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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Millionen verdient. Mehr als genug für einen Neuanfang.
    Aus der Asche keimt das frische Gras.
    Aus Tod wird Leben.

85
    Die rituelle Schlachtung von Jack Wade beginnt mit M&M -Peanuts.
    Jack steht im »Observationsraum« hinter dem Einwegspiegel, mampft M&M -Erdnüsse und sieht sich die »Geschworenen« an, die gerade zur Tür reinkommen. Er kennt diese Observationsstudios schon von anderen Fokusgruppen, und ganz egal, was es dort gibt oder nicht gibt: An die Schalen mit M&M-Peanuts ist jedesmal gedacht.
    Für die Nervösen, die unbedingt was mampfen müssen.
    Ein Essen servieren sie auch immer, nur dass Jack nicht sonderlich scharf ist auf die blubbernde Lasagne vom Rechaud. Meist ist die Verpflegung bei solchen Anlässen ganz gut, aber heute Abend ist sie richtig gut: Außer Lasagne gibt es auch noch Basilikum-Hähnchen vom Grill, Fettuccine Alfredo, Caesars Salat – und zum Dessert Profiteroles. Und das alles auf richtigen Tellern, mit richtigem Besteck und echten Leinenservietten.
    Die Qualität des Essens ist immer eine willkommene Vorlage für einen Gute/Schlechte-Nachricht-Witz.
    Die gute Nachricht: Das Essen ist gut.
    Die schlechte Nachricht: Das Essen ist nur deshalb gut, weil die Böcke von der Chefetage anrücken.
    Casey hat das Catering bestellt.
    Er weiß, dass die Chefs großen Wert aufs Essen legen, also ist es nur klug, sie ordentlich abzufüttern. Besonders wenn es um eine 50 -Millionen-Rechnung geht.
    Das Trinkgeld nicht gerechnet.
    Jack sieht den Böcken beim Essen zu.
    Die halbe Chefetage drängt sich um den Futtertrog. In seinen zwölf Jahren in der Firma hat Jack diese Leute nie leibhaftig zu Gesicht gekriegt, höchstens in ein paar internen Motivationsfilmchen. Aber Appetit haben sie, das muss man ihnen lassen.
    Vizepräsidenten, alle miteinander. VP Schäden, VP Rechte, VP Öffentlichkeitsarbeit.
    »Phil Herlihy, VP Schäden«, sagt Billy und zeigt auf einen älteren Herrn mit Wampe und weißer Mähne. »Kommt natürlich aus dem Vertrieb. Von Schäden versteht der nicht die Bohne.«
    Dann zeigt er Jack einen langen, dürren Mittfünfziger: »Dane Reinhardt, VP Rechte. Der ist zu blöd, einen Richter zu bestechen, aber uns will er Vorschriften machen.«
    »Jerry Bourne. VP Öffentlichkeitsarbeit.« Billy zeigt auf einen stämmigen roten Lockenkopf mit roter Nase, um die vierzig. »Sein Job ist es, Huren anzuheuern – für die Feuerwehrleute, die wir einladen. Und dann die Rechnungen in seinem Budget zu verstecken. Ein Vollidiot, aber wenigstens weiß er’s. Genau wie Reinhardt, nur, der weiß es nicht. Der weiß nur, dass es viel sicherer ist, Schäden auszuzahlen, als vor Gericht zu gehen und zu verlieren. Nichts fürchtet diese Nullnummer von Jurist so sehr wie den Gerichtssaal. Aber auf Herlihy muss man aufpassen. Der schwingt die große Keule beim obersten Chef.«
    Herlihys schweifender Blick bleibt an Billy hängen.
    »Billy«, sagt Herlihy. »wollen Sie nichts essen?«
    »Ich achte auf meine Figur.«
    Herlihy fasst Jack ins Auge.
    »Sind Sie dieser Jack Wade, von dem wir heute so viel gehört haben?«
    »Bekenne mich schuldig.«
    »Ihr Cowboys von der Schadensabteilung seid doch ...«
    Mehr sagt er nicht. Als wäre er zu angewidert, um seinen Satz zu Ende zu bringen.
    Jack findet, dass er darauf nicht antworten muss, also sagt er nur »Yippie-yeah-hy-ooo!« und geht weiter, was ihm bei Phil Herlihy, dem VP Schäden, nicht gerade Vorschusslorbeeren einbringt.
    Der Observationsraum sieht aus wie ein kleiner Hörsaal.
    Etliche Hörsaalbänke sind an den Boden geschraubt, der sich zum Einwegfenster hin absenkt. Das Buffet steht links auf dem flachen Gang zwischen Fenster und Tür. Am oberen Ende des Raums macht ein Techniker die Kamera fertig, um das Gemetzel für die Bosse aufzuzeichnen, die nicht an der Liveshow teilnehmen. Am unteren Ende steht ein Tisch von der Breite des Beobachtungsfensters, und am Tisch sitzen zwei Sachverständige mit Laptops und Stapeln von Fragebögen.
    Außerdem haben die zwei Sachverständigen einen Monitor, der an die zwölf ProCon-Geräte der »Geschworenen« angeschlossen ist.
    Das ProCon-Gerät ist ein simpler kleiner Joystick, mit dem der Geschworene seine »Gefühle« ausdrückt. Entweder pro oder kontra – wann immer ihm danach ist, und deshalb muss er die Hand während der ganzen Verhandlung auf dem Gerät liegenlassen. Gibt er Kontra, drückt er den Hebel nach unten, gibt er ein bisschen Kontra, drückt er ihn nur ein wenig. Bei Pro gilt das

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