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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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bekrakeltes Papier, das ein ganz klein wenig nach welken Blumen duftete. Ich schob die oberen Blätter zur Seite und stieß auf ein blaues Seidenband, das um wenige Blätter gebunden war. Nicht nur Blätter, sondern auch eine vertrocknete Rose. Daher ein Teil des Blumenduftes. Aber nicht Rosenduft war es, der diesem Papier entströmte. Ich sog die Luft durch den Mund ein, flehmte, um auch noch den allerletzten Hauch aufzunehmen und zu identifizieren. Flieder. Maiblumen. Altea.
    Ganz, ganz vorsichtig schob ich die Kralle unter das Papier und hob es an. Unten drunter war wieder ein Bild. Es gelang mir, einen Blick darauf zu werfen, ohne es umzudrehen. Denn das hätte die trockene Blume zerstört.
    Nichts, was Altea betraf, wollte ich kaputt machen.
    Auf dem Bild war sie.
    So jung, so hübsch, in einem duftigen Kleid, Rosen im Haar. Ohne Stock, die Haare locker um ihr Gesicht gebauscht.
    Ich ließ den dünnen Packen sacht zurückgleiten.
    Er hatte sie nicht vergessen, der steifnackige Vincent.
    Ich sah mich in dem Raum um – pfui, was hatte ich für eine Unordnung hinterlassen. Besser, ich verdrückte mich, bevor Vincent zurückkam und mich als Verursacherin entdeckte. Nachsinnen konnte ich später noch. Also wieder aus dem Fenster, über den Balkon, das Dach zu den Räumen des Freiherrn.
    Bouchon saß noch immer dort, wo ich ihn verlassen hatte, und schaute auf die Straße. Er zuckte zusammen, als ich neben ihm auf den Boden plumpste.
    » Ich versuche mich dran zu gewöhnen«, murmelte er. » Jetzt ist mir nicht mehr ganz so schwindelig.«
    » Ja, man kann es üben. Ich bringe meinen Kindern in den nächsten Tagen auch das Klettern bei. Das hat deine Mama wohl verabsäumt.«
    » Wir durften nicht. Meine Schwester ist mal die Gardinen hochgeklettert. Da hat die Frau sie gescholten und ins nasse Wasser gesteckt.«
    » Pfui, wie gemein.«
    » Ja, Wasser ist fies. Also habe ich es gar nicht erst probiert, das mit dem Klettern. War vielleicht ein Fehler. Ob ich mal hier an den Portieren …«
    » Bouchon, tu es nicht. Versuch es lieber an einem Baum. Ich zeig dir bei Gelegenheit einen.«
    » Oh, das würdest du tun?«
    » Natürlich.«
    » Fein. Hast du was gefunden?«
    » Oh ja. Ein Abbild von Bisconti besitzt Vincent wirklich. Und es ist das, was er gestern bei sich trug. Ich glaube, der ist derselbe Mann wie dieser Luigi Ciabattino. Er hat das Bild nämlich bei sich getragen, es roch noch nach ihm.«
    » Ah, ich weiß, welches du meinst. Ein Mann mit dunklen Haaren, ein bisschen speckig nach hinten gekämmt, an den Schläfen grau, ein feiner Anzug, ein kleines goldenes Hufeisen in der Krawatte.«
    » Das ist es.«
    » Ja, das trägt er manchmal mit sich. Er zeigt es Leuten und fragt, ob sie den Mann gesehen haben. Aber einen Namen hat er nie genannt.«
    » Dann sucht er ihn wirklich. Aber ich habe noch etwas gefunden, Bouchon. Ein Bild von Altea, mit einem Brief und einer vertrockneten Rose.«
    Bouchons goldene Augen leuchteten auf.
    » Er denkt an sie, nicht wahr?«
    » Ja, er denkt an sie.«
    » Und er glaubt nicht, dass sie mit Bisconti den Verrat begangen hat.«
    » Eigentlich glaubt er es wohl nicht – und er ist unglücklich darüber, dass sein Verstand ihm sagt, dass es so sein könnte.«
    Bouchon brummelte vor sich hin.
    Der Kater war ja so was von sentimental.
    » Sie war vorhin da unten.«
    Ich starrte durch das Gitter.
    » Nein, jetzt ist sie schon lange wieder weg. Sie spazierte mit einem sehr distinguierten Herrn an der Römerquelle vorbei. Dort unterhielt sich Vincent mit zwei Damen, und als sie vorbeiging, grüßte er sie mit einer sehr kleinen Verbeugung. Aber er sah ihr lange nach.«
    Im Nachbarzimmer klappte die Tür zu. Und eine laute Verwünschung drang zu uns auf den Balkon.
    » Mäusemist, ich glaube, ich sollte verschwinden!«
    » Sina!«
    Schon war ich über die Brüstung, in der Regenrinne.
    » Siiina!«
    » Später, Bouchon«, maunzte ich zurück und sprang. Auf dem unteren Balkon kam ich glatt auf dem Boden auf. Auch da auf die Brüstung und einen kühnen Satz an der Markise vorbei. Ein kleines Mädchen quietschte erstaunt auf. Ich schenkte ihm keine Beachtung, sondern flutschte zwischen Röcken und Stiefeln hindurch, bis ich die Straße erreicht hatte. Ein kurzes Verharren, damit mich nicht ein unbedachter Pferdehuf oder ein Kutschenrad erfasste, dann war ich auf der anderen Seite und flüchtete mich in unseren Garten.
    War ein bisschen feige von mir, denn vermutlich würde Vincent Bouchon

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