Die Sprache der Macht
Ruder übernahmen.
Gegenstrategien
Zunächst müssen wir unterscheiden, ob sich die simple Kernbotschaft an Sie richtet oder ob Sie als Konkurrent bestrebt sind, eine solcheBotschaft zu durchkreuzen. Im ersten Fall dürften Sie durch die Lektüre dieses Kapitels schon ein wenig immunisiert sein, so dass Ihr Gegenüber mit seiner simplen Kernbotschaft nicht einfach so durchkommt. Allerdings muss sich hinter seinem Manöver keineswegs ein unlauteres Motiv verbergen. Daher geht es darum herauszufinden, was hinter der ganzen Sache steckt. Und vor allem: wie viel Substanz. Denn manchmal soll eine wohlklingende Formel fehlendes Nachdenken und stichhaltige Argumente ersetzen.
Das muss aber nicht so sein. Dann spricht auch wenig dagegen, die Formel aufzugreifen – und womöglich für eigene Zwecke nutzbar zu machen. Wir haben es erwähnt: Eine gute Kernbotschaft hat einen großen „Resonanzraum“. Das heißt aber auch, dass sie ein breites Spektrum an Deutungen zulässt. Was sich jemand unter den „hundert Blumen“ vorstellt, die Mao erblühen lassen wollte, bleibt seiner eigenen Vorstellungskraft überlassen. Ja, sogar die Aufforderung an „Mister Gorbatschow“, die Mauer niederzureißen, lässt einen gewissen Spielraum an Interpretationen zu. Und eben diesen Spielraum können Sie nutzen, gerade wenn es sich bei dem Urheber der simplen Kernbotschaft um jemanden handelt, der über sehr viel mehr Macht verfügt als Sie. Dass Sie sich gleichwohl darüber Gedanken machen müssen, welche Motive hinter der Kernbotschaft stecken, zeigt das Beispiel der „hundert Blumen“ eben auch.
Befinden Sie sich hingegen in einer Konkurrenzsituation, stellt sich die Lage völlig anders dar. So ist es außerordentlich schwer, eine prägnante Kernbotschaft mit logischen Argumenten zu entkräften, denn sie wirkt ja aus anderen Gründen so bestechend. Der Formel „Nichts ist gut in Afghanistan“ kommen Sie nicht bei, indem Sie herunterbeten, was dort alles erreicht worden ist.
Vielmehr gibt es zwei unterschiedliche Methoden, eine unliebsame Kernbotschaft auszustechen. Die eine: Sie finden für Ihre eigene Position eine Formel, die mindestens genauso attraktiv ist. Wenn Sie dann noch die besseren Argumente haben, sind Ihre Aussichten gewiss nicht schlecht, sich zu behaupten. Außerdem stehen Ihnen natürlich noch die übrigen sprachlichen Machtmittel zu Verfügung, die Sie in diesem Buch kennen lernen.
Die zweite Methode ist schon deutlich problematischer. Sie besteht darin, die Kernbotschaft des Konkurrenten zu beschädigen. Noch vergleichsweise harmlos ist es, wenn die humoristische Tour gewählt wird: Die Formulierung des andern wird aufgegriffen und in einen neuen verblüffenden Zusammenhang gerückt. Oder ein neuer Sinnentsteht, weil der Wortlaut ein wenig verändert wird. Kurz gesagt: Man veralbert die Kernbotschaft in der Hoffnung, dass sie nun niemand mehr so ganz ernst nimmt. Kernbotschaften, die den Keim der unfreiwilligen Komik bereits in sich tragen, lassen sich auf diese Art und Weise tatsächlich erledigen. Einer richtig guten Botschaft kann man damit allerdings nicht gefährlich werden.
Eine ganz andere Möglichkeit: Sie spielen die Expertenkarte. Das setzt natürlich voraus, dass Sie diesen Status einnehmen und der andere nicht. Anstatt sachlich Kritik zu üben, die Ihre Zuhörer ohnehin nicht nachvollziehen können, weisen Sie die Kernbotschaft einfach zurück. Sie können sie als „Unsinn“ bezeichnen und mit hochgezogener Augenbraue darauf hinweisen: „Mir ist kein Experte bekannt, der eine so unterkomplexe Darstellung akzeptieren würde.“ Auch damit lässt sich gelegentlich etwas ausrichten.
Manche gehen noch einen Schritt weiter: Sie versuchen die Botschaft lächerlich zu machen und häufig auch noch die Person(en), die sie verbreiten. Davon kann nur abgeraten werden. Solche schmutzigen Auseinandersetzungen pflegen zu eskalieren und lassen den Angreifer nicht unbeschadet davonkommen. Zugleich aber sollten Sie wissen, dass diese Gefahr droht, wenn Sie selbst eine treffende Kernbotschaft lanciert haben. Man wird versuchen, Sie lächerlich zu machen.
Achtung: Man lässt mit Schlamm werfen
Bei so einer Auseinandersetzung ist es keine Seltenheit, dass derjenige, der Sie diskreditieren will, gar nicht selbst tätig wird, sondern einen Dritten mit Schlamm werfen lässt. In diesem Fall sagen Sie klipp und klar, wer von diesen Anwürfen profitiert und dass Sie ihn als den eigentlichen Drahtzieher
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