Die Spitze des Eichbergs
viele gibt, sondern immer mit Leib und Seele dabei. Und nachdem ich meine Rede bei der Versammlung geführt hatte, hatte ich eine Ahnung, dass es für den eigentlichen Favoriten Fred Gatenbröcker ganz schön eng werden könnte. Ich bin dann tatsächlich mit relativ großer Mehrheit gewählt worden, obwohl ich vorher echt nicht damit gerechnet habe. Ich wollte die Sache dann auch durchziehen, zumal mir Gatenbröcker und Stuckmann zunächst ihre Mitarbeit zugesichert hatten. Aber schon in der ersten Nacht, als wir alle zusammen saßen, attackierte Siebert Volker Stuckmann und Fred Gatenbröcker lautstark, wie sie denn so idiotisch hätten sein können, mit mir in ein Boot zu steigen. Es war ein heilloses Durcheinander.
SCHALKE UNSER: Wie kam es dann zu dem Spionageverdacht?
MICHAEL ZYLKA: Ich war beim Bundesverteidigungsministerium in einem sicherheitsrelevanten Bereich als Dolmetscher für slawische Sprachen tätig. Nicht mehr und nicht weniger. Die Bezeichnung »Spion« ist absolut dummes Zeug. Man hatte sogar vor, mich zum Chef der Sport-Kompa-nie Essen zu machen, so dass ich mich auch intensiv um Schalke hätte kümmern können. Um die Vorwürfe aus dem Weg zu räumen, habe ich sogar ein Disziplinarverfahren gegen mich selbst eingeleitet, das dann später eingestellt wurde. Ich wurde von meinem Arbeitgeber zu keiner Zeit dazu gedrängt zurückzutreten, wie sooft geschrieben wurde.
SCHALKE UNSER: Aber warum dann schon nach drei Tagen der Rücktritt?
MICHAEL ZYLKA: Ich bin am nächsten Tag auf der Geschäftsstelle gewesen und ich kam mir vor wie ein Fremder. Es war pure Ablehnung, die mir entgegenschlug. Zudem fand ich ein finanzielles Chaos vor. Es gab Verträge, die nicht unterschrieben waren, Belege, die fehlten - ein einziges Wirrwarr. Und dann kam noch hinzu, dass ich von der Stadt Gelsenkirchen enorm unter Druck gesetzt wurde, indem die Rückzahlung von Krediten umgehend erfolgen sollte. Ich habe damals gesagt: »Ich wusste, dass ich in einen reißenden Strom springe, aber ich habe nicht gewusst, wie kalt das Wasser ist.« Nach Rücksprache mit meiner Familie habe ich dann gesagt: »Es hat keinen Sinn.« Es wäre auch für den Verein Schalke 04 nicht gut gewesen. Es waren zwar nur drei Tage, aber es gab fieses Mobbing. Und heute sage ich ehrlich, dass ich auf diese Situation gar nicht vorbereitet war. Ich sah für mich überhaupt keine Chance mehr, das Ding durchzuziehen. Das war keine Flucht, sondern einfach für alle Beteiligten das Beste.
SCHALKE UNSER: Du bist aber mit deiner Drei-Tages-Präsidentschaft in die Geschichtsbücher des FC Schalke 04 eingegangen, ist das nicht auch etwas?
MICHAEL ZYLKA: Ja, aber da leg ich keinen Wert drauf, zumal es ja auch wirklich kein Ruhmesblatt ist. Das war wirklich keine Glanzleistung von mir, das will ich auch in aller Deutlichkeit sagen. Aber ich habe das ja nicht getan, weil ich Publicity-geil war, sondern mir lag der Verein am Herzen. In diese Situation können sich viele, vor allem junge Schalker gar nicht mehr hineinversetzen. Der Verein war tot, mausetot. Und ich hab damals schon gesagt: »Schalke braucht eigentlich einen Präsidenten mit viel Geld.«
SCHALKE UNSER: Der kam ja dann auch mit Günter Eichberg.
MICHAEL ZYLKA: Ich bin auch nicht ganz unschuldig daran, dass Eichberg bei Schalke gelandet ist. Einige Wochen nach meinem Rücktritt habe ich zusammen mit Günter Eichberg im VIP-Raum der Düsseldorfer EG gestanden, und da hat er zu mir gesagt: »Wenn ich vorher gewusst hätte, wie leicht man auf Schalke Präsident wird, dann hätte ich es schon längst mal versucht.« Er hatte ja bereits vorher Versuche unternommen, in den Vorstand von Fortuna Düsseldorf zu kommen. Das hat aber nie geklappt. Damals waren viele Leute einfach nicht mehr bereit, ihr Geld für Schalke zu geben. Das Geld verschwand zuvor in dubiosen Kanälen, bei Spielern wurden die Ablösesummen verpfändet, es war wirklich ein Fass ohne Boden. Und da kam Günter Eichberg gerade richtig. Das wollen heute viele auf Schalke nicht mehr hören, aber ich bin der festen Überzeugung, dass Schalke ohne Eichberg in die Amateurliga gegangen wäre, und ob sich Schalke davon wieder erholt hätte, steht in den Sternen. Eichberg hat Visionen mitgebracht und er hat am Anfang auch viel Positives bewirkt. Er hat dem Verein wieder Leben eingehaucht, die Mannschaft ist in die Bundesliga aufgestiegen und auf Schalke brannte wieder das Feuer. Später hat er dann natürlich kein Maß mehr
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