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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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erst kurz vor dem Kriegsausbruch persönlich kennengelernt. Sie, Altea, waren damals mit Ihrer Ausbildung beschäftigt, und Levin hatte man ja bereits einberufen. Nun, sie hat keinen männlichen Beistand, und so hat sie sich an mich gewandt. Nach all den Jahren Fürsorge für ihre Patin wollte sie sich nun um ihre eigene Gesundheit kümmern, und ihr Arzt hatte ihr zu einer Trinkkur geraten.«
    » Sie haben ihr also angeboten, Sie zu begleiten?«
    » Einige Tage, bis ich sicher bin, dass sie hier gut untergebracht ist. Und ich mich vergewissert habe, Altea, wie es Ihnen und Ihrer Mutter geht.«
    » Uns geht es gut, General Rothmaler.«
    » Nein, tut es nicht, Altea. Ihr Vater ließ Sie unversorgt.«
    » Das, Herr General, ist nicht Ihre Sorge.«
    » Betrachten Sie es dennoch als meine. Sie wären mir eine willkommene Schwiegertochter gewesen, Kind.«
    » Es hat nicht sein sollen. Lassen Sie es gut sein, General Rothmaler. Ich werde schon einen Weg aus dem Tal finden.«
    » Sie sind störrisch, meine Liebe.«
    » Stolz und störrisch. Ganz genau. Und warum sind Sie wirklich hier?«
    » Und neugierig obendrein.«
    » Zar Alexander und Kaiser Wilhelm halten sich derzeit in Bad Ems auf.«
    » Sicher. Auch sie werden das hiesige Wasser und die klare Luft bekömmlich finden.«
    Altea lachte leise.
    » Dann verraten Sie mir doch wenigstens, warum Cousine Viola, wenn sie doch eine solche Katzenliebhaberin ist, die hiesige Pensionskatze so geflissentlich übersehen hat.«
    » Hat sie das? Gibt es eine?«
    » Sina?«
    Ich schob meinen Kopf unter den Volants vor.
    » Sina, komm da raus, ich möchte dir General Rothmaler vorstellen.«
    Ob das so eine gute Idee war?
    » Sina!«
    Na gut. Ich kroch heraus und begutachtete die blank gewienerten Stiefel. Und die Uniform mit all ihrem goldenen Klimbim. Und den grauhaarigen Mann, der mich mit grauen, klaren Augen unter strengen Brauen musterte.
    » Niedlich. Sie haben sich mit ihr angefreundet?«
    » Sie kam vor einigen Tagen mit ihren Kindern hier in den Garten, und seither füttere ich sie – sehr zum Unwillen der Wirtin.«
    » Maust sie?«
    » Natürlich.«
    » Dann sollte die Wirtin ihr dankbar sein.«
    Im Haus erhob sich Gezänk zwischen ebendieser Wirtin und der heiseren Olga. Ich spitzte ein Ohr in die Richtung. Aha, Olga vermisste das Döschen und beschuldigte die Wirtin, es verräumt – vielleicht gar entwendet zu haben. Es musste ihr also etwas bedeuten.
    Eine Tür knallte zu, das Gezeter ging lauthals weiter, jetzt sang Olga die Arie über die schlampige Führung der Pension und das ungenießbare Essen.
    Altea erhob sich.
    » Herr General, langes Sitzen ist mir ungemütlich. Begleiten Sie mich ein paar Schritte zur Lahnpromenade? Wir schlagen auch die entgegengesetzte Richtung zum Kurkonzert ein.«
    » Aber selbstredend, meine Liebe.«
    Da der General offensichtlich einiges über Altea wusste und sie mit ihm recht frei über ihre Angelegenheiten sprach, beschloss ich, mich ihnen anzuschließen. Sie gingen langsam, augenscheinlich hielt der General Altea für weit gebrechlicher, als sie war.
    » Nicht eben die vornehmste Unterkunft«, bemerkte er nach einigen Schritten.
    » Ach, es geht. Olga Petuchowa ist eine anspruchsvolle Dame, eine Opernsängerin aus Sankt Petersburg.«
    » Sie hat am Marijnsky-Theater gesungen? Ich dachte, man pflege dort die höchste Kultur.«
    » Sie ist wohl ihrer Stimme verlustig gegangen und hofft, sie hier wieder zu heilen.«
    » Mag sein. Mag auch nicht sein.«
    Wir schlenderten an der Römerquelle vorbei, und just hier kamen uns der Freiherr und der steife Vincent entgegen. Der Freiherr lüpfte grüßend den Hut und strahlte über das ganze Gesicht.
    » Fräulein Altea. Einen schönen guten Morgen.«
    Ich drängte mich ganz dicht an Alteas Bein und linste hoch. Das wurde jetzt interessant.
    Vincent ließ prompt die Hacken knallen.
    » Major de Poncet – ich erinnere mich. Königgrätz, nicht wahr? Steile Karriere gemacht, Major!«
    » Der Major wird sich an Sie nicht erinnern«, hörte ich Altea sagen. » Er hat leider den Verstand verloren.«
    Vincents Lippen wurden zu einem Strich, und der Freiherr lachte.
    » Nein, nein, das Gedächtnis hat er verloren, den Verstand nicht. Aber davon hatte er sowieso nie viel.«
    » Verwundet worden, Major?«
    » Bei Metz, Herr General.«
    » Das wird schon wieder.«
    » Wir hoffen es alle«, säuselte Altea und hängte sich bei dem General ein. Der setzte sich wieder in Bewegung, und der Freiherr lüpfte

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