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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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das ist nicht weiter schlimm«, beruhigte ich ihn. » Was ist mit dieser Ausstellung, von der man gesprochen hat?«
    » Oh, oh, die ist lustig. Da sind Bilder von mir. Und eins mit Egmont und mir. Wie ich auf seinem Hut sitze.«
    » Dann will ich mir die mal anschauen.«
    » Dazu musst du in den Salon gehen. Das ist das große Zimmer mit den weichen Polstern, wo ich nicht draufdarf.«
    » Ich weiß, was ein Salon ist. Und dort darf man wirklich nicht auf die Polster. Das ist Menschenrevier.«
    Wir stromerten also durch die weit geöffneten Fenstertüren ins Innere des Hauses. Hier wimmelte es von Röcken und Gamaschen. Ich fand Altea, die mit einem Glas Sprudelzeug in der Hand vor einer Staffelei stand und kicherte. Gerahmt und lebensgroß dort das Bild, genau wie ich es gesehen hatte. Filou, der von seinem Ausflug in die Laube auf Egmont Tigerstroems Barett gesprungen war. Richtig wie im Leben.
    » Das ist hinreißend«, sagte Vincent, der mit dem Freiherrn dazutrat.
    » Tigerstroem, kann man das käuflich erwerben?«, wollte der Freiherr wissen.
    » Abzüge davon verkaufe ich selbstredend. Aber der Erlös geht an die begnadete Photographin, die im rechten Augenblick den Auslöser betätigt hat – Fräulein von Lilienstern.«
    » Tigerstroem, das können Sie nicht machen.«
    » Warum nicht?«
    » Ich habe nur zufällig auf den Knopf gedrückt. Sie haben die ganze Arbeit mit dem Entwickeln und Abziehen der Aufnahmen.«
    » Fräulein Altea, es ist die Kunst, nicht die Handarbeit, die honoriert wird.«
    » Er hat völlig recht«, sagte nun auch der distinguierte Herr, mit dem Altea sich morgens getroffen hatte. » Ich will ebenfalls einen Abzug für meine Zeitung.« Und dann wandte er sich an den Photographen. » Tigerstroem, hat Ihr Freund Oppen Zeit, einen Artikel über diese Ausstellung zu verfassen?«
    » Hat er bereits getan, Herr Goertz. Er fügt nur noch ein paar Sätze über die Stimmung ein. Sie können damit dann gleich in Druck gehen.«
    » Die Stimmung, mein lieber Tigerstroem, scheint mir ausgezeichnet zu sein. Ihre Aufnahmen sind höchst – bemerkenswert!«
    Und das waren sie auch. Denn nun hob mich Altea netterweise hoch, sodass ich mich auf Augenhöhe mit den Menschen umsehen konnte. Da war eine sehr hübsche Aufnahme von ihr selbst, im flirrenden Licht der Geißblattlaube, mein kleiner Filou vertrauensvoll an ihren Hals geschmiegt, eine andere zeigte nur ihr Gesicht, versonnen lächelnd.
    » Die stille Schönheit der jungen Dame haben Sie sehr treffend eingefangen«, lobte der Herr im weißen Anzug den Photographen. Chevalier de Mort – dunkel, gefährlich, tödlich. Er verbeugte sich gewandt vor Altea und Mama, sagte aber kein Wort zu ihnen.
    Vincent runzelte die Stirn, doch Tigerstroem meinte gelassen: » Das Modell zeigte sich ja auch sehr kooperativ«, und nickte dem Chevalier kurz zu.
    » Doch hier …« Der Zeitungsmensch hüstelte.
    Wir sahen uns die nächste Aufnahme an. Sie roch nicht, aber mir kam es vor, als dünstete selbst das Bild schwüle Düfte aus. Bette, in ein loses Tuch gewickelt, wallende Haare, darum ein schief sitzender Blätterkranz, eine Flöte an den Lippen, irgendwie buckelig auf eine Säule gestützt, kräftig schielend und den Mund zu einer grimmigen Fratze verzogen.
    » Eine Mänade?«
    » Oder Harpyie?«
    » Zumindest etwas Klassisches.«
    » Und sehr unfein von unserem Photographen dargestellt.«
    Das fand Bette auch.
    Es war nämlich nicht das Bild, das duftete, sondern die Königliche höchstselbst, die eben mit der Lila Lola in den Salon geweht kam. Mit allerlei Schleierkram geschmückt und einem glitzernden Haarband über den aufgelösten Silberlocken. Sie glitt majestätisch durch die Ausstellung, verharrte hier und da und bezog das unterdrückte Kichern nicht auf sich.
    Bis sie die Photographie erblickte.
    In diesem Moment verlor sich alle Majestät, und die Schöne wurde zur Harpyie.
    Ich entzog mich dem darauffolgenden Tumult durch Flucht.
    Das Kreischen und Zetern, Klirren und Scheppern folgte mir bis in den hintersten Winkel des Gartens, wo ich mich mit Filou in Sicherheit brachte.
    Das also war die Rache des Photographen.
    Böse. Sehr böse. Aber verständlich.
    Ich grinste mir eins. Filou auch. Zufrieden putzten wir uns gegenseitig. Schön, dass der Kleine noch ein bisschen anhänglich war.
    Irgendwann hörte ich sanft meinen Namen rufen.
    » Sina, komm raus, wo immer du dich versteckt hältst. Sina, sie ist fort. Sina, Sina!«
    Ich sah mich vorsichtig um,

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