Die Sprache des Feuers - Roman
Unternehmer.
Sie haben drei Generationen gebraucht, um das hinzukriegen, und Valeshin fragt sich, warum.
Warum so lange warten?
Wenn ich binnen vier Jahren vom KGB -Mann zum Sträfling, Chauffeur, Autoknacker, Ersatzteilhändler, Versicherungsbetrüger, Brigadier werden kann, warum nicht auch zum Unternehmer?
Schließlich lebt er im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, einem Land, in dem sich jeder täglich neu erfinden kann. Er muss nur alle Spuren hinter sich beseitigen, und schon löst sich seine Vergangenheit auf wie ein Wölkchen am blauen kalifornischen Himmel.
Valeshin hat schon einen Plan.
Kalifornien liegt ihm zu Füßen, empfängt ihn mit offenen Armen, macht die Beine breit für ihn. Er will die Freiheit kosten, den Luxus genießen, er will weg von seinen muffigen Landsleuten, die sich so sehr gleichen in ihrer Stumpfheit, ihrer Beschränktheit, ihrer Sturheit, dass er es nicht mehr aushält.
Er will kein Valeshin mehr sein, er will Nicky werden.
Was überhaupt kein Problem ist. Die Chancen drängen sich geradezu auf, und er wäre ein Idiot, wenn er nicht zugreifen würde.
Die reifen, schweren, süßen Früchte fallen ihm förmlich in den Schoß.
Immobilien.
Jeder Trottel weiß, dass der kalifornische Immobilienmarkt in den achtziger Jahren eine Goldgrube ist. Man steckt Geld in Immobilien und sieht zu, wie sie – manchmal über Nacht – an Wert gewinnen. Man streut seine Anlagen, investiert auch langfristig in Mietshäuser und Wohnkomplexe, was umso praktischer ist, wenn man seine Leute einsetzen kann, um Sonderkonditionen zu erzwingen: billigere Baukosten, kürzere Bauzeiten. Aber es kommt selten vor, dass sie jemandem Beine machen müssen – alle haben es eilig. Alle wollen schnell bauen, schnell verkaufen, das Geld schnell investieren.
Seine Immobiliengewinne geben ihm die Freiheit, sich von der Welt der Diebe zu lösen. Er verlässt das Russenviertel in L . A . und zieht nach Süden an die Goldküste, um sich neu zu erfinden.
Als Nicky Vale.
Der Name Dasjatnik Valeshin ist einfach zu sperrig, wenn er die vielen Verträge unterschreibt. Zu umständlich für seine Kunden, wenn sie einen Investor brauchen.
Rufen Sie mich an, sagt Valeshin.
Ach ja, nennen Sie mich einfach Nicky.
Der Umzug ist sein nächster Bruch mit dem Gesetz der Diebe. Aber Nicky sagt, er zieht nicht weg, er expandiert nur. Verlegt seine Geschäfte an die lukrative Goldküste. Dorthin, wo das Geld ist. Wo die Leute an einer Verlosung teilnehmen müssen, damit sie die Chance bekommen, eine Wohnung in den neuen Wohnanlagen zu kaufen.
Man kann gar nicht schnell genug bauen, sagt sich Nicky.
Kauft Land wie besessen, setzt Häuser drauf.
Nimmt irrsinnige Kredite auf, aber wen juckt’s?
Der Markt wächst schneller als die Schulden.
Und Nicky macht den Reibach.
Neues Haus, neuer Lebensstil: ein neuer Mensch.
Nicky Vale, Immobilienunternehmer.
Auch das verstößt gegen das Gesetz der Diebe, das alle legalen Geschäfte verbietet, und manche seiner Leute fangen an zu murren. Macht Geld, seid glücklich und haltet die Klappe, sagt er ihnen. Lerner wittert Morgenluft, er bespricht die Sache mit Shakalin, und beide kommen überein, dass der liebe Valeshin ein bisschen zu amerikanisch geworden ist, vor allem, dass er auf den worowskoi sakon scheißt.
Sie haben die Leine zu locker gelassen.
Doppelkreuz läuft Gefahr, auseinanderbrechen. Genauso wie die Sowjetunion.
Es ist an der Zeit, ein Exempel zu statuieren.
55
Nicky ist an einen Stuhl gefesselt.
Der gesamte Vorstand sitzt im Halbkreis vor ihm. Die Brigadiere, verschiedene Kapos, der alte Natan Shakalin und seine Leibwächter. Der eine spielt mit seiner neuen Automatic mit Schalldämpfer, der andere macht sich an einer Kettensäge zu schaffen.
Nickys Eier krampfen sich zusammen bei dem Anblick.
Lerner erhebt sich und liest seine Litanei herunter – Nickys Verstöße gegen die Statuen. Fazit: Nicky betreibt legale Geschäfte und unterschlägt seine Einnahmen. Er hat seine Brüder hintergangen, den worowskoi sakon gebrochen.
Wenn es weiter nichts ist! Diesen Vorwurf kann er entkräften. Von wegen legal! Das ganze Immobiliengeschäft ist kriminell, erklärt er. Minderwertige Baustoffe, bestochene Inspektoren, hinterzogene Steuern, hin und wieder eine Brandstiftung. Und was seine unterschlagenen Prozente betrifft, da gelobt er Besserung. Es ist nur ein Buchungsproblem, beteuert er. Sobald die Bücher in Ordnung gebracht sind, kommt das Geld.
»Vielleicht
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