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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Noellke
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Peter Limbourg die Bundeskanzlerin auf: „Erklären Sie uns und Herrn Steinmeier, warum er der schlechtere Bundeskanzler ist.“ Merkel antwortete: „Zunächst einmal sollte man sagen, dass diese große Koalition gut gearbeitet hat unter meinerFührung …“ Nach einigen Sätzen dieser Art setzte Limbourg nach: „Sie sollen ja eigentlich Herrn Steinmeier sagen, warum er der schlechtere Bundeskanzler ist.“ Merkel erwiderte lächelnd: „Ich beantworte die Fragen so, wie ich mir das vorgenommen habe.“
    Fragen zurückweisen, umlenken, zermalmen
    Die eben genannte Methode hat einen kleinen Nachteil: Womöglich bemerkt das Gegenüber gar nicht, dass seine Frage nicht richtig beantwortet wurde. Oder er geht einfach darüber hinweg. Deutlicher ist es da schon, wenn die dominante Frage schlicht zurückgewiesen wird: „Diese Frage stellt sich momentan nicht.“ Oder: „Da fragen Sie den Falschen.“ Oder etwas höflicher: „Bitte haben Sie Verständnis, dass ich dazu nichts sagen kann.“ Die charmanteste Antwort dieser Art gab der Neurowissenschaftler Bernard Baars in einem Interview: „Interessante Frage. Ich werde ihr ausweichen.“ Das Gespräch wurde damit allerdings abgeblockt.
    Daher ist es manchmal die bessere Lösung, die Frage umzulenken, auf einen Punkt, der einem wichtig scheint. Im Unterschied zu der ersten Methode (mit dem Beispiel der Bundeskanzlerin) geht man aber nicht stillschweigend darüber hinweg, sondern stellt ausdrücklich fest, dass man jetzt über etwas anderes redet, nämlich „den Kern der Sache“. Diese Art dominanter Antwort könnte etwa so lauten: „Das ist doch gar nicht der Punkt. Worum es eigentlich geht, das ist …“ Oder: „Worüber reden wir hier eigentlich? Über (man greift sich irgendein lächerliches Detail heraus)? Mich beschäftigt viel mehr die Frage …“
    Eine etwas drastische Methode, die Dominanzverhältnisse zurechtzurücken, besteht darin, die (dominante) Frage aufzugreifen, um sie mitsamt ihrer Abwertung förmlich zu zermalmen: „Steigen Sie mal von Ihrem hohen Ross herunter. Es steht Ihnen nicht zu, so mit mir zu reden.“ Allerdings muss die Frage schon genug hergeben, damit diese Reaktion gerechtfertigt erscheint, sonst macht man sich womöglich lächerlich.
    Unterstellungs- und Suggestivfragen
    Wenn wir über Dominanz sprechen, dürfen wir zwei Fragearten nicht übergehen, die in keinem guten Ruf stehen – was ihrer Beliebtheit freilich nicht geschadet hat. Die Rede ist von den Unterstellungs- und den Suggestivfragen. Sie wirken vor allem dann, wenn man sie nicht gleich durchschaut, sondern ihnen auf den Leim geht, was im Eifer eines Gesprächs leicht geschehen kann.
    Unterstellungen in die Frage schmuggeln
    In gewissem Sinn ist jede Frage eine Unterstellungsfrage, denn es fließen bestimmte Annahmen über die Realität in sie mit ein. Nehmen wir das Beispiel vom Beginn dieses Abschnitts: „Herr Hohenester, für Sie als einer der besten Kenner der Branche, ist denn schon absehbar, wann die Krise endet?“ In dieser Frage stecken unter anderem die folgenden Unterstellungen: Herr Hohenester kennt sich in „der Branche“ bestens aus. Seine Aussagen haben daher besonderes Gewicht. Es gibt so etwas wie eine „Branche“, unterschiedliche Betriebe, die sich sinnvoll zu einer Einheit zusammenfassen lassen. Diese Branche befindet sich aktuell in einer Krise. Diese Krise wird irgendwann einmal enden und von einem Aufschwung abgelöst.
    Nun lässt sich jede dieser Annahmen auch in Frage stellen: Herr Hohenester ist keineswegs kompetent, die Branche besteht aus völlig unterschiedlichen Betrieben, die man auseinanderhalten sollte, es gibt gar keine Krise in der Branche oder die Krise wird nicht enden, weil sich die Branche bereits in der Auflösung befindet. Der Punkt ist: Wenn Herr Hohenester die Frage „normal“ beantwortet, akzeptiert er die Unterstellungen, die ihr zugrundeliegen. Das ist bei diesem Beispiel vermutlich nicht so problematisch. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn negative Unterstellungen in die Frage einfließen: „Wie wollen Sie das Chaos in Ihrer Abteilung beenden?“, „Nachdem Ihre Internetstrategie grandios gescheitert ist, wieso suchen Sie sich nicht einfach einen Kooperationspartner?“ Ganz egal, wie sich der Gesprächspartner über mögliche Kooperationen äußert, er lässt sich die „gescheiterte Internetstrategie“ anhängen.
    Nun funktionieren machtvolle Unterstellungsfragen natürlich nicht so plump. Aber das Prinzip

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