Die Spitze des Eichbergs
im Kreuzfeuer der Kritik. Neuer Chef-Trainer wurde Jörg Berger, der in der letzten Saison beim 1. FC Köln entlassen worden war. Wieder ein glückliches Händchen von Rudi Assauer, wie sich in der Zukunft noch zeigen sollte. Jörg Berger erhielt einen Vertrag bis zum 30. Juni 1994 - so lange war eigentlich auch Helmut Schulte an den Verein gebunden.
»Wenn man da unten drinsteckt, muss man die Ärmel hochkrempeln«, betonte der gebürtige Sachse, der sich in der Vergangenheit auch schon bei Eintracht Frankfurt den Rufeines »Feuerwehrmanns« verdiente. Der neue Mann arbeitete zunächst ohne Co-Trainer, da Schalke 04 auch Jupp Koitka beurlaubt hatte. Später wurde ihm Hubert Neu zur Seite gestellt.
Jörg Bergers Einstieg stand unter keinem guten Stern. Gerade erst seinen Dienst angetreten gab es in Leverkusen bei der 1:5-Klatsche deftige Prügel. Jens Lehmann wurde dabei nach dem 3:0 zum Buhmann der Fans. Mit »Lehmann raus« und »Gehrke rein«, forderten die zahlreichen Schalker Anhänger einen Torwartwechsel. Trainer Berger reagierte zur Pause, ließ Lehmann in der Kabine und brachte Gehrke. »Ich wollte Lehmann schützen vor dem Ruf der Zuschauer, seine Nerven waren sehr angespannt«, begründete der Coach seine Auswechslung. Jens Lehman war fix und alle und fuhr noch vor dem Abpfiff mit der S-Bahn nach Hause.
FLORIDA-BOY
Aber die eigentliche Bombe platzte einen Tag nach der Niederlage: Am Sonntag trat Präsident Günter Eichberg von seinem Amt zurück, das er seit dem 16. Januar 1989 inne hatte. Ausschlaggebend für diesen überraschenden Schritt war nicht die sportlich prekäre Situation des Altmeisters, sondern -wie es in der Pressemitteilung des Vereins hieß - vielmehr geschäftliche Gründe. Danach fehlte Eichberg zukünftig die Zeit, das Amt des Präsidenten auszufüllen. Er wollte seine geschäftlichen Aktivitäten künftig ins Ausland verlagern und flog noch am selben Tag nach Palm Beach, Florida.
»Ich trete als Präsident zurück, aber ich stehe bis zu einer außerordentlichen Versammlung, die für Januar angesetzt ist, in einem zeitlich begrenzten Rahmen weiterhin zur Verfügung« erklärte Eichberg. Seine Entscheidung fiel dabei nicht erst an diesem Wochenende, vielmehr hatte er seine engsten Mitarbeiter - darunter Assauer und Höffken - schon im Vorwege von seinem Entschluss informiert.
Der Kapitän ging also von Bord - und hinterließ dabei unter allen Schalke-Fans große Verunsicherung. Seine Verdienste waren unbestritten: Er hatte nach seiner Wahl das Feuer wieder entfacht und in einer Situation das Ruder übernommen, als Schalke sogar ins Amateurlager abzurutschen drohte. Er steigerte die Mitgliederzahl auf 17.000, der Zuschauerschnitt schnellte auf über 40.000 empor. Deutliche Belege, die sich auch sportlich niederschlugen. Mit Millionen-Investitionen erzwang der Präsident die Rückkehr in die erste Bundesliga, doch dann stockte der Fahrstuhl nach oben. Ein Nachfolger war noch nicht in Sicht. Jürgen W. Möllemann wurde zwar ins Gespräch gebracht, lehnte aber dankend ab.
Das Nervenkostüm der Schalker Mannschaft war sichtlich angeschlagen, so etwas geht auch nicht ohne Spuren an einer Mannschaft vorbei, und so war es auch kein Wunder, dass gegen Dynamo Dresden gerade mal ein 0:0 heraussprang.
Prominenter Bahnkunde: Jens Lehmann
73. DER SPIEGEL-REPORT
Ein Berg von Schulden und dazu noch Steuerbetrug, Finanztricks, Pfändungen, ungedeckte Bürgschaften, Lizenzerschleichung und Schiedsrichterbestechung - eine Woche nach dem Rücktritt seines Präsidenten Günter Eichberg sah sich der FC Schalke 04 mit einer Flut von massiven Vorwürfen des Nachrichten-Magazins »Der Spiegel« konfrontiert.
Verantwortlich für das Chaos beim Tabellenletzten sollte laut »Spiegel« der »Scharlatan« Günter Eichberg sein, der Verbindlichkeiten in Höhe von 100 Millionen Mark zwischen dem Verein, der inzwischen aufgelösten Marketing-GmbH und seinen Kliniken hin- und hergeschoben und Schalke in den finanziellen Ruin getrieben haben soll.
Günter Eichberg erklärte zu den Vorwürfen: »Ich bin völlig geschockt. Das ist eine Katastrophe. Durch diese Vorwürfe entsteht ein Schaden im Hinblick auf den Verkauf meiner Kliniken. Ich werde gegen diese ungeheuren Anschuldigungen vorgehen. Der Wahrheitsgehalt liegt unter zehn Prozent.« Rudi Assauer wies die Anschuldigungen ebenfalls zurück: »Alles Quatsch.« Geschäftsführer Peter Peters versuchte die Vorwürfe Punkt für Punkt zu entkräften: »Auf
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