Die Spitze des Eichbergs
verursachten 90 Minuten Gänsehaut. Mit 508.000 Zuschauern, über 30.000 im Schnitt, war die Zuschauerzahl die höchste in der Bundesliga bis zur Errichtung des Parkstadions. Nicht einmal in der erfolgreichen Saison 1971/72 waren es mehr. Und das obwohl (oder weil?) die Menschen in Gelsenkirchen eigentlich andere Sorgen hatten: Die größte Zeche der Stadt, »Graf Bismarck«, wurde geschlossen. Auch der Gang zur Glückauf-Kampfbahn war eine Form von Protest.
Das Entscheidungsspiel fand am drittletzten Spieltag gegen den direkten Konkurrenten Borussia Neunkirchen statt. Erstmals fuhr die Mannschaft in ein Trainingslager, in die Sportschule Kaiserau. Und am 15. Mai 1966 war es geschafft: Mit 2:0 besiegte Schalke Borussia Neunkirchen. Bechmann und Kreuz waren die Torschützen. Noch lange nach dem Schlusspfiff sangen die Schalker Anhänger »... dann wird der FC Schalke niemals untergeh'n«. Auch wenn die tausend Feuer in Gelsenkirchen langsam verloschen ...
12. EINE FORELLE AM HAKEN
Nachdem der Abstieg in der Saison 1965/66 noch mit Ach und Krach vermieden worden war, wollten die Schalker diesmal nicht mehr zittern. Dem Namen nach starke Spieler wurden verpflichtet wie Mittelstürmer Willi Kraus, Rechtsaußen Blechinger und der Jugoslawe Zarco Nikolic. Nikolic war vom Essener Spielervermittler Raymund Schwab als zigfacher jugoslawischer Nationalspieler den Schalkern angeboten worden. Präsident Fritz Szepan griff zu, die Ablösesumme wurde bezahlt - und dann stellte sich heraus, dass es sich um den falschen Nikolic handelte. Einen Nationalspieler diesen Namens gab es zwar auch, doch war Zarco wohl nur ein entfernter Verwandter oder Namensvetter. Der wahre Nationalspieler spielte seinerzeit in Holland. Jedenfalls durfte sich Schwab fortan nicht mehr in der Glückauf-Kampfbahn sehen lassen.
Zarco Nikolic, über dessen Alter man nie richtig informiert wurde, lieferte auch eine der kürzesten Partien eines Schalker Spielers. Als er beim Spiel in Köln eingesetzt wurde, war er ganze drei Minuten auf dem Platz, dann sah er nach einem Foulspiel die rote Karte. Ins Tor kam mit dem gerade 18 Jahre alten Norbert Nigbur einer, der bald die Nachfolge von Josef Elting antreten sollte. Sein Vater, so behauptete Nigbur später, hätte den Vertrag bei Schalke auch unterschrieben, wenn der Sohn überhaupt kein Geld bekommen hätte.
18 Jahr, blondes Haar: Norbert Nigbur
Eng wurde es auch in diesem Jahr. Zu Beginn der Rückrunde gab es mit dem 0:11 gegen Mönchengladbach die höchste Niederlage in der Geschichte des FC Schalke 04.
Eine Woche später gelang zumindest mit einem 4:2-Sieg im Pokal gegen Gladbach die Revanche. Und wieder fand das entscheidende Spiel um den Klassenerhalt am drittletzten Spieltag statt. Mit einem 2:1-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf rettete sich Schalke, die Fortuna musste absteigen. Trotz der erwähnten Verstärkungen waren die Leistungen äußerst unbefriedigend. Mit 37:63 besaß Schalke das schlechteste Torverhältnis aller Vereine. Rund um den Schalker Markt hatte man sich mehr erwartet, also musste Trainer Fritz Langner seinen Hut nehmen. Auch im folgenden Jahr 1967/68 wurde es nicht besser. Mit Karl-Heinz Marotzke kam ein neuer Trainer - niemand weiß heute mehr genau, was für diesen unerfahrenen Mann sprach. Und so startete man miserabel in die Saison. Erst am zehnten Spieltag gab es den ersten Sieg.
DIE FORELLE
Fritz Szepan, der dem Fußballgeschäft nicht mehr gewachsen schien, trat von seinem Präsidentenamt zurück. Seit September 1967 hieß der neue Präsident Günter »Oskar« Siebert. Der ehemalige Mittelstürmer der Meisterelf von 1958, den man wegen seiner Schlüpfrigkeit und seines Leibgerichts nur die »Forelle« nannte, übernahm am 27.9.1967 das lecke Vereinsschiff mit 1:13 Punkten. Und unter welchen Umständen! Nachdem er eine eigene Vorstandsmannschaft aufgebaut hatte, sprangen noch am Tage der Jahreshauptversammlung etliche Männer aus Wirtschaft und Finanzen ab. Sie hatten angesichts der desolaten sportlichen Situation kalte Füße bekommen. Noch wenige Stunden vor der Versammlung hing Siebert am Telefon und bekniete etliche Männer, sich doch für das Vorstandsamt zur Verfügung zu stellen. Pünktlich zum Anstoß brachte er noch eine Mannschaft auf die Beine: Kurt Hatlauf, Heinz Aldenhoven, Willy Rohmann, Fritz Neuhoff, Heinrich Orzewalla und Gustl Osieck. Günter Siebert, zum erfolgreichen Getränkehändler aufgestiegen, hatte vor allem Ellenbogen und brachte ein Schlagwort mit
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