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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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recht gut aus.«
    » Dann verraten Sie mir doch mal, was dieser Herr dort vorn betreibt?«
    Der Freiherr wies auf den Karierten.
    » Ach, der. Das ist Lord Jamie Fitzmichael. Soweit ich hörte, absolviert der junge Mann seine Kavalierstour auf dem Kontinent.«
    » Aber warum versammeln sich die Damen und Herren um ihn wie Tauben, denen man Körner hinwirft?«
    » Er bietet Wetten an.«
    » Bestimmt? Wie eigenwillig. Und man nimmt sie offensichtlich an.«
    » Sehr lange sind Sie noch nicht hier, habe ich das Gefühl. Sie haben das große Manko der Kur noch nicht kennengelernt.«
    » Das da ist?«
    » Langeweile. Absolut niederschmetternde Langeweile. Und jeder hier versucht sie auf seine Art zu vertreiben.«
    » Mit Wetten.«
    » Zum Beispiel. Denn da Seine Majestät der Kaiser befunden hat, dass es der preußischen Lebensführung nicht entspricht, ein Spielkasino zu besuchen, wurde das hiesige soeben geschlossen. Damit ist eine Quelle der Belustigung und Aufregung versiegt.«
    » Und gewandte Figuren wie jener Lord Jamie füllen diese Lücke selbstverständlich aus. Ja, das ergibt Sinn.«
    » Man kann es den Kurgästen nicht verdenken, dass sie sich nun unter der Hand vergnügen. Ich fürchte, es werden auch in einigen Pensionen in den Hinterzimmern Glücksspiele betrieben.«
    » Das fürchten Sie zu Recht. Sie haben im Haus Germania Quartier genommen. Sind Sie zufrieden dort?«
    Ich drehte mein Ohr erwartungsvoll nach oben. Konnte Altea lügen?
    » Es gibt einen wirklich schönen Garten dort, und Mama und ich nehmen gerne unsere Mahlzeiten auf der Terrasse ein. Und unsere Kartenspiele beschränken sich auf Canasta und Patiencen.«
    Das war nicht gelogen. Aber die ganze Wahrheit war es auch nicht. Geschickt von Altea.
    » Das hört sich wundervoll an. Wir müssen immer in dem stickigen Speisesaal unsere Mahlzeiten zu uns nehmen.«
    » Besuchen Sie doch mal den Gasthof Zur goldenen Traube, dort serviert man auch im Garten.«
    » Eine hervorragende Idee. Aber nur, wenn Sie und Ihre gnädige Frau Mama mich dabei begleiten.«
    Altea lachte leise.
    » Die gnädige Frau Mama wird entzückt sein. Dann kann sie sich einmal gepflegt satt essen, ohne sich immer peinlich berührt zu fühlen, weil ich unsere kargen Portionen mit Beigaben aus der Garküche ergänze.«
    » Woraus ich schließen kann, dass die Wirtin knauserig ist.«
    » Ja, man könnte die Bewirtung guten Gewissens als frugal bezeichnen.«
    » Umso mehr wird es mir eine Freude sein, Sie zu einem üppigen Mahl einzuladen. Würde es Ihnen morgen Mittag genehm sein?«
    » Ich nehme im Namen von Mama dankend an, Herr Dr. de Poncet. Wird Monsieur Bouchon Sie begleiten?«
    Der Freiherr lachte auf.
    » Monsieur wird es vorziehen, en salon zu speisen. Aber wenn es Ihnen recht ist, werde ich meinen Neffen mitbringen. Er ist viel zu ungesellig und bedarf dringend weiblicher Aufmunterung.«
    Altea rutschte über mir leicht auf der Bank hin und her.
    War ihr der Neffe unangenehm?
    » Überreden Sie ihn zu nichts, was ihm zuwider sein könnte«, sagte sie mit einer Stimme, in der eine gewisse Brüchigkeit mitschwang.
    » Was sollte ihm an der Begleitung zweier reizender Damen zuwider sein? Ah – fragen wir ihn selbst. Da kommt er eben die Promenade hinunter.«
    Der Freiherr stand auf und winkte dem steifen Neffen zu. Gehorsam kam der angetrabt. Und verlangsamte abrupt seine Schritte. Eine mehr als steife Verbeugung und ein gemurmeltes: » Onkel Dorotheus?«
    » Vincent, mein Junge, ich meine mich erinnern zu können, dass du Fräulein von Lilienstern schon einmal erwähntest.«
    » Verzeih, Onkel Dorotheus. Aber du weißt, mein Gedächtnis weist noch immer bedauerliche Lücken auf. Gnädiges Fräulein, ich hoffe, Sie entschuldigen, wenn es mir entfiel, sollten wir uns schon einmal begegnet sein.«
    Ich drängte mich an Alteas Beinen vorbei und streckte meinen Kopf unter den Volants ihres Rockes hervor. Das war wichtig zu beobachten.
    Der Neffe, stocksteif, in einer offiziellen Kleidung, die ihn als amtlichen Menschen auswies, zeigte keinerlei Bewegung in seiner Miene und schaute Altea auch nicht an.
    Da stimmte etwas nicht.
    Alteas Hände umklammerten die Kante der Bank und waren weiß an den Knöcheln.
    Da stimmte aber irgendetwas ganz und gar nicht.
    » Natürlich verzeihe ich Ihnen, Rittmeister.«
    » Major, gnädiges Fräulein.«
    Autsch, auch noch mit dem falschen Rang angeredet.
    Gleich würde der auch noch mit den Hacken knallen. So einer war das wohl.
    Andererseits

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