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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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sie von mir.«
    »Wird gemacht. Hey, du magst doch schwarzen Humor, oder?«
    »Klar.«
    »Mrs. Vale«, sagt Ng. »Sie wollen sie einäschern.«
    O Gott, denkt Jack.
    Nicht schon wieder.

31
    Jack sieht Pamela Vale durchs Haus gehen.
    Ein makabrer Anblick. Er sitzt im Medienraum von California Fire and Life und sieht sich das Video an, das ihm Nicky gegeben hat.
    Sie mussten sie von den Sprungfedern kratzen .
    Und da ist sie. Pamela Vale in dem Zimmer, das nun voller kalter, schwarzer Asche ist. Wo Jack ihr Blut an den geschmolzenen Sprungfedern sah. Jetzt sieht sie in die Kamera und spricht zu ihm.
    Er kommt sich fast wie ein Voyeur vor. Er hat die Fotos von ihrem nackten, verkohlten Leib gesehen, und nun läuft sie herum und spricht zu ihm.
    Hatte Nicky nicht gesagt: Sehr jung und sehr schön ? Das war kein Witz, denn Pam Vale ist – war, muss sich Jack korrigieren – wirklich eine schöne junge Frau.
    Ist schon verrückt, denkt er. Man muss sich laufend daran erinnern, dass sie tot ist, um sich nicht auf der Stelle in sie zu verlieben. Ihr bedrucktes Sommerkleid betont ihre Figur, statt sie zu verbergen. Ihr Gesicht wird von langem schwarzem Haar eingerahmt, aber was einen umhaut, sind ihre Augen. Die Farbe ihrer Pupillen.
    Purpurrot?
    Violett?
    Ein Farbton jedenfalls, den er noch nie gesehen hat.
    Diese Augen beherrschen das Bild, fesseln den Blick und halten ihn fest.
    Und ihre Stimme? Purer Sex.
    Obwohl sie nur Nickys Inventar aufzählt. Er hält die Kamera und flüstert Befehle. Jack hat keine Ohren für Nickys Geflüster, nur für ihre Stimme, während sie auf den großen Fernseher zeigt, auf die Gemälde, die Skulpturen, die Möbel. Er hat die typische Glamourgirl-Piepsstimme erwartet, aber sie hat eine Frauenstimme. Die Stimme einer Ehefrau und Mutter und Managerin eines teuren, komplizierten Haushalts – die Stimme einer reifen Frau und der pure Sex.
    Selbst auf diesem Video, das im Grunde nur besagt: Schaut nur, das gehört alles mir, unter anderem auch diese tolle Frau .
    Sie weiß es. Er sieht es in ihrem Blick.
    Aber sie ist darüber erhaben.
    Wie schafft sie das?, fragt sich Jack.
    Vielleicht sind es die Kinder, die ihren Status als Mutter sichern, und vielleicht reicht das aus. Oder sie steht unter Drogen, treibt in einem wohligen Nebel dahin, der ihr über den Tag hilft. Lass es, sagt sich Jack. Das kann man nicht mehr aufklären, und es ist sinnlos. Konzentrier dich lieber auf ihre Worte.
    Und auf das Zimmer.
    Das Video ist wichtig für Jack, weil es die Einrichtung vor dem Brand zeigt.
    Das Zimmer mit seinem hohen Dachstuhl ist natürlich riesig. Es gibt einen Mittelpfosten, der das Gebälk trägt, auf Hochglanz polierte Kieferndielen, weiße Tapeten mit Golddekors. Dicke rote Vorhänge verdecken die Glastüren zur Terrasse. Ovale goldene Spiegel und englische Jagdstiche in Walnussholzrahmen komplettieren die Einrichtung.
    Jack spult zurück und startet von vorn, diesmal macht er sich Notizen. Er hat Nickys Inventarliste auf dem Schoß und versucht, Pamelas Beschreibungen mit den aufgelisteten Stücken und Wertangaben zu vergleichen.
    Pamela zeigt mit beiden Händen auf einen Schreibtisch. (»Zeig ihnen das Besondere, Pam.«) Und auf sein Signal sagt sie: »Das ist ein englischer Mahagoni-Schreibtisch mit gekehlten Ecksäulen, von 1775 . Beachten Sie die außergewöhnlichen Volutenfüße.«
    Die Kamera schwenkt hinab auf die außergewöhnlichen Volutenfüße.
    Jack überfliegt die Liste und findet den Schreibtisch.
    Schätzwert 34   000 Dollar.
    Pam spricht weiter: »Der Spiegel darüber ist ein Kent-Spiegel mit vergoldetem geschnitztem Rahmen und klassizistischer Muschel-Büste, entstanden um 1830 .«
    Wie Jackie Kennedy bei einer Führung durchs Weiße Haus, denkt Jack.
    Der Spiegel wird auf 28 000 Dollar geschätzt.
    Und so geht es endlos weiter.
    »Dieser Wandtisch von zirka 1730 mit seinen vergoldeten Schnitzereien ist deutlich von der italienischen Renaissance inspiriert. Beachten Sie, dass die Akanthusblätter an den geschwungenen Beinen schon auf den Klassizismus verweisen.«
    30   500 Dollar.
    »Zwei vergoldete Sessel aus der Zeit Georges I .«
    25   000 Dollar.
    »Ein Kartentisch aus der Zeit Georges I.«
    28   000 Dollar.
    »Und hier eins unserer Prunkstücke: Ein kostbarer Büroschrank von etwa 1730 in rotem und schwarzem Japanlack. Beachten Sie die wie behaarte Hufe ausgeführten Füße, auch die schlangenförmigen Streben mit angedeuteten Akanthusblättern. Ein sehr seltenes

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