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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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und er starrt sie an wie ein Gespenst: »Heiraten? Bist du besoffen?«
    Sie will ihm Paroli bieten: Nein, Freundchen, du bist besoffen , aber sie vergisst ihren Stolz und sagt: »Ich dachte, wir wollten heiraten?«
    Er lacht. »Ich hab nicht mal einen Job.«
    »Aber ich hab einen.«
    »Und du willst mich ernähren?«
    »Klar«, sagt sie. »Bis du was findest.«
    »Ich finde nichts.«
    »Sieht nicht so aus, als würdest du groß suchen.«
    Es sei denn, es gibt Jobs auf dem Grund einer ausgeleerten Bierdose.
    »Was willst du von mir?«, fragt Jack.
    »Dich heiraten«, sagt Letty. »Mit dir leben. Ich will Kinder.«
    »Ich setze keine Kinder in diese beschissene Welt.«
    »Jack, du hattest Pech«, sagt sie. »Du hast einen Prozess verloren –«
    »Ich habe alles verloren.«
    »Nicht alles!«
    »Durch meine Schuld wurde ein Mensch ermordet!«
    »Nicht alles, Jack!«, schreit ihn Letty an.
    »Schon klar«, sagt Jack. »Was willst du überhaupt?«
    »Was ich will ?«
    »Verschwinde, Letty.«
    »Ich will aber nicht.«
    »Aber ich.«
    »Nein, willst du nicht«, sagt Letty. »Wirf mich nicht weg, Jack. Dafür bin ich mir zu schade.«
    »Wenn du bleiben würdest, wäre es schade um dich.«
    »Hör endlich auf mit diesem verdammten Selbstmitleid! Wenn ich nicht bei dir sein wollte, wäre ich –«
    »Bist du taub, verdammt noch mal? Ich hab gesagt, verschwinde! Hau ab! Pintale! «
    »Bin schon weg.«
    Sein erstes spanisches Wort, und es heißt Hau ab!
    »Bin schon weg«, wiederholt sie.
    »Gut.«
    »Ja, gut.«
    Sie knallt die Tür hinter sich zu.
    Zwei Monate später, seine Stütze geht bald zu Ende, klacken Billy Hayes’ Cowboy-Boots auf Jacks Stufen und durch den Trailer, in dem Jack fernsehend und biertrinkend auf dem Sofa hängt. Jack erkennt ihn – der Versicherungstyp, dem er die Tour vermasselt hat. Also fragt er: »Was ist? Wollen Sie mich fertigmachen?«
    Billy sagt: »Nein, ich will Ihnen einen Job anbieten, verdammt noch mal.«
    Jack starrt ihn an, lange, dann sagt er: »Mr. Hayes, alles, was mir vorgeworfen wird, habe ich wirklich getan.«
    »Sie kommen aus der Baubranche«, sagt Goddamn Billy, »und Sie waren auf der Feuerwehrschule. Das spart mir eine Menge Geld. Ich denke mir, dass Sie als Schadensregulierer keine schlechte Figur machen. Im Grunde geht es darum, den Versicherten ihre abgebrannten Häuser wiederherzustellen. Nehmen Sie den Job oder nicht?«
    »Ich nehme ihn.«
    »Morgen früh, sieben Uhr«, sagt Goddamn Billy. »Und lassen Sie das Bier zu Hause.«
    »Mach ich.«
    »Außer Sie bringen mir auch eins mit.«
    So fing sein Job bei California Fire and Life an.
    Zwölf Jahre später steht er in der Einfahrt zum Haus von Nicky Vales Mutter und hört diese Stimme aus der Vergangenheit.

29
    Es gibt keinen Rauch in der Lunge von Pamela Vale.
    Das flüstert die Stimme durchs Telefon.
    Ich dürfte dir das gar nicht sagen, aber ich dachte, irgendjemand soll erfahren, dass es laut Autopsie keine Rauchspuren in der Lunge gegeben hat.

30
    Dr. Winston Ng ist wahnsinnig beglückt von Jacks Auftauchen.
    »Geh weg«, sagt er, als Jack sein Büro betritt. Ng hat sich gerade für eine Minute hingesetzt, um eine Tasse abgestandenen Kaffee zu trinken, und will nicht belästigt werden. Jack Wade ist eine Belästigung.
    »Du hast heute morgen ein Brandopfer reingekriegt«, sagt Jack. »Eine Mrs. Pamela Vale.«
    »Bist du sicher?«
    »Sie hatte keinen Rauch in der Lunge.«
    »Wer hat dir das gesagt!?«
    Weiß ich nicht, denkt Jack, aber er fragt: »Hast du auf Kohlenmonoxid getestet?«
    Ng nickt. »Auf den Carboxyhämoglobin-Gehalt in ihrem Blut.« Das Kohlenmonoxid ist wild auf rote Blutkörperchen. Wenn es über die Lunge in den Kreislauf aufgenommen wird, sucht es sich sofort die roten Blutkörperchen. Bei Menschen, die an einer CO -Vergiftung erstickt sind, bindet sich zum Beispiel zweihundertmal mehr CO als Sauerstoff an das Hämoglobin. Der CO -Gehalt des Blutes ist dann deutlich messbar.
    »Wie hoch war die Sättigung?«, fragt Jack.
    »Unter neun Prozent«, antwortet Ng.
    Was zu vernachlässigen ist, wie Jack weiß. Kleine Mengen CO absorbiert ein Brandopfer durch die Haut.
    »Totenflecken?« fragt Jack.
    »Schwarzblau.«
    »Die müssten hellrot sein«, sagt Jack. Kohlenmonoxid hellt das Blut auf. »Brandblasen?«
    »Ein paar«, sagt Ng. »Klein, mit Luft gefüllt.«
    Jack nickt. Das ist zu erwarten, wenn das Opfer schon vor dem Brand tot war. »Ringe?«
    »Keine Ringe.«
    Genau. Bei lebenden Menschen bilden

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