Die Spitze des Eichbergs
begann die Suche nach einem neuen Präsidenten. Die aktuelle Vereinsführung wollte endlich Stabilität in den Club bekommen. An den Schreibtischen wurde an einer Satzungsänderung gearbeitet, für die Volker Stuckmann als Präsidentschafts-Kandidat werben sollte. Ein Gegenkandidat auf der Jahreshauptversammlung am 12. September 1994 im Sportparadies war Helmut Kremers. Aber die Wahl von Stuckmann galt praktisch als sicher.
Doch wie so oft: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Stuckmann hatte am Mikrofon nicht seinen besten Tag erwischt, seine Aussage, dass Schalke demnächst »im stillen Kämmerlein« geführt werden soll, nahmen ihm die Mitglieder übel. Helmut Kremers hingegen gewann die Schalker Herzen durch den legendären Satz: »Wenn wir früher gegen Dortmund gespielt haben, haben wir uns dafür nicht mal umgezogen.« Als die Stimmen ausgezählt wurden, stand Schatzmeister Rüdiger Höffken, Mitglied des Stuckmann-Teams, kreidebleich neben dem Podium: »Das geht schief.«
Es ging schief - aus Höffkens Sicht. Kremers erhielt 1.129 Stimmen, Stuckmann 739. Kremers war total überraschend neuer Präsident - ein gefundenes Fressen für die anwesende Medienschar. Im WDR-Radio wurde die Jahreshauptversammlung live übertragen, das WDR-Fernsehen schaltete sich später hinzu.
Helmut Kremers hatte wohl selbst nicht mit seiner Wahl gerechnet. Jedenfalls stand er tatsächlich ohne ein vollständiges Team da. Neben Jürgen Wennekers berief der neue Vorsitzende Hans-Kleine Büning in seine Vorstandsmannschaft, der nach eigenen Aussagen zu diesem Posten kam »wie die Jungfrau zum Kinde«.
Die Schalker Emotionen hatten mal wieder alle sachlichen Argumente beiseite gefegt. Als Helmut Kremers zum Abschluss der Veranstaltung das Vereinslied »Blau und weiß wie lieb ich dich« anstimmen wollte, begannen die Mitglieder zu singen »Wir scheißen auf den BVB«. Normal ist das wohl nicht.
Auf der »Siegesfeier« im Schloss Berge war die Atmosphäre eisig, als Kremers und Vize-Präsident Wennekers anschließend den Saal betraten - den hatte nämlich die »Gegenpartei« gebucht. Nach der Wahl von Kremers begann »auf Schalke« ein Hauen und Stechen, das Seinesgleichen sucht.
EIN HAUEN UND STECHEN
Großes Theater wird geboten: Die Zusammenarbeit mit dem Kremers-Team und der Führungs-Crew um Rudi Assauer funktionierte nicht. Zunächst sorgten zwei (!) Managerverträge für Helmut Kremers für Irrita-tionen. Ein Kontrakt enthielt den Passus einer automatischen Vertragsverlängerung zum 30. Juni 1994 für ein weiteres Jahr. In diesem Fall hätte sich Kremers gar nicht zur Wahl stellen dürfen, da hauptamtliche Mitarbeiter nach der bestehenden Satzung nicht dem Vorstand angehören dürfen. Dann genehmigte der Vorstand gegen den Willen von Rudi Assauer und Geschäftsführer Peter Peters eine üppige Abfindungszahlung an den der Hinterziehung beschuldigten ehemaligen Geschäftsführer Ralf Brinkmann - zwischen ihm und Kremers bestanden geschäftliche Beziehungen wie sich später herausstellte. Zudem drohten einen Tag nach der Mitgliederversammlung Bürgen mit der Rücknahme ihrer Sicherheiten. Misstrauen regierte, beide Seiten versuchten, die Medien zu instrumentalisieren, um die interne Konkurrenz »abzugrätschen«. Das Verhältnis Assauer/Kremers war nicht mal eine Zweckgemeinschaft.
Ein dubioses Duo: Helmut Kremers und Jürgen Wennekers
Am 23. Oktober 1994 überschlugen sich die Ereignisse. Drei Pressekonferenzen gab es innerhalb von zwei Stunden, die einen Tiefpunkt in der Clubhistorie darstellten. Auf der ersten Pressekonferenz hatte zunächst der Schalker Verwaltungsrat scharfe Angriffe in Richtung des Vorstandes formuliert und forderte diesen auf, umgehend zurückzutreten, damit auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein neuer Vorstand gewählt werden könne. Verwaltungsrats-Vorsitzender Jürgen Möllemann: »Der Vorstand hat die finanzielle Lage des Vereins nicht in den Griff bekommen.« Das war heftig und die Journalisten orderten schnell Telefone, um ihre Redaktionen zu verständigen.
Doch es kam noch schlimmer. Danach folgte auf der zweiten Presskonferenz der Auftritt des Vorstandes mit Helmut Kremers und Jürgen Wennekers, die Möllemann als »Totengräber des Vereins« klassifizierten und ihn ein »politisches Auslaufmodell« nannten, »der nur sein persönliches Ego befriedigen wolle.« Kremers räumte zwar finanzielle Schwierigkeiten ein, der Club sei aber »grundsätzlich
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