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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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aber für mich reichte es.
    Madame Olga war verschwenderisch mit Kleidern ausgestattet. Sie hingen auf Bügeln am Schrank oder lagen über den beiden Sesseln. Allen entströmte ihr spezieller Duft. Mir wurde fast duselig davon, hier in diesem warmen Raum. Aber dann riss ich mich zusammen. Nach einer Weile würde meine Nase diesen alles überlagernden Geruch ignorieren, und ich würde wieder der anderen Komponenten gewahr. Bis dahin untersuchte ich ihre Habseligkeiten. Auch sie besaß eine Mappe mit Krakelpapier, die ich nur flüchtig aufklappte. Keine Bilder drin. Eine Modezeitschrift interessierte mich ebenfalls nicht, auch nicht ihre Hüte, Pantoffeln und Stiefelchen. Obwohl ich die lange, gekräuselte Feder gerne mal gezaust hätte. Ach, das wäre ein herrliches Spielzeug für meine Kinder gewesen.
    Nicht ablenken lassen, Seraphina, mahnte ich mich selbst und sah mich weiter um. Eine Rolle aus Leder machte mich neugierig. Sie lag unter dem Volant der Portieren zusammen mit etlichen Wollmäusen. Der Jagdeifer der Wirtin schien sich auf dieses Gebiet nicht zu erstrecken. Das Leder aber roch noch ein bisschen nach Olga, also hatte sie es einige Zeit bei sich getragen. Es war schwer, woraus ich schloss, dass die Rolle mit etwas gefüllt sein musste. Ich knispelte ein bisschen an den Verschlüssen, aber ich bekam sie nicht auf. Darum merkte ich mir nur, dass die Heisere etwas zu verbergen hatte, und widmete mich der Frisierkommode.
    Sie war ergiebig. Nicht nur, dass Tiegelchen und geschliffene Flakons, Töpfchen und Döschen sich darauf versammelten, es roch auch nach allen möglichen und unmöglichen Dingen. Außerdem war es farbenprächtig und glitzerte.
    Mir fiel das emaillierte Döschen nicht gleich auf, erst als ich Puderquasten und Wattebäuschchen etwas umdekoriert hatte, trat es in mein Gesichtsfeld.
    Biscontis Pillendöschen.
    Sie hatte es mitgenommen, damals, als er in der Wanne lag.
    Das war mir inzwischen gänzlich entfallen.
    Was wollte Olga von der Wolga mit Biscontis Pastillen?
    Ich schubste es an den Rand der Kommode, um es besser untersuchen zu können. Puderstaub lag darüber, süßlich duftend. Ich musste niesen.
    Mit der Pfote wischte ich darüber.
    Pfui, das Zeug blieb an meinem Ballen hängen. Besser, ich brachte das Ding hier raus und wälzte es ein paar Mal in sauberem Gras.
    Gesagt, getan. Doch wieder wunderte es mich, dass ein so kleines Döschen so schwer sein konnte. Fast so schwer wie eins meiner Kinder. Ich packte es zwischen die Zähne und zwängte mich mit meiner Beute durch den Fensterspalt.
    Niemand zu sehen. Gut so. Ich trabte an der Hecke vorbei, und im Schutz des Schuppens wusch ich das Döschen in Gras und Erde. Dann betrachtete ich es noch einmal genau. Es war nun ein bisschen schmutzig, aber die roten und blauen Farbtöne leuchteten kräftig in dem Messing. Ich hätte es gerne aufgemacht, um diese Pastillen genauer zu untersuchen. Aber dieses kleine Riegelchen wehrte sich gegen meine spitze Kralle. Also musste ich wieder meine anderen Sinne einsetzen. Dass etwas darin herumkullerte, konnte man hören, wenn man es bewegte. Ich drehte es hin und her und schnüffelte dann. Und schnüffelte und schnüffelte, bis ich den Pudergeruch nicht mehr wahrnahm und darunter den Geruch von trockenem Salz, ein wenig Minze und Zucker erkannte. Und dann traf mich beim Flehmen schließlich wieder dieser andere, der gefährliche Geruch.
    Bittersüß.
    Gift.
    Nicht viel, aber er war vorhanden.
    Eiligst nahm ich das Döschen wieder zwischen die Zähne und trug es unter den Rosenstrauch, wo Altea mein totes Kind vergraben hatte. Eilig scharrte ich daneben eine Kuhle, rollte das gefährliche Döschen hinein und scharrte das Loch gründlich wieder zu.
    Hier war es am sichersten versteckt, hier würde keines meiner Kleinen den Boden aufwühlen.
    Nachdem ich mein Werk vollbracht hatte, gesellte ich mich zu ihnen. Sie hatten ein paar Blätter vom Efeu gerissen und versucht, an den Ranken hochzuklettern. Ich lobte sie dafür. Dann putzte ich sie ein bisschen, nur so zum gegenseitigen Vergnügen. Anschließend rollten wir uns zusammen. Sie schliefen, ich grübelte.
    Warum hatte Olga das Döschen mitgenommen? Wusste sie, dass darin etwas Giftiges war? Oder war ich wieder einem Irrtum aufgesessen, und diese Pastillen rochen alle so und waren, ähnlich wie der Mandelkuchen, für Menschen eben nicht giftig, sondern nur für Tiere?
    Olga mochte schöne Dinge und Glitzerkram? Hatte sie die Dose nur mitgenommen,

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