Die Sprache des Feuers - Roman
-Fuß-Kajütkreuzer?«
»Nein.«
»Und warum nicht?«
»Erstens«, sagt Jack, »habe ich nicht das Geld.«
»Eben.«
Zweitens, denkt er, wenn ich das Geld hätte, würde ich nicht so ein Boot kaufen. Ich würde ein Boot kaufen, mit dem man richtig fischen kann. Ein Boot als Existenzgrundlage.
Ein Arbeitsboot.
»Ließ er durchblicken, dass er Geld brauchte?«
»Nicht nur das. Es war nicht zu übersehen. Der Markt ist am Boden, Jack. Vor sechs Monaten war es noch schlimmer. Vale hat das Ding für fünfzigtausend unter Wert verkauft. Ich hatte ihm geraten zu warten, aber es musste sofort sein.«
Jack sieht, das er sich ärgert. Jeff ist schon lange im Geschäft, hat viel Geld damit verdient, Boote für das Geld zu verkaufen, das sie wert sind. Nicht über Wert, nicht unter Wert. Es geht ihm um die Idee, nicht um den Gewinn.
»Yachten sind nun mal teuer«, sagt er. »Es ist nicht nur der Kaufpreis. Dabei hat Nicky bar bezahlt, fällt mir ein. Dazu kommen Versicherung, Treibstoff, Wartung, Reparatur ... Allein die Slipgebühr für ein Schiff dieser Größe, da kommt man in diesem Hafen auf zweieinhalbtausend im Monat. Und Nicky hat gefetet auf der Yacht, was das Zeug hielt. Denk an die Getränke, das Essen ...
»Kokain?«
»Man hört so Geschichten.«
»Auch, dass er seine Frau geschlagen hat?«
Jeff stößt einen langen Seufzer aus. »Du kannst einem wirklich den Appetit verderben.«
»Entschuldige.«
»Sagen wir so: Ab und zu gab es Streit. Du weißt, wie so was übers Wasser schallt. Sie hat getrunken, er wurde ausfällig. Ein paarmal kam die Polizei. Ob er sie geschlagen hat, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass die meisten hier froh waren, als er seine Yacht verkaufte. Außer vielleicht der Schnapsladen. Warum fragst du mich das alles?«
»Vales Haus ist abgebrannt.«
»Und sie ist in den Flammen umgekommen«, sagt Jeff. »Stand in allen Zeitungen.«
»Dieser Hafen hier ist meine Kindheit«, sagt Jack. »Was haben solche Typen hier zu suchen?«
»Das ist der Fortschritt, Jack.«
»Glaubst du?«
»Nicht wirklich.«
»Als Nächstes machen sie Dana Strands kaputt«, sagt Jack. » Great Sunsets . Von wegen!«
»Na, die haben wir vorerst gestoppt.« Es war ein harter Kampf. Rettet die Strände hat eine Menge Anwohner aktiviert, auch Umweltgruppen. Hat Geld für Anzeigen gesammelt, Petitionen verbreitet, dann Great Sunsets vor Gericht gebracht, wegen Verletzung von Umweltauflagen, und gewonnen. »Aber die kommen wieder. Mit besseren Anwälten, gekauften Stimmen ... gegen das Geld kommst du nicht an, Jack.«
Sie sitzen da und starren auf die Boote. Dann knüllt Jeff seine Papierserviette zusammen, wirft sie in den Mülleimer und sagt: »Dann ist es ja ein Glück, dass ich Vales Yacht verkauft habe. Ein Feuer im Hafen ist das Letzte, was wir brauchen.«
»Dazu sage ich nichts, Jeff.«
»Und ich höre von dir, Jack. Jetzt muss ich wieder Boote verkaufen.«
»Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.«
»Danke fürs Essen.«
Sie stehen auf, aber bleiben noch ein Weilchen bei Marsha hängen.
Reden über den Fortschritt.
63
Dr. Benton Howard.
Dr. Howard schiebt sich auf die rote Polsterbank des Hamburger-Lokals in Westwood. Da sitzt schon einer, ein dürrer Typ mit lausigem Haarschnitt und lausigem blauen Anzug.
»Ich hatte darum gebeten, dass nicht geraucht wird«, sagt Howard.
Dani zieht die Schulter hoch und schlürft an seinem Eistee.
»Ich bin schließlich Arzt«, sagt Howard.
Und ich Professor, denkt Dani, zieht kräftig an seiner Zigarette und bläst Howard den Rauch ins Gesicht. Howard hustet dramatisch und wedelt den Rauch weg.
»Das stinkt«, sagt Howard.
Und du stinkst auch, denkt er, aber sagt es lieber nicht. Er würde Dani gern eine Reinigungsfirma empfehlen, aber er tut’s lieber nicht. Dabei hat’s der Anzug dringend nötig. Der riecht – nein, stinkt – nach altem Schweiß, altem Rauch und dem Zeug, das sich Dani in die fettigen Haare schmiert.
Irgendein russisches Bärenfett, denkt Howard.
Er winkt der Serviererin und bestellt einen Eistee.
»Ich habe jemand anderen erwartet«, sagt Howard.
Victor Tratchev benahm sich auch ziemlich ungehobelt, aber er beherrschte wenigstens die Grundbegriffe menschlicher Hygiene.
»Von jetzt an treffen Sie sich mit mir«, sagt Dani.
»Ist denn Victor damit einverstanden?«, fragt Howard.
»Klar«, sagt Dani und denkt: Was bleibt ihm anderes übrig?
»Haben Sie das Geld?«, fragt er.
»Fünfzehntausend«, flüstert Howard.
Weitere Kostenlose Bücher