Die Sprache der Macht
zunächst ein wenig skeptisch gegenüberstehe, wirken Ihre Worte weiter, wenn sie zu einer kurzen Formel verdichtetwurden. Später kann ich mich besser daran erinnern. Und für Sie ist es leichter, sie mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn darum geht es zunächst: Dass sich mir Ihre Worte tief einprägen.
„Nichts ist gut in Afghanistan.“
Die ehemalige Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche Margot Käßmann übte Kritik am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. In einer Predigt äußerte sie die Einschätzung: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Dieser schlichte Satz ist in Erinnerung geblieben. Sowohl Anhänger wie Kritiker der Bischöfin haben sich immer wieder auf ihn bezogen.
Einprägsame Strukturen
Wie gut sich Ihre Botschaft einprägt, das hängt vor allem von der Form ab. Das Grundgerüst Ihrer Worte muss tragen. Es sollte für Ihre Zuhörer ohne Mühe zu erkennen sein. Wie erreichen Sie das? Indem Sie auf einfache, vertraute Muster zurückgreifen. Typische Muster sind beispielsweise:
Analogie: A ist wie B.
Aufdröseln: A besteht aus B und C (und D).
Auffordern: Tun Sie A! / Unterlassen Sie B!
Gegensätze: A ist das Gegenteil von B.
Widerlegen: Nicht A ist richtig, sondern B.
Übertreffen: A (ist gut), aber B (ist noch besser).
Dialektik: A als These, B als Gegenthese, C als Synthese von A und B.
Parallelen: A gleichartig mit B (gleichartig mit C).
Steigerung: A (stark), B (stärker), C (am stärksten).
Zeitliche Abfolge: Erst A, dann B, heute C. Oder gestern A, heute B, morgen C.
Fast immer sind drei Grundprinzipien am Werk: 1. Gleichartigkeit / Ähnlichkeit, 2. Kontrast / Gegensätzlichkeit. 3. Steigerung / Abschwächung. Aus solchen simplen Grundmustern lassen sich die einprägsamen Formeln schneidern.
„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“ (Analogie) – Ernesto „Che“ Guevara.
„Politik ist wie Surfen auf Hawaii. Man weiß nie, ob von hinten eine Welle kommt.“ (Analogie) – Markus Söder.
„Wir leben nicht, um zu glauben, sondern um zu lernen.“ (Widerlegen) – Dalai Lama.
„Lasst uns niemals aus Furcht verhandeln, aber lasst uns auch niemals Verhandlungen fürchten.“ (Parallele) – John F. Kennedy.
„Wir müssen heute handeln, um das Morgen zu erhalten.“ (Zeitliche Abfolge) – Ronald Reagan.
„Ich wünsche mir für mich und meine Partei ein Gläschen Weisheit, ein Fass voll Klugheit und ein Meer voll Geduld.“ (Steigerung) – Horst Seehofer.
Achtung: Der Schwerpunkt der Botschaft liegt am Ende
Aus den wenigen Beispielen können Sie schon ersehen: Meist liegt der Kern der Botschaft am Ende. So geht es Kennedy vor allem darum, Verhandlungen zu führen (aber nicht um jeden Preis). Und Horst Seehofer will die große Bedeutung von Geduld herausstreichen und nicht so sehr um Weisheit und Klugheit werben.
Akzente setzen durch die Wortstellung
Betrachten wir noch einmal den Satz „Nichts ist gut in Afghanistan“. Warum wirken diese Worte wesentlich stärker, als wenn die Bischöfin gesagt hätte: „In Afghanistan ist nichts gut.“? Dafür gibt es zwei Gründe. Beide haben mit der Stellung der Wörter zu tun, dem Satzbau. Zunächst einmal zieht der Satz unsere Aufmerksamkeit auf sich, weil er die Standardabfolge der Wörter durchbricht. Ganz neutral formuliert hieße der Satz eben: „In Afghanistan ist nichts gut.“ Allein durch die kleine Abweichung von dieser Struktur macht der Satz schon auf sich aufmerksam. Dann aber ist die Abweichung nicht zufällig: Käßmann stellt das „Nichts“ an den Anfang und gibt ihm dadurch besonderes Gewicht. Erst jetzt wird ihr Befund so richtig vernichtend.
Allerdings müssen Sie die Satzglieder, die Ihnen am wichtigsten sind, keineswegs an den Anfang stellen. Wir haben es ja eben angesprochen: Das Hauptgewicht eines Satzes liegt im Deutschen meist am Ende. Jedoch haben Sie die Möglichkeit, das eine oder andere Wort hervorzuheben, indem Sie es nach vorne ziehen. Dies hat vor allem dann eine starke Wirkung, wenn Sie vom Standardsatz (Subjekt-PrädikatObjekt / adverbiale Bestimmung) abweichen. So wie Thomas Mann,der seine Roman-Tetralogie „Joseph und seine Brüder“ mit dem Satz beginnt: „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit.“
Sprache der Macht im Alltag: Sätze umbauen
Womöglich bekommt Ihre Botschaft mehr Kraft, wenn Sie die Satzglieder umstellen: Das Wichtigste steht am Ende oder am Anfang. Weniger Wichtiges packen Sie in die Mitte. Verben wirken stärker, wenn sie nicht weit auseinander
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