Die Spionin im Kurbad
großer Diskretion. Und dann haben der Freiherr und er schrecklich gelacht, weil nämlich deine Altea die Geschichten von Aloisius Kattenvoet schreibt, die sehr, sehr despektierlich das Kurgeschehen darstellen, sodass alle Welt sich darüber amüsiert. Als sie wieder ernst wurden, meinte Vincent, dass Altea wohl das Geld braucht, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.«
» Ja, sie gibt es für Futter aus. Für das ihrer Mama und unsers.«
» Sie ist großzügig, nicht wahr?«
» Mhm.«
» Du, Sina, da kommt der Freiherr. Ich muss jetzt nach Hause.«
» Lauf, Bouchon. Schön, dass du noch mal hier warst.«
Er trabte los, und ich reckte und streckte mich, so lang es ging. Dann noch eine kleine Runde durch das Revier, Nase in den Wind gestreckt – es würde kühler werden und vielleicht sogar regnen.
Das bestätigte sich, weshalb meine Runde in der Morgendämmerung kurz ausfiel. Die Menschen hingegen wandelten trotz des Nieselregens. Das mussten sie wohl wegen ihrer Verdauung und so. So eine Kur war schon hart für sie.
Immerhin waren Altea und Mama so klug, ihr Frühstück im Haus zu nehmen und nicht auf der feuchten Terrasse. Danach zogen sie sich in ihre Zimmer zurück, um sich für die Promenade umzuziehen, und ich wurde Zeuge, wie der Freiherr bei der bockigen Wirtin vorsprach.
» In Ihrem Garten, Frau Wennig, wohnt eine Katze namens Sina.«
» Ein Streunervieh, das die ehrenwerte Komtess leider angefüttert hat.«
» Die Katze Sina wird von Ihnen von nun an jeden Tag mit einer Schale Sahne und einem Teller Fleisch versorgt.«
» Aber ganz gewiss nicht, Euer Gnaden.«
» Aber ganz gewiss doch. Und der Gräfin und ihrer Tochter werden Sie von heute an jeden Tag drei Mahlzeiten von höchster Qualität und in ausreichender Menge vorsetzen.«
» Meine Mahlzeiten sind …«
» Fraß, Frau Wennig, übelster Fraß. Und nun plustern Sie sich gar nicht erst auf, das hier wird wohl ausreichen, um den Damen Hühnchen, frischen Fisch, knuspriges Gebäck und alle Getränke ihrer Wahl zu servieren.«
Ich hörte die Witwe Bolte einen Ausruf der Verwunderung von sich geben.
» Haben wir uns verstanden, gute Frau?«
» Ähm …«
» Und das Katzenfutter ist damit inbegriffen, klar?«
» Ja, ja natürlich.«
» Ich werde es kontrollieren, Frau Wennig. Sollte das Arrangement nicht meinen Wünschen entsprechen, werde ich der Kurverwaltung Mitteilung machen, dass Sie sich unrechtmäßig am Kostgeld bereichern.«
» Es wird alles nach Ihren Wünschen gehen, Euer Gnaden. Ganz nach Ihren Wünschen.«
Wie schleimig die Wirtin werden konnte. Igitt.
Aber wir bekamen einen Teller Ragout.
War kein Fraß. War gut.
Süßer Tod
Altea war mit Mama unter einem großen Schirm zur Promenade aufgebrochen, aber im Laufe des Vormittags ließ der Regen nach, und es brach auch wieder die Sonne zwischen den Wolken hervor. Als sie zurückgekehrt waren, schaute Altea bei mir hinter dem Schuppen vorbei.
» Na, hat dein Zweiter auch sein eigenes Revier gefunden?«
» Mau!«
» Und diese Süße hier wird bestimmt auch bald das Herz eines Menschen erobern.«
» Mau!«
» Ich glaube, du verstehst mich ganz hervorragend, Sina.«
» Mau!«
Sie streichelte mich, und die Kleine bekam auch eine ordentliche Portion ab. Sie konnte ganz schön schelmisch gucken. Und ihr Schnurren klang sehr einladend.
Vielleicht würde Altea sie ja mitnehmen. War so ein kleiner Wunsch von mir.
Doch bevor ich ihn ihr übermitteln konnte, hörte ich ein aufgeregtes Maunzen am Gartenzaun.
Filou.
Ich sprang auf und lief zu ihm hin.
» Mama, Mama!«
» Was ist los? Was regst du dich so auf?«
» Ist was ganz Schlimmes passiert. Musst du helfen, Mama. Mein Mensch, er ist ganz zappelig.«
» Warum denn?«
Aber der Antwort wurde Filou enthoben. Tigerstroem kam den Weg angelaufen und keuchte.
» Fräulein Altea! Fräulein Altea, ich brauche Hilfe.«
Altea war mir gefolgt und sah den Mann prüfend an.
» Wobei kann ich Ihnen helfen?«
» Sie sind Krankenschwester. Bitte kommen Sie.«
» Nun gut. Aber ich bin keine Ärztin.«
» Bitte!«
Ich schloss mich an, und Filou stürmte vorweg.
Tigerstroem führte Altea zu seinen Räumen, und dort saß sein Freund Rudof in einem Sessel. Eigentlich lag er mehr.
Ich schnüffelte.
Altea schnüffelte auch.
Filou sagte ganz leise: » Du hast gesagt, das ist ein gefährlicher Geruch.«
» Sehr gefährlich.«
Dann hieß ich ihn, sich im Hintergrund zu halten. Altea beugte sich über den Mann und legte ihren
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