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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gefasst.«
    » Und die erträgst du besser als menschliches Mitleid?«
    » Sie hatte kein Mitleid, sie hatte Hunger.«
    Altea, du Mäusehirn! Natürlich habe ich Mitleid. Ich leide mit dir, weil ich weiß, wie entsetzlich es ist, nicht für die Seinen sorgen zu können, am Rand des Hungertodes zu stehen, Löcher im Pelz zu haben und all das.
    » Altea, du kannst es nicht verhindern, dass ich dein Leid verstehe. Vor noch nicht allzu langer Zeit stand ich in einer vergleichbar unseligen Situation.«
    Altea gab ein unterdrücktes Schniefen von sich und ließ das Tuch sinken. Ihre Augen waren traurig und noch immer voll Wasser. Aber ihre Stimme wurde fester.
    » Ich weiß, Ihr Bruder …«
    » Nicht nur der. Auch mein Vater hatte keine glückliche Hand in der Verwaltung unserer Güter, mein Bruder noch weniger, und dann brach er sich bei einer Parforcejagd den Hals. Auch wir verloren unser Land und Heim.« Nun endlich nahm er wenigstens ihre Hand. » Damals, in Rathenow, Altea, war ich in einer entsetzlich schwierigen Lage. Ich musste ebenfalls für Mutter und Schwester sorgen und wusste nicht, wie. Aber Mathilde hatte Glück, ein Ostindienkaufmann bewarb sich um sie, und nun leben sie und Mutter in höchst angenehmen Verhältnissen.«
    » Eine solch vorteilhafte Heirat erhofft sich meine Mutter auch von mir«, meinte Altea tonlos.
    » Verständlich, oder?«
    » Ja, sicher. Und sie schleicht sich aus dem Haus, um im Glücksspiel unsere Finanzen aufzubessern.«
    » Ein Risiko. Du hast recht, darüber ungehalten zu sein. Hat sie viel verloren?«
    » Im Gegenteil. Sie gewinnt offensichtlich. Dabei ist sie so ein Huhn, was Karten anbelangt.« Plötzlich straffte sich Altea, und ich wäre fast von ihrem Schoß gerutscht. Dummer Reflex – schon hatte ich die Krallen in ihr Bein geschlagen.
    » Au, Sina!«
    Schon gut, schon gut. Ich leckte ihr die Finger.
    » Vincent – wer ist dieser Chevalier de Mort?«
    » Ein Spieler, wie es aussieht.«
    » Ein Falschspieler.«
    » Vermutlich. Wenn er deine Mutter gewinnen lassen kann.«
    » Ich habe ihn gefragt, warum, und er sagte, weil er eine Schuld abzutragen habe.«
    » Das hört sich seltsam an. Stand er womöglich in Beziehung zu deinem Vater?«
    » Diesen bösen Verdacht hatte ich auch schon. Und noch etwas, Vincent – er hält seine Spiele in der Traube ab. Auch Bisconti hat in der Traube gewohnt. Bei Spiel und Falschspiel kommt es manchmal zu – dramatischen Verwicklungen.«
    » Klug gedacht, Altea. Wie oft war deine Mutter bei diesen Veranstaltungen anwesend?«
    » Keine Ahnung. Wir sind jetzt seit drei Wochen hier. Ich werde sie befragen.«
    » Wir werden es gemeinsam tun, dann kann sie dir nicht so böse sein.« Er lächelte sie an. » Ich habe einiges Geschick im Befragen von Zeugen.«
    » Glühende Nadeln, oder was?«
    » Schmeicheleien, Lob, Komplimente, Versprechen …«
    » Bestechung.«
    » Wenn nötig auch die. Aber deine Mutter wird uns freiwillig antworten. Ich halte sie für eine vernünftige Frau.«
    » Oft ist sie das, und sie hat es aus Liebe zu mir getan – das Spielen, meine ich.«
    » Das dürfen wir nicht vergessen.«
    Die ganze Zeit hatte Vincent ihre Hand gehalten, und nun hob er sie an seine Lippen.
    » Heute scheint ein besonderer Tag zu sein, du bist schon der dritte Herr, der meine Hand küsst.«
    » Den Chevalier habe ich dabei beobachtet, wer, meine Liebe, war der dritte? Gestehst du freiwillig, oder muss ich die glühenden Nadeln zücken?«
    » Ich gestehe, es war General Rothmaler.«
    » Oh. Ja, ein charmanter Mann, wenn er nicht im Dienst ist.«
    » Und hatte ein Verhältnis mit der schwülen Bette Schönemann«, murmelte Altea.
    » Ach, du lieber Gott. Und ich dachte, er sei ein Mann von Geschmack.«
    » Er hat es wohl recht zügig beendet.«
    Altea streichelte mich und meinte: » Sina, ich würde jetzt gerne aufstehen und mich ein bisschen bewegen.«
    Ehrlich? Ich finde es aber schön auf deinem Schoß.
    Ich machte mich schwer und unbeweglich.
    » Sina, du hast einiges an Gewicht zugelegt.«
    Ach, tatsächlich?
    Schwer und träge wie ein Lehmklumpen.
    » Sina, meine Hüfte tut mir weh!«, flüsterte sie mir ins Ohr.
    Ich auf, hoch und leicht wie eine Feder.
    » Danke.«
    » Mau.«
    Altea nahm das Heft auf, steckte es in ihre Tasche, ergriff ihren Stock und stand auf. Vincent reichte ihr den Stift, der zu Boden gefallen war.
    » Hat Aloisius Kattenvoet wieder einige respektlose Beobachtungen niedergeschrieben?«
    » Du weißt davon?«
    » Ich

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