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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hatte, wie Filou aufmerksam beobachtet hatte, bei der Erwähnung dieser Namen eine Augenbraue hochgezogen. Viola hatte sich für das exaltierte Auftreten ihrer Freundin Bette entschuldigt, Olga dagegen hatte Tigerstroem in eine Fachsimpelei über Kameras und Linsen verwickelt. Allerdings konnte sich der Photograph nicht daran erinnern, wer die Marzipanpralinen oder die Mandelplätzchen mitgebracht hatte, die in den silbernen Körbchen auf dem Frühstückstisch standen, und von denen Oppen genascht hatte. Altea hatte beides in eine Tüte getan und mitgenommen. Um sie einem Apotheker zur Prüfung zu übergeben, hatte sie gesagt.
    Ob so ein Apotheker wohl herausfinden konnte, ob Gift darin enthalten war? Vermutlich schon. Ich würde ja nur daran schnüffeln müssen.
    Was mich wieder auf das Pillendöschen brachte, das ich Olga geklaut und unter den Rosen verscharrt hatte. Ich erwog, es wieder auszubuddeln, aber dazu musste ich einen passenden Augenblick abwarten, sodass man meinen Verdacht auch ernst nahm.
    Warum hatte Olga das Döschen geklaut?
    Das war mir immer noch nicht ganz klar.
    Ich putzte mir die Flanken, um besser denken zu können. Das Fell war wieder richtig schön geworden, weiß, da, wo es weiß sein sollte, die braunen und roten Flecken glänzten unverfilzt, der Schwanz mit seinen grauen und schwarzen Ringeln war ohne Löcher und Kletten. Schön war ich vielleicht nicht, aber wenigstens wieder eine gepflegte Katze.
    Während des Putzens fiel mir wieder etwas ein: Olga gehörte, ähnlich wie Vincent, zu den Nachtwandlern. Sie war in der Nacht nach Biscontis Tod durch den Garten zur Traube gehuscht, hatte dort die verschlossenen Türen geöffnet und war ins Haus geschlüpft. Kurz danach war sie wieder zurückgekommen.
    Was hatte sie dort zu suchen gehabt?
    Damals dachte ich nur, dass es eines der üblichen menschlichen Geheimnisse war, aber inzwischen betrachtete ich ihr Verhalten in einem anderen Licht. In der Traube hatte Bisconti gewohnt. Im Bad hatte sie ihm das Pastillendöschen gemaust. Hatte sie danach auch noch etwas aus seinem Zimmer geklaut? Und wenn, was?
    Vielleicht diese Lederrolle, die sie unter ihrem Bett versteckt hielt?
    Sie war vertraut mit Vincent. Ob er wusste, wonach sie gesucht hatte? Und hatte sie deswegen den Bisconti umgebracht, um an das Wasweißich zu kommen?
    Und wieso verdächtigte er sie nicht?
    Hatte sie auch etwas mit Rudolf Oppen zu tun?
    Ob ich ihr noch mal einen Besuch abstatten sollte? Nur so, um mal rumzuschnüffeln?
    Ich trottete zum Haus, aber heute standen die Fenster nicht so einladend offen. Missmutig machte ich kehrt und kletterte auf das Schuppendach, um einen besseren Überblick zu haben. Die Kätzin belauerte gekonnt ein Mauseloch. Ihr Schwanz zuckte aufgeregt hin und her. Der Wind raschelte in den Zweigen, ein Sonnenstrahl stahl sich durch die Wolken.
    Mir wurde dösig.
    Nach einem erholsamen Nickerchen prüfte ich die Lage erneut.
    Die Fenster waren noch immer geschlossen, weder Altea noch ihre Mama waren zurückgekehrt, der Oberlehrer schlug mit seinem Spazierstock einigen Blumen die Köpfe ab, während er durch den Garten schlenderte – Blödmann! –, nebenan in der Traube war Tellergeklapper zu hören, und leckere Essensdüfte durchzogen die Hecke. Fast wäre ich versucht gewesen, auf einen kleinen Raubzug zu gehen. Aber dann besann ich mich auf meine Manieren. Ich war jetzt ja eine Katze mit Mensch.
    Apropos Mensch.
    Ich sollte vielleicht doch mal nachsehen, wo sich Altea herumtrieb. Sie wollte ja allein sein, und ich würde mich auch nicht an ihren Rockzipfel hängen, aber es schien mir besser, ein Auge auf sie zu haben. Nicht dass jemand auf die Idee kommen würde, ihr giftige Pralinen anzubieten.
    Es war nicht sehr schwer, sie zu finden. Sie hatte dort in den Wandelhallen so ihre Lieblingsplätze, und ganz richtig, sie saß auf der Bank, auf der sie neulich auch mal in der Nacht eingeschlafen war. Auf ihren Knien hielt sie das Heft und schrieb eilig etwas hinein.
    Was, das wusste ich ja nun. Aloisius Kattenvoet beobachtete wieder den Kurbetrieb und würde etliche spitze Bemerkungen machen. Vielleicht über den karierten Lord Jamie, der eben die Wettgelder an die belustigten Damen und Herren auszahlte.
    » Na, Sina, ein Kontrollgang?«
    » Mau.«
    Ich setzte mich unauffällig neben die Bank und knabberte angelegentlich an einem Grasbüschel.
    Sie kritzelte und krakelte weiter, warf hin und wieder einen Blick auf die Vorübergehenden und versenkte sich

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