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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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acht war. Ein Rock-’n’-Roll-Schuppen, als er zehn war, ein Abschlepplokal, als er fünfzehn war.
    Der alte Bau ist in einem traurigen Zustand. Herausgerissene Bretter, abgerissene Schindeln, aber die Flügeltür ist noch intakt.
    Und mit einem glänzenden neuen Vorhängeschloss versperrt.
    Einem Zahlenschloss.
    Jack sucht einen Stein und schlägt die Verriegelung kaputt.
    Die Flügeltür springt auf, als hätte sie nur darauf gewartet.
    Als erstes sieht Jack das Bett.
    Er hebt ein Tuch, und da steht es vor ihm.
    Das Himmelbett von Robert Adam. Unglaublich kostbar mit seinen Seidendrapierungen und den filigranen Schnitzereien. Das Video hat ihm Unrecht getan. Es ist noch viel prächtiger.
    Im ganzen Saal stehen die Möbel herum. Mit Tüchern verhängt sehen sie aus wie Ungetüme, wie Gespenster. Jack geht um sie herum, hebt die Tücher an.
    Hier der Mahagoni-Schreibtisch von 1775 , dort der Hepplewhite-Sessel und der Rokoko-Konsolentisch von Matthias Lock.
    »Alles noch da«, flüstert Jack.
    Die Mahagoni-Stühle, der stumme Diener, der Kent-Spiegel, der Wandtisch, der Kartentisch. Jack nimmt die kostbaren Möbel in Augenschein, aber im Geiste sieht er Pamela Vale, die ihn herumführt, gefilmt von Nicky Vale.
    Hier eins unserer Prachtstücke: Ein seltener Sekretär von etwa 1730 in rotem und schwarzem Japanlack. Beachten Sie die wie behaarte Hufe ausgeführten Füße, auch die schlangenförmigen Kanten mit angedeuteten Akanthusblättern. Ein sehr seltenes Stück .
    Da stehen sie nun, Nickys Antikmöbel. Mehr als eine halbe Million wert.
    Und das mal zwei. Eine halbe Million bringt die Entschädigung, eine halbe Million der Verkauf.
    Aber es ist auch Nickys Ego, das hier vor ihm steht, seine Eitelkeit, seine maßlose Gier.
    Für die er seine Frau opferte.
    Seine Frau, die zwei Vietnamesen, George Scollins und Gott weiß wen noch. Für einen Haufen alte Möbel. Obwohl er mit seinem Coup fünfzig Millionen Dollar ergaunern will und es klüger gewesen wäre, die Möbel zu verbrennen, hat er das nicht über sich gebracht.
    Was ihn nun fünfzig Millionen kostet.
    Und ihm das Genick bricht.
    Wenn Jack mit seinem Plan durchkommt.

125
    Morgengrauen auch bei Mütterchen Russland.
    Nicky gießt Kaffee ein und setzt sich zitternd auf den Barhocker an der Küchentheke.
    Zwei Millionen in Scheinen.
    Und einen Großteil der Beute.
    Verlangt Karpozow für Mütterchen Russland.
    »Oder wir verbrennen sie Stück für Stück«, hat Karpozow gesagt. »Wir schicken dir die verkohlten Teile. Erst einen Finger. Wenn das nicht hilft, legen wir nach. Eine Hand, einen Fuß. Und wenn Mutter nichts mehr hergibt, holen wir uns die Kinder undmachen mit ihnen weiter. Du wolltest uns übers Ohr hauen, Daz. Du schuldest uns Dollars. Viele Dollars, die du deinem Vaterland gestohlen hast.«
    »Mein Vaterland existiert nicht mehr.«
    »Dann hast du sie uns gestohlen.«
    »Der KGB existiert auch nicht mehr. Nur noch ein besoffener Clown und die Russenmafia.«
    »Aber Nicky!«, hat Karpozow darauf geantwortet und den Kopf geschüttelt. »Verstehst du nicht? Wir sind die Mafia. Organisazija ! Alles ein und dasselbe. Und es gibt nur einen Grund, weshalb ich deine Mutter nicht in Stücke schneide, dir zum Fraß vorwerfe und dir hinterher das Gehirn rauspuste: du bist ein verdammt profitabler Schweinehund. Ein Meisterdieb. Und wirst wieder für uns arbeiten, Nicky. Zwei Millionen Dollar in Scheinen. Oder wir verbrennen deine Mutter. Ganz langsam. Das war doch deine Masche, nicht wahr? Damals in Afghanistan.«
    »Ich besorge das Geld.«
    »Das möchte ich dir auch geraten haben«, hat Karpozow gesagt und ist von Mutters Bett aufgestanden. »Ich würde den Film ja gern zu Ende sehen, aber sicher hast du jetzt einiges zu erledigen. Also, bis später, mein Junge.«
    Und weg war er.
    Nicky durchlebte eine sehr angenehme Nacht.
    Wenn er die Augen zumachte, sah er Levs Kopf im Jacuzzi tanzen. Wenn er sie aufmachte, sah er die Fackel vor sich, mit der sie seine Mutter ...
    Ruhelos lief er auf und ab.
    Bis zum Morgen.
    Jetzt packt ihn die Empörung. »Die sind in das Haus eingedrungen, in dem meine Kinder schlafen, und haben meine Mutter entführt!«, brüllt er und schlägt mit der Faust auf die Küchentheke.
    Bleib ruhig, beschwichtigt er sich.
    Wut hilft dir nicht weiter.
    Denk lieber nach.
    Karpozow ist eine Tatsache, der du dich stellen musst, und zwar schnell.
    Oder Mutter ist tot und als Nächstes die Kinder.
    Er wählt die Nummer, die Karpozow ihm gegeben

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