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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Nachwuchs zu zeugen. Doch anders als bei uns, die wir ein-, zweimal im Jahr von der Rolligkeit überwältigt werden, leiden sie jahrelang darunter. Wahrscheinlich hatten sie deshalb so starre Verhaltensregeln aufgestellt, damit sie nicht ständig übereinander herfielen und sich in größerem Maße fortpflanzten, als Futter für alle da war. Jedenfalls hatten sie eine offizielle Form der Vermehrung eingeführt, die sie Ehe nannten. Damit waren dann zwei von ihnen auf immer aneinander gebunden, bis einer von ihnen starb. Und beide mussten dafür Sorge tragen, dass der Nachwuchs auch über die Runden kam.
    Wenn auch der Grundgedanke sicher nützlich war, so widerstrebte es recht vielen Menschen aber auch, sich an diese Regeln zu halten. Allerdings trauten sich die wenigsten, sie öffentlich zu übertreten. Heimlich aber taten es viele. Männer wie Frauen. Aber wenn es herauskam, dann straften sie die Sünder, wie sie es nannten, mit Verachtung.
    Aber sie tuschelten ungeheuer gerne darüber. Sozusagen lustvoll.
    Die Sünder und Sünderinnen litten in unterschiedlichem Grad darunter. Bette augenscheinlich gar nicht. Aber die junge Frau, die Vincent davon abgehalten hatte, von der Brücke zu springen, war verzweifelt genug darüber, gegen diese Regeln verstoßen zu haben, dass sie sogar ihr Leben beenden wollte.
    Und Luigi-Bisconti hatte andererseits diese Regeln für sich ausgenutzt, indem er jenen Frauen, die nach einem Versorger Ausschau hielten, seine Dienstleistung angeboten hatte, sich dafür bezahlen ließ und offensichtlich mit dem Geld in der Hand dann spurlos verschwand. Da die Damen über diese Peinlichkeit nicht miteinander sprachen, hatte er ein leichtes Spiel.
    Das leuchtete mir jetzt ein.
    Und dass eine Frau, die er so getäuscht hatte, so viel Wut aufbringen konnte, um ihn umzubringen, lag auch nicht außerhalb jeder Möglichkeit.
    Wie mörderisch weibliche Wut sich auswirkte, das hatte Altea mir am Beispiel Gartentörchen bewiesen.
    Aber sie war nicht auf Bisconti wütend, sondern auf ihren Vater.
    War der möglicherweise auch so ein Schelm gewesen?
    Alteas Hand näherte sich meiner Nase, und mit meiner unvergleichlichen Fähigkeit erschnupperte ich gebratenen Fisch.
    Mhmmm.
    Und noch ein Häppchen.
    Das leise Lachen des Freiherrn ignorierte ich. Auch die Bemerkung über die zwei sauber geleckten Teller in seiner Suite. Allerdings erfuhr ich bei näherem Hinhören, dass er dem Zimmermädchen die Schuld an meinem magischen Verschwinden gegeben hatte. Und auch an der Unordnung auf Vincents Sekretär, über die sein steifer Neffe sich so aufgeregt hatte.
    Recht so!
    Zimmermädchen aber war eine überlegenswerte Option, um in einen Raum zu gelangen. Sie kamen anscheinend jederzeit in die Räume, um dort sauber zu machen.
    Die Wohnungen über eine waghalsige Balkonspringerei zu verlassen war das eine, an den Röcken dieser dienstbaren Mädchen vorbeizuschlüpfen durchaus eine bessere. Ich merkte es mir und nahm mir vor, auch Bouchon von dieser Möglichkeit zu berichten.
    Dann nahm mein rechtes Ohr wahr, wie Mama die heisere Olga höflich, aber distanziert begrüßte. Die erwiderte den Gruß nicht eben herzlich und entzog sich mit zwei anderen Damen meiner Lauschweite.
    Immerhin, das war eine gute Gelegenheit, einige Nachforschungen anzustellen.
    Ich verabschiedete mich von Altea, indem ich ihr sacht um die Beine strich und mich spornstreichs auf den Weg zur Germania machte.
    Bisher hatte ich es vermieden, das Haus zu betreten – die Wirtin war mir ja denkbar unsympathisch. Aber um die Mittagszeit hatte sie damit zu tun, die Gäste – viele waren es ja nicht – zu bekochen und ihnen ihre kargen Mahlzeiten meist im Garten zu servieren. Auch heute saßen der hagere, bleichgesichtige Mann, ein Oberlehrer, wie Altea einmal erwähnte, und zwei füllige Matronen ordinärer Machart speisend auf der Terrasse. Dank des sehr warmen Wetters waren alle Fenster des Hauses geöffnet, und so war es mir ein Leichtes, um das Gemäuer zu schnüffeln und das Zimmer zu finden, aus dem Olgas Geruch wehte. Die Heisere verbreitete ein nicht ganz unangenehmes Odeur, wenngleich eine leicht animalische Essenz den Duft nach Jasmin und Hölzern untermalte. Das Animalische stammte nicht von ihr, sondern von brünstigen Hirschen. Menschen mögen ja so was. Sie nannten es Moschus.
    Kurzum, ich fand den Raum sehr schnell, sprang auf den Fenstersims, stupste mit der Pfote gegen das Glas und stieß es auf. Es war durch eine Kette gesichert,

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