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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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kleinen Spaziergang auf dem Rasen von Mutters Haus.
    So weit wie möglich vom Haus entfernt, denn der Zirkus da drinnen treibt Nicky zum Wahnsinn.
    Es sind die Kinder, es ist der Hund – und vor allem Mutter. Genauer gesagt, ist es die unselige Troika aus Kindern, Hund und Mutter, weil die Kinder den Hund lieben und Mutter den Hund hasst. Die Kinder wollen den Hund im Haus, im Gegensatz zu Mutter. Der Hund will immer auf die Couch, und Mutter kriegt Anfälle. Der Hund will mit den Kindern schlafen, und die Kinder wollen mit dem Hund schlafen, aber Mutter will, dass der Hund draußen schläft, doch genauso gut kann sie ihm den Tod wünschen, was sie auch wirklich tut. Und die letzte Nacht war der Gipfel der Absurdität, weil Nicky den Hund draußen in einer Hundehütte festmachen und dann einen Wachmann neben der Hundehütte postieren musste, damit die Kinder aufhörten zu brüllen und der kleine Michael nicht, wie angedroht, ebenfalls in der Hundehütte schlief, bewaffnet mit einem Gummimesser, um Leo vor den Kojoten zu schützen.
    Als Nächstes, denkt Nicky, ziehe ich einen Stacheldrahtzaun um das Sofa.
    Und Mutter hackt ständig auf dem armen Michael rum. Natalie wird von ihr völlig ignoriert. Das Mädchen ist einfach Luft für sie, aber den Jungen erstickt sie mit ihrer überwiegend negativen Zuwendung. Nichts kann der Arme ihr recht machen. Den ganzen Tag geht es »Michael, nimm die Serviette, nicht den Ärmel«, »Michael, üb deine Tonleitern«, »Michael, nimm den Kopf hoch, ein Gentleman geht gerade.«
    Wie eine alte Schallplatte, die einen Sprung hat, denkt Nicky. Ein Oldie but Goodie, wie die amerikanischen DJs sagen.
    Treibt den Jungen zum Wahnsinn.
    Und mich genauso.
    Also ist es gut, dem Zirkus ein Weilchen zu entrinnen.
    Einen Spaziergang auf dem Rasen zu machen, selbst wenn man dabei zu hören kriegt, dass man so gut wie tot ist.
    »Tratchev verlangt eine Versammlung«, sagt Dani. »Heute Abend.«
    »Heute Abend schon?«
    »Damit wir uns nicht groß vorbereiten können.«
    »Aber sie haben sich vorbereitet.«
    »Logisch.«
    »Sag die Versammlung ab.«
    »Dann haben wir Krieg.«
    »Okay, haben wir eben Krieg.«
    Dani schüttelt den Kopf. »Sie sind stärker als wir.«
    Nicky hört den stummen Vorwurf heraus.
    Und er ist verdient.
    In meinem Eifer, ein kalifornischer Businessman zu werden, habe ich die Zügel schleifen lassen. So sehr, dass es uns jetzt an den Kragen geht.
    Sehr uncool.
    »Dann sagen wir zu.«
    Dani schüttelt wieder den Kopf.
    »Bei der Versammlung«, sagt Dani, »wollen sie dich liquidieren.«
    Tratchev hat die anderen Brigadiere überredet, und er hat leichtes Spiel. Valeshin will mich abkassieren, hat er ihnen gesagt, und ihr seid die Nächsten – wenn wir ihn nicht stoppen, und zwar schnell.
    »Tratchev wird dir vorwerfen, dass du den Obotschek unterschlägst«, sagt Dani. »Ein schwerer Verstoß gegen die Statuten. Und diese Versammlung wird anders. Diesmal sind sie vorbereitet.«
    Nicky bleibt kurz stehen, um den Duft der Bougainvilleen einzusaugen, das leuchtende Rot der Fuchsien zu genießen, das strahlende Blau des Ozeans und des Himmels. Schön!
    »Das hier war es, was ich immer wollte!«
    »Ich weiß«, sagt Dani.
    »Ich fahre zu der Versammlung«, sagt Nicky. »Allein.«
    »Das geht nicht.«
    »Sollen wir etwa alle sterben?«
    »Pachan –«
    Nicky hebt die Hand. Genug.
    Ich tue, was zu tun ist.
    Ich mache einen Deal mit Tratchev und den anderen.
    »Da ist noch was«, sagt Dani.
    »Wunderbar!«
    »Die Schwester.«
    »Was ist mit der?«, fragt Nicky.
    »Sie hat nach den zwei Vietnamesen gefragt.«
    »Was? Woher weißt du das?«
    »Sie stiftet Unruhe in Little Saigon«, sagt Dani. »Macht richtig Dampf.«
    »Wie kommt die denn auf die zwei Vietnamesen?«
    Du denkst, du bist sicher. Du denkst, du hast dein ganzes Können eingesetzt, um alle Klippen zu umschiffen, und dann kommt diese Fotze von Schwester ...
    »Wir tun, was zu tun ist«, sagt Nicky.
    »Sie ist ein Cop.«
    »Das weiß ich selbst.«
    »Man kann sie nicht kaufen.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Ein zweiter Unfall, damit kommen wir nicht durch«, sagt Dani. »Zwei Schwestern –«
    »Verdammt noch mal! Hier befehle ich!«
    Ich weiß, es ist riskant. Aber was ist schon ohne Risiko? Ich hab die liebe Pamela nicht beseitigt und den Kindern die Mutter weggenommen, um am Ende alles zu verlieren.
    Wir tun, was zu tun ist, ohne Rücksicht auf Verluste, und wir tun es schnell. Und wenn alles getan ist, haben wir 50

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