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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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sind allesamt am Absaufen.
    Als Unternehmer steht Nicky vor dem dritten Konkurs, ein Rettungsboot ist nicht in Sicht. Er hat Mietshäuser, die halb leer stehen, jede Menge Bauruinen und noch mehr Gläubiger, die ihm auf die Pelle rücken.
    Soviel zum Thema Motiv.
    Jack will gerade zur Pacific Coast Mortgage and Finance Bank aufbrechen, als Carol anruft und ihn in Billys Büro beordert.

59
    »Gottverdammich, Jack!«, brüllt Billy.
    »Was ist denn?«
    Als ob er das nicht wüsste.
    Sie stehen in Billys Kaktusgarten vor dem Büro. Billy saugt an der Zigarette wie an einem Sauerstoffschlauch.
    »Die Akte Vale, was denn sonst!«, sagt Billy. Wirft die Kippe weg und zündet sich eine neue an. Er muss die Hand schützend davorhalten, weil der Wind so stark ist. Was seine Laune zusätzlich verschlechtert. »Hast du gestern abend mit Vale geplaudert?«
    Das ging aber schnell, denkt Jack.
    »Ich wollte sehen, wie er reagiert.«
    »Und?«
    »Er ist ein guter Kunde.«
    »Dann sag ich dir mal, wie er reagiert hat«, sagt Billy. »Vale hat seinen Vertreter angerufen –«
    »Roger Hazlitt?«
    »Ja. Und sich ausgetobt wegen dir. Hazlitt ist extra von seiner Sekretärin runter und hat seinen Abteilungsleiter angerufen, der hat den Vertriebschef angerufen, und der hat mich angerufen und sich bei mir ausgetobt.«
    »Vales Deckungssummen liegen weit über den Richtlinien, Billy. Auch seine Zusatzverträge.«
    »Hetz mich nicht gegen den Vertrieb auf, Jack.«
    Wie die meisten Versicherungen besteht California Fire and Life aus drei Hauptabteilungen: Vertrieb, Rechte, Schäden. Theoretisch sind die Abteilungen gleichrangig. Jede hat ihren Vizepräsidenten, der dem Präsidenten unterstellt ist. Aber in Wirklichkeit schwingt der Vertrieb den großen Hammer. Alle, die sich in der Chefkantine breitmachen dürfen, kommen aus dem Vertrieb. Jeder Chef, der im Vorstand sitzt, kommt aus dem Vertrieb.
    Weil der Vertrieb das Geld einfährt.
    Und nicht die Schadensabteilung. Die zahlt nur aus. Auch von der Rechtsabteilung ist nichts zu erwarten. Sie kann höchstens versuchen, die Prämien hochzuschrauben.
    Aber der Vertrieb ist die Geldmaschine. Der schickt eine Armee von Vertretern los – Leben, Kfz, Feuer –, die ihre Provisionen kassieren. Zehn Prozent für Feuer und Kfz, fünfzehn Prozent für Leben.
    Das ist eine Menge Geld.
    Und es vermehrt sich von selbst. Der Vertreter verkauft die Police und muss nichts weiter tun, als sie zu halten, damit er jedes Jahr eine neue Provision für die Verlängerung kassiert. Er will also seine Kunden pflegen, und was die Schadensabteilung am Ende auszahlen muss, ist ihm ziemlich egal. Wenn sein Kunde einen Schaden meldet, will er, dass die Schadensabteilung zahlt, und nicht etwa er als Vertreter, aus seiner Provision.
    Dazu ist die Schadensabteilung da.
    Die kriegt das Geld natürlich aus dem großen Topf der Firma, und selbst der Vorstand fragt nicht lange, ob die Schadensabteilung zuviel Geld ausgibt, solange der Vertrieb frisches Geld reinholt. Solange sich die Leute bei California Fire and Life versichern, ist alles in Butter.
    Hauptsache, das Geld kommt rein.
    Aber wer kauft schon eine Police, wenn ihn irgendein Trottel von der Schadensabteilung als Brandstifter und Mörder hinstellt? Dann droht der Kunde damit, seinen Versicherer zu wechseln. Und warnt alle Freunde vor California Fire and Life. Die lassen sofort den Golfschläger fallen, kündigen ihre Policen – und aus.
    Dann sitzen die lieben Vertreter wieder zu Hause bei Mama und versuchen, ihr eine Hausratversicherung anzudrehen, damit sie wenigstens einen Hunderter im Jahr verdienen.
    Bevor es also so weit kommt, greift man zum Telefon und scheißt die Idioten von der Schadensabteilung gehörig zusammen.
    In diesem Fall trifft es Goddamn Billy Hayes.
    Der dem Vertriebschef antwortet: »Wir zahlen nicht dafür, dass der Kunde seine Frau umbringt und sein Haus anzündet.«
    Jack muss ihn also gar nicht erst gegen den Vertrieb aufbringen.
    Oder gegen die Rechtsabteilung.
    »Rechtsabteilung?«, fragt Jack.
    »Ja, die haben auch angerufen. Sie wollen ›im Auge behalten‹, wie wir den Schaden regulieren.«
    »Was zum Teufel haben die damit zu tun?«, fragt Jack. »Seit wann müssen wir denen Rede und Antwort stehen?«
    »Genau das habe ich auch gefragt«, sagt Billy. »Aber wenn ich jetzt mal rekapitulieren darf, dann haben mich der Vertrieb, die Rechtsabteilung und die Polizei wegen der Akte Vale genervt.«
    »Tut mir leid.«
    »Warst du etwa auch

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