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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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seinen Augen.
    »Dass die Entschädigung noch offen ist«, sagt Jack. Er lächelt, nimmt seine Kopien und steht auf.
    »Sie dürfen noch bangen.«

62
    Jack besucht den Bootsmakler von Dana Harbor.
    Steigt die Treppen des Holzhauses hoch – er kennt sich hier aus. Bis auf den letzten Nagel, denn sein Vater und er haben das Haus gebaut.
    Er betritt also das Maklerbüro, und Jeff Wynand sitzt da, wo er immer sitzt – am Schreibtisch –, und telefoniert, sieht dabei auf die tausend Boote runter, die im Yachthafen liegen, und mit der Hälfte von ihnen hat er im Lauf der Jahre schon mal zu tun gehabt.
    Als er Jack sieht, strahlt er und zeigt auf den Stuhl, während er die technischen Daten einer 38 -Fuß-Yacht durchgibt. Jeff sieht genau wie ein Bootsmakler aus, ist ähnlich locker gekleidet wie Gary Miller, nur zu ihm passt es. Es ist kein Statement, es sind einfach nur Klamotten, die sich mit den Segelbooten, den Motoryachten vertragen. Jeff trägt die Klamotten schon, seit ihm Jack jeden Morgen die Zeitung gebracht hat.
    Als Jeff aufgelegt hat, fragt Jack: »Darf ich dich zum Essen einladen?«
    »Chez Marsha?«
    »Klingt gut.«
    Chez Marsha ist eigentlich nur eine kleine Fressbude unten am Kinderstrand. Als Jack noch klein war, stand die Bude am Ende der Pier, die in den Hafen hineinragt. Jack nahm dort an den Angelwettbewerben teil, die Marsha manchmal für die Kinder veranstaltete. Dann wurde das Dock für die Brigg Pilgrim und das Meeresinstitut Orange County verkürzt, so dass Marshas Imbiss nun auf dem Festland steht, dort wo die Pier anfängt.
    Seitdem gibt es keine Angelwettbewerbe mehr, aber die Hotdogs mit weichem Brötchen und Zwiebelringen gibt es noch, also setzen sie sich an einen der Picknicktische.
    Jack steht wieder auf und stellt sich ans Fenster.
    »Hi, Miss Marsha.«
    »Jack, was gibt’s? Ist das Jeff Wynand da drüben?«
    »Ja.«
    Marsha hat die Bude seit über dreißig Jahren, daher kennt sie hier jeden, den man kennen muss. Wenn nicht viel los ist, setzt sie sich auch mal zu Jack an den Tisch, und sie tauschen sich über die Idiotien des Fortschritts aus.
    Neuerdings wird der Hafen wieder umgestaltet. Das Alte muss weg, Platz machen für das Neue. Ein zweistöckiges Parkhaus aus Beton soll kommen, die alten Läden und Restaurants sollen den Ketten weichen. Damit es hier aussieht wie überall.
    »Zwei Hotdogs bitte«, sagt Jack. »Einen mit Senf, Salsa und Zwiebeln, einen mit Senf und Zwiebeln. Zweimal Fritten einfach und zwei Cola Medium, bitte.«
    »Ist gebongt.« Sie schiebt die Dogs in den Ofen und fragt: »Wie geht es so?«
    »Gut. Und Ihnen?«
    »Zu viel Arbeit«, sagt sie. »Ich würde ja aufhören. Aber dann weiß ich nicht, was ich mit mir anfangen soll. Wird das ein Geschäftsessen?«
    »Gewissermaßen.«
    »Dann will ich nicht weiter stören«, sagt sie. »Macht sieben fünfzig, Jack.«
    »Miss Marsha, wussten Sie, dass auf Ihrem Dach eine große Plastikeule sitzt?«
    Marsha rollt die Augen. »Hat die Verwaltung draufgesetzt, um die Tauben zu verscheuchen. Aber die Tauben balgen sich um den Platz auf dem Kopf.«
    Jack sieht hoch, und tatsächlich, da sitzt eine Taube auf dem Kopf der Eule.
    Er geht an den Tisch und schiebt Jeff den Hotdog mit Senf, Salsa und Zwiebeln hin. »So ein billiges Date hatte ich lange nicht.«
    »So ein gutes Lunch kriegst du nirgends sonst.«
    Jack stimmt ihm gerne zu. Einfach so in der Sonne sitzen, neben dem Imbiss, den es schon eine Weile gibt, geführt von der Frau, die es auch schon eine Weile gibt, aufs Wasser glotzen, auf die Boote, das kriegt er nirgends sonst.
    Wenn man lange genug hier hockt, erfährt man alles, was in Dana Point so passiert. Wirtschaft, Politik, Immobilien, aber auch wichtige Sachen: welche Fische beißen, welchen Köder sie nehmen.
    »Also, worum geht’s?«, fragt Jeff.
    »Nicky Vale.«
    »Der Kapitän des Love Boat .«
    »Und? Ist da was dran?«
    Jeff lacht. »Sagen wir so: Er hatte immer eine Menge Frischfleisch an Bord.«
    »Warst du sein Makler, Jeff?«
    »Ich hab’s an ihn verkauft, ich hab’s für ihn verkauft.«
    »Das wusste ich nicht, dass er’s verkauft hat.«
    »Ich kann nachsehen«, sagt Jeff. »Aber ich würde sagen, das ist ein halbes Jahr her.«
    »Warum hat er’s verkauft? Hat er Gründe genannt?«
    »Du kennst doch den Spruch über die zwei schönsten Tage des Lebens: Wenn du dein erstes Boot kaufst – und wenn du’s verkaufst.«
    »Hatte er es satt?«
    »Mal anders gefragt, Jack: Hast du einen 60

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