in unerfreulicher Weise.«
    » Nein, man spricht davon, dass Sie ein wahrer Künstler mit der Linse sind. Entschuldigen Sie, dass ich nicht aufstehe, aber – mhm – dies hier ist ein zu großer Vertrauensbeweis, als dass ich den Katzenkinderschlaf stören möchte. Und ich werde Sie auch nicht in den Garten bitten.«
    » Das verstehe ich vollkommen. Aber, gnädige Frau, wenn ich die Bitte äußern dürfte – falls dieses kätzische Vertrauen sich so weit erstreckt, dass das possierliche Tierchen geneigt wäre, sich mit Ihnen ablichten zu lassen, würde ich Sie beide gerne als Modell engagieren.«
    Altea wirkte einen Augenblick verwirrt. Und der Kater erwachte, streckte sich, plusterte seinen erbärmlich kleinen Schwanz auf und fauchte Tigerstroem an. Dann hopste er von seinem Lager und versteckte sich hinter mir.
    » So viel zum Thema Vertrauen. Ich fürchte, Herr Tigerstroem, aus dem Modellsitzen wird nichts.«
    » Es muss ja nicht gleich heute sein. Diese Mutterkatze …«
    » Sie heißt Sina.«
    » Also, Madame Sina scheint ein weit größeres Vertrauen zu haben. Vielleicht kann sie ein gutes Wort bei dem jungen Herrn einlegen.«
    » Ist er ein Herr?«
    » Das weiß man zwar nie so genau, aber ich möchte es fast annehmen. Er hat eine gewisse männliche Ausstrahlung.«
    » Ah ja?«
    Altea blickte zu uns hinunter.
    » Sina, ist das ein Kater?«
    » Mau«, bestätigte ich und leckte demonstrativ über den Kopf des Kleinen.
    Tigerstroem gab ein erstauntes Lachen von sich.
    » Sieht aus, als verstünde Madame Sina Sie.«
    » Sie ist eine ausgesprochen kluge Katze, Herr Tigerstroem. Ich denke, ja, sie versteht sehr viel. Aber dass ich sie zum Modellsitzen überreden kann, bezweifle ich.«
    » Könnte ich Sie, gnädige Frau, denn dazu überreden?«
    » Mich, Herr Tigerstroem?«
    » Sie haben ein ausdrucksstarkes Gesicht, gnädige Frau. Es fasziniert mich.«
    Nun klang Alteas Lachen einen Hauch bitter. Sie erhob sich, ergriff ihren Stock und humpelte zum Gartentörchen.
    » Ich bin wohl nicht ganz das, was ein Modell ausmacht.«
    Er verbeugte sich.
    » Sie glauben, nur das, was das gemeine Volk unter Vollkommenheit versteht, sei es wert, von einem Künstler abgebildet zu werden?«
    » Ich glaube kaum, dass wer auch immer an dem Bild einer Hinkenden großen Gefallen findet.«
    Tigerstroem erstaunte mich. Er sah Altea sehr ernst an.
    » Madame, Sie unterschätzen sich maßlos. Offiziere schmücken sich mit funkelnden Orden, um ihre Tapferkeit der Welt unter die Nase zu reiben. Die Ihre wirkt weit eindringlicher.«
    » Woher wollen Sie das wissen, Herr Tigerstroem?«
    » Ich war in Frankreich. Ich habe Lazarette gesehen. Und die Frauen, die für die Verwundeten sorgten. Unter Einsatz ihres Lebens, Komtess von Lilienstern.«
    » Die Komtess ist dort gestorben, Herr Tigerstroem.«
    Ich wusste es doch. Ich wusste doch, dass sie ein tiefes Leid mit sich trug. Ich schubste den Kleinen zur Seite und schmiegte mich an ihr Bein.
    » Wie Sie wünschen, gnädige Frau.«
    » Und die ist ein Fräulein geblieben.«
    Wieder verbeugte er sich, ziemlich tief.
    Altea hatte ihre Hand auf das Gatter des Törchens gelegt und schaute in den Wald hinter den Gärten. Nein, ihre Miene war nicht ausdruckslos. Es spiegelte sich Kummer darin, Bitterkeit vielleicht und Trauer.
    » Sie wollen vergessen, nicht wahr?«
    » Ich kann es nicht.«
    » Und doch gaben Sie zusammen mit dem Kätzchen ein Bild tiefen Friedens ab. Lassen Sie mich einige Photographien von Ihnen machen. Vielschichtige Menschen findet man selten. Ach, ich sollte hinzufügen, dass ich selbstverständlich ein entsprechendes Honorar zahle. Sie opfern Ihre Zeit nicht umsonst, gnädiges Fräulein.«
    Altea neigte sich zu mir hinunter und kraulte mich zwischen den Ohren. Eine Übersprungshandlung – zwischen den Ohren kratzte ich mich auch immer, wenn ich nicht recht wusste, was ich von einer Sache zu halten hatte.
    Dann richtete sie sich energisch wieder auf.
    » Sie scheinen sehr viel über mich zu wissen, Herr Tigerstroem.«
    » Ein wenig. Mein Freund Rudolf Oppen war Kriegsberichterstatter.« Tigerstroem verzog seine Lippen zu einem schiefen Lächeln. » Auch er hat ein Opfer gebracht. Eine Lungenverletzung – ihretwegen sind wir hier und hoffen auf Linderung.«
    » Das tut mir leid zu hören. Allerdings kann ich mich an ihn nicht erinnern – und auch an Sie

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