Die Spitze des Eichbergs
doch gegen Kaiserslautern (5:0) bot Schalke eine überragende Leistung, und auch die folgenden Partien gegen Bochum (3:1) und Uerdingen (2:0) konnten siegreich bestritten werden.
50. GONG FREI ZUR NÄCHSTEN RUNDE
Es nahte die nächste Jahreshauptversammlung (am 21. September 1987) und damit die nächste Schlammschlacht. Schon im Vorfeld machten Rolf Rüssmann und Günter Siebert gegeneinander Front. Über die Presse beschimpfte der eine den anderen und umgekehrt. Der Ort der Handlung war diesmal das »Sportparadies« im Berger Felde, denn das Hans-Sachs-Haus war dem Ansturm nicht mehr gewachsen. 115 Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen waren gekommen, um über die Redeschlachten zu berichten. Ihr Kommen sollte sich lohnen.
Im Treibhausklima der Eissporthalle, wo bei Bierpreisen von 3,50 Mark für ein 0,3-Liter-Pils offensichtlich ein weiterer Versuch zur Sanierung der maroden Vereinskasse unternommen wurde, wucherten Hass, Wut und Gemeinheiten. Der Präsident Siebert ging mit der Opposition, angeführt von Rolf Rüssmann und dem Kandidaten Stuckmann, über Kreuz. Rüssmann fuhr schweres Geschütz gegen Siebert und Gefolge auf, während ExVorsitzender Dr. Fenne in einer sachlichen Rechtfertigung um Fairness bemühte und doch nur Hohn und Spott erntete. Bei der Veranstaltung drohte die »Ideologie Schalke« zu einer Idiotie zu verkommen. Bierdeckel flogen durch die Halle, ein Nachwurf mit Stühlen schien zu folgen. Es war bereits 22.30 Uhr und es standen immer noch zwanzig Redner auf der Liste, als der damalige Bildungsminister Jürgen Möllemann das Wort ergriff und ein bisschen mehr Anstand, Achtung und Höflichkeit anmahnte: »Ich bin enttäuscht, wie hier seit zwei Stunden dreckige Wäsche gewaschen wird. Machen wir doch ein Ende mit dem Theater«. Der Appell kam an. Anfänglich ausgepfiffen, machte er mit Geschick und Hohlfloskeln (»Ich bin stolz, ein Schalker zu sein«) so viel Eindruck auf die verfeindete Mitgliedschaft, dass sie ihn mit stehenden Ovationen honorierten. Endlich konnte gewählt werden.
Günter Siebert wurde mit 37 Stimmen Vorsprung wiedergewählt. Nur gut 50 Prozent für Siebert, der aber zehn Prozent mehr zur Bedingung gemacht hatte. Doch Siebert lenkte ein, frei nach Adenauer, ohne Rücksicht auf sein Geschwätz von gestern. Volker Stuckmann sah sich derweil nicht als Verlierer, sondern eher als »zweiter Sieger«, ob-schon der Abend eigentlich nur Verlierer hatte. Um zwei Uhr in der Frühe war endlich auch die Wahl des Verwaltungsrates abgeschlossen. Zum Schluss der Veranstaltung kündigte der alte und neue Präsident ein neues Winterfest an, als Stargast wurde Roberto Blanco erwartet -»ein bisschen Spaß muss sein.«
DER LETZTE ABSTIEG
Auf der sportlichen Seite machten sich bei Schalke immer wieder drei Dinge bemerkbar: Unvermögen, Nervenschwäche und Pech. Und zwar in dieser Reihenfolge. Bis zum Ende der Rückrunde sollte Schalke nur noch ein einziges Spiel gewinnen (gegen Homburg 3:0), so dass Siebert kaum eine andere Wahl blieb als den erfolglosen Trainer Rolf Schafstall zu feuern. Als sein Nachfolger nahm Horst Franz Platz auf der Trainerbank.
»Machen wir doch ein Ende mit dem Theater.« Jürgen W. Möllemann regelt die Lage bei der JHV
Doch auch der konnte das Unheil nicht aufhalten. Es gab noch die Neuverpflichtung zweier Dänen, Alex Nielsen und Bjarne Goldbaek, doch kassierte Schalke auch in der Rückrunde so manche Klatsche. Bei den Spielen gegen Kaiserslautern (2:5), Uerdingen (2:5) und vor allem Bayern München (1:8) war auch Toni Schumacher machtlos und danach erst einmal Seelenmassage angesagt. Schalke war mitten im Abstiegskampf, oft spielten sie gar nicht mal schlecht, jedoch war die Torausbeute äußerst mager. Die Wut der Schalker Fans richtete sich vor allem gegen die Neuerwerbung Uwe Tschiskale (»Tschiskale raus!«), den die Bayern vor Monaten für sage und schreibe 800.000 Mark von Wattenscheid kauften, der aber, seit er für Schalke spielte, gerade drei Mal ins Schwarze traf.
Trainer Horst Franz verkündete zwar immer wieder Durchhalteparolen, doch es konnten nur noch zwei Schalker Siege bei zwei gleichzeitigen Niederlagen von Waldhof Mannheim den Abstieg verhindern. Selbst auf Schalke glaubte da niemand mehr dran. Günter Siebert mit betretenem Gesicht: »Der Mensch lebt von der Hoffnung, aber wir planen ab sofort für die Zweite Liga.« Gespräche mit den Spielern sollten folgen, denn für viele gab es keine gültigen Verträge für die Zweite
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