Die Spitze des Eichbergs
Gelsenkirchen ernannt und schämte sich dabei seiner Tränen nicht.
In der zweiten Hälfte der Hinrunde bekrabbelte sich Schalke wieder etwas, gewann sogar überzeugend hoch mit 6:1 gegen den Reviernachbar aus Dortmund, insgesamt aber blieben die Leistungen zu unbeständig. Ein gutes Beispiel hierfür war auch das Pokal-Viertelfinale beim VfB Stuttgart. Frank Hartmann hatte die Königsblauen in der ersten Hälfte bereits mit 2:0 in Führung gebracht und es gab noch einige Chancen mehr, die Führung auszubauen. Eigentlich steuerten sie einem sicheren Sieg entgegen, wenn nicht ein Allgöwer-Freistoß noch vor der Pause den Anschlusstreffer bedeutet hätte. Nach dem Wechsel sorgte wieder Allgöwer für den Ausgleich und dann zog Stuttgart in den letzten fünf Minuten -mit großer Mithilfe des Schiedsrichters Brückner - auf und davon. Am Ende gewannen die Schwaben gar mit 6:2, und das eigentlich nur, weil die Schalker so viele Chancen ausließen. Ein Spiegelbild der gesamten Saison: Überzeugenden Siegen (3:0 gegen Köln, 4:2 gegen Bochum) standen vermeidbare Niederlagen ( 0:3 gegen Frankfurt, 2:3 gegen Kaiserslautern) gegenüber, die die ganze Mannschaft verunsicherten. Beim Spiel gegen Kaiserslautern waren gerade mal noch 10.000 Zuschauer im Parkstadion, die ihre Mannschaft nach Spielende gnadenlos auspfiffen.
EIN HAUFEN PROBLEME
Vielleicht lag die Verunsicherung aber auch daran, dass Trainer Diethelm Ferner seinen Vertrag beim FC Schalke 04 zum 30. Juni von sich aus gekündigt hatte - und das bereits im März. Damit zog der Trainer die Konsequenz aus einer »Präsidenten-Schelte«. Hans-Joachim Fenne hatte dem Trainer zwar gute fachliche und sachliche Arbeit bescheinigt, aber fehlende Ausstrahlungskraft -das Wort »Charisma« wurde dabei oft bemüht - bemängelt. Schon öfter hatte Dr. Fenne in der letzten Zeit laut über ein neues Konzept nachgedacht, was ihm selbst auch eine Menge Kritik einbrachte. Im vorletzten Spiel der Saison rettete sich Schalke mit einem 1:1 gegen den BVB; Fenne und Rudi Assauer atmeten noch einmal tief durch. Der Klassenerhalt war gesichert, doch der zehnte Platz am Ende der Saison wirkte trügerisch.
Auch Stan Libuda ging es schlecht. Die Fußball-Legende lag nach einer Notoperation am Darm im Marienhospital von Gel-senkirchen-Ückendorf. Aber nicht nur gesundheitlich, auch finanziell ging es ihm dreckig. Er hatte keinen Pfennig mehr und lebte nach seiner Scheidung bei seiner Mutter, die für ihn sorgte. Dr. Fenne wollte nicht tatenlos zusehen (»Wir müssen sofort etwas tun«) und auch die Dortmunder Bo-russen wollten Stan nicht im Regen stehen lassen. Doch fraglich war, ob sich der einstige Dribbelkünstler überhaupt helfen lassen wollte.
Die WM 86 in Mexiko sollte für Olaf Thon eigentlich ein Höhepunkt seiner bisher steilen Karriere (bis dato zehn A-Länderspiele) werden. Doch zunächst ließ Teamchef Franz Beckenbauer ihn links liegen und nominierte ihn für die ersten Spiele noch nicht einmal für die Bank, dann zog sich »Thöni« eine schwere Wadenverletzung zu und musste die Rückreise antreten.
48. WO ICH BIN, HERRSCHT CHAOS
In Gelsenkirchen war man auf der Suche nach einem neuen Trainer »mit Charisma« fündig geworden: Rolf Schafstall (zuletzt beim VfL Bochum) übernahm das Amt. Auch sonst wurde ordentlich investiert. Zwar verließ Frank Hartmann den Verein wieder in Richtung Kaiserslautern und Dieter Schatzschneider wurde an Fortuna Köln ausgeliehen, aber mit Jürgen »Kobra« Wegmann (vom BVB) und Libero Wilfried Hannes (aus Gladbach) wurden zwei »Hochkaräter« geholt. Zu ihnen gesellte sich ein Spieler, der uns noch in guter Erinnerung ist: Michael »Magic« Prus. Mit diesen Verstärkungen war man frohen Mutes, in dieser Saison auch mal oben anklopfen zu können. Derweil brach auf Schalke eine Hochzeitseuphorie aus: Klaus Täuber, Dietmar Roth und Ralf Regenbogen traten mit ihren Bräuten vor den Traualtar.
Es sollte ein ganz fatales Fußballjahr werden. Noch bevor die Saison richtig begonnen hatte, hatte sich Jürgen Wegmann im Trainingslager den Fuß gebrochen und bei Wilfried Hannes machte sich eine alte Muskelverletzung sehr nachhaltig bemerkbar. Die Krise nahm ihren Lauf. Nach einer 2:0-Führung am 4. Oktober im Spiel gegen den 1. FC Köln verlor Schalke noch 2:4. Das leitete eine Serie von sieben Spieltagen ohne Sieg ein.
In der Führungsriege kriselte es gewaltig. Fenne, Manager Assauer und Trainer Schafstall schlossen auf der Fahrt zum Freundschaftsspiel
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